Das Dreizehner-Bruchstück

Soṇo Koḷiviso

[401] 632

Der einst besiegt ward als Vasall,

Des Königs von Bengālen Knecht,

Der hat ersiegt nun diese Welt,

Hat überwunden alles Weh.


633

Zerfälle Fünf, lass' fahren Fünf,

Von Fünfen mach' dich völlig los:

Bist frei du, Mönch, vom Fünferfron,

So bist du frei von jeder Pein.


634

Ein aufgeblähter, blöder Mönch,

Der außer sich den Frieden sucht:

Nicht Tugend und Vertiefung nicht,

Nicht Weisheit wird er wirken aus.


635

Was da zu tun ist tun sie nicht,

Was nicht zu tun ist tun sie nur:

Das aufgeblähte, blöde Volk,

Dem Wahne fällt es blind anheim.


636

Doch wer da stetig ist und stark,

Des Leibes Elend innig merkt,

Der meidet was zu meiden ist,

Vollbringt was da vollbracht sein will:

Dem Denker, der die Dinge kennt,

Vergeht alsbald was Wähnen war.


[402] 637

Den Weg, der wohl verkündet ist,

Den graden wandle, wanke nicht:

Du treibe selber an dich selbst,

Gewinne Wahnerlöschung dir!


638

Und heftig büßt' ich, allzu hart:

Da kam der Meister her zu mir

Und ließ mich kennen, gab mir kund

Das Gleichnis von der Laute Klang.


639

Sein Wort, ich nahm es willig auf,

Gehorchte gern dem Heilgebot:

Die reine Mitte hielt ich recht,

Den Mittelweg zu höchstem Wohl;

Drei Wissenschaften kenn' ich nun,

Getan ist was der Wache will.


640

Wer gern von Haus und Heimat geht

Genießt genesen reine Ruh';

Wer gern die Bande fahren läßt

Und nimmer haftet irgend an,


641

Wer gern der Lebenslust vergißt

Genießt genesen klares Glück:

Der Daseinsknoten ist entknüpft,

Entknechtet löst sich los das Herz.


642

Der nirgends haften, hangen mag,

Der Mönch, der keinen Makel kennt,

Getanes hat er abgetan,

Zu tun bleibt nichts mehr übrig ihm.


[403] 643

Wie hoch erhabner Felsengrat

In Stürmen unbeweglich steht,

So kann kein Angesicht, kein Ton,

Kein Duft, kein Saft, kein Tastergriff,


644

Kein Wohlgefühl, kein Wehgefühl

Den Unfaßbaren fassen je:

Unregbar weilt er, weltentrückt,

Und wartet sein Verwehen ab.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 3, Zürich/Wien 1957, S. 401-404.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Lessing, Gotthold Ephraim

Miß Sara Sampson. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Miß Sara Sampson. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Die tugendhafte Sara Sampson macht die Bekanntschaft des Lebemannes Mellefont, der sie entführt und sie heiraten will. Sara gerät in schwere Gewissenskonflikte und schließlich wird sie Opfer der intriganten Marwood, der Ex-Geliebten Mellefonts. Das erste deutsche bürgerliche Trauerspiel ist bereits bei seiner Uraufführung 1755 in Frankfurt an der Oder ein großer Publikumserfolg.

78 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon