18. Erziehungsfragen

[120] Gung-Sun Tschou sprach: »Was ist der Grund, daß der Gebildete seinen Sohn nicht selbst unterrichtet?«

Mong Dsï sprach: »Die Verhältnisse erlauben es nicht. Der Lehrende unterweist gewiß den Schüler im Rechten. Haben die Unterweisungen im Rechten keinen Erfolg, so geht er über zur Strenge. Geht er über zur Strenge, so wird der Schüler innerlich entfremdet und denkt: Der Lehrer unterweist mich im Rechten, aber der Lehrer tut das Rechte noch nicht einmal selber. Auf diese Weise würden Vater und Sohn einander entfremdet; wenn aber Vater und Sohn einander entfremdet werden, so ist das übel. Die Alten tauschten deshalb ihre Söhne aus zum Unterrichten; denn zwischen Vater und Sohn darf es nicht zu tadelndem Richten kommen. Durch solch tadelndes Richten kommen sie auseinander. Wenn Vater und Sohn auseinanderkommen: das ist das größte Unglück.«

Quelle:
Mong Dsï: Die Lehrgespräche des Meisters Meng K'o. Köln 1982, S. 120.
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