Fünftes Kapitel.

[47] 1. Hier folgt das Ausgehen auf Almosen.

2. Ein Brâhmaṇa soll betteln, indem er das Wort der Anrede (bhavat) voran stellt.

3. Ein Königlicher, indem er es in die Mitte stellt.

4. Ein Vaiçya, indem er es an das Ende stellt.

5. Sie sollen bei drei Frauen betteln, welche die Bitte nicht abschlagen.

6. Oder bei sechs, oder zwölf, oder bei einer unbestimmten Zahl.

7. Einige sagen, zuerst bei der Mutter.

8. Nachdem er das Erbettelte dem Lehrer gemeldet, soll er den Rest des Tages stillschweigend verweilen; so sagen einige.

9. Nachdem er aus dem Walde Holz geholt, ohne (Bäume) zu verletzen41, und es in jenem Feuer wie vorher angelegt, lässt er die Rede wieder frei.

10. Er schlafe auf dem Erdboden und esse kein Salz.[47]

11. (Geboten ist ihm) Tragen des Stabes, Pflege des Feuers, Gehorsam gegen den Lehrer, Ausgehen auf Almosen.

12. Honig42, Fleisch, Baden43, Sitzen auf einem Sessel, zu einer Frau gehen, Unwahrheit, Nehmen von nicht gegebenem meide er.

13. Achtundvierzig Jahre halte er die Veda-Lehrzeit aus.44

14. Oder zwölf für jeden Veda.

15. Oder bis zum Erfassen.

16. Die Kleider sind (für die drei Kasten nach der Reihe) Hanf, Flachs und Wolle.

17. Das Fell einer Antilopenkuh45 ist das Oberkleid eines Brâhmaṇa.[48]

18. Das Fell eines Ruru46 eines Königlichen.

19. Das Fell einer Ziege oder Kuh eines Vaiçya.

20. Oder wenn diese fehlen, das einer Kuh für alle, weil es das vorzüglichste ist.

21. Von Munja ist der Gürtel eines Brâhmaṇa.

22. Eine Bogensehne der eines Königlichen.

23. Von Mûrvâ der eines Vaiçya.

24. Wenn Munja u.s.w. fehlen, sollen die Gürtel von Kuça, Açmantaka und Balbaja sein.

25. Von Palâça ist des Brâhmaṇa Stab.

26. Von Bilva der des Königlichen.

27. Von Udumbara der des Vaiçya.

28. Oder irgend einer (dieser drei) für alle.

29. Vom Lehrer gerufen, antworte er, nachdem er aufgestanden.

30. Wenn er ihn ruft, während er liegt, antworte er sitzend; während er sitzt, stehend; während er steht, hinzugehend; während er hinzugeht, hinzulaufend.

31. Wenn er so thut, wohnt er schon jetzt dort (im Himmel) wohnt er schon jetzt dort47; dieser Ruhm wird dem Gebadeten48 zu Theil.

32. Drei Gebadete sind: ein nach Wissen gebadeter, ein nach Gelübde gebadeter, ein nach Wissen und Gelübde gebadeter.

33. Wer, nachdem er den Veda beendigt, aber das Gelübde nicht beendigt hat, heimkehrt, der ist ein nach Wissen gebadeter.[49]

34. Wer, nachdem er das Gelübde beendigt, aber den Veda nicht beendigt hat, heimkehrt, der ist ein nach Gelübde gebadeter.

35. Wer, nachdem er beides beendigt hat, heimkehrt, der ist ein nach Wissen und Gelübde gebadeter.

36. Bis zum sechzehnten Jahre ist für den Brâhmaṇa die Zeit nicht abgelaufen.

37. Bis zum zweiundzwanzigsten für den Königlichen.

38. Bis zum vierundzwanzigsten für den Vaiçya.

39. Nach dieser Zeit haben sie die Sâvitrî verloren.

40. Man soll sie nicht in die Lehre nehmen, nicht (im Veda) unterrichten, nicht für sie opfern und nicht mit ihnen verkehren.

41. Bei Versäumung der Zeit (soll verfahren werden) wie festgesetzt ist.49

42. Bei einem Nachkommen von drei Männern, welche die Sâvitrî verloren haben, findet keine Einweihung statt und kein Unterricht.50[50]

43. Diejenigen, welche die Einweihung wünschen51, sollen das Vrâtyastoma52 opfern und können dann nach Wunsch den Veda lernen; denn es heisst: »man darf mit ihnen verkehren.«53

41

Er soll also keine Zweige abbrechen, sondern nur solche sammeln, die von selbst abgefallen sind. Jr.

42

Alle Gesetzbücher verbieten dem Schüler den Genuss des Honigs unbedingt, während er nach ÇBr. 11, 5, 4, 18 doch gestattet ist.

43

in einem Flusse; dagegen soll er in ausgeschöpftem Wasser baden, Rk. – Vgl. Kull, zu Mn. 2, 176. Âpast. 1, 2, 30. Gaut. 2, 13. Vishṇu 28, 4. 5.

44

Nach Vp. und Rk. sind diese Vorschriften so zu verstehen: Wenn der Schüler in die Lehre geht mit dem Vorsatze, alle vier Vedas zu lernen, so soll gleich zu Anfang nur eine Verpflichtung (vratâdeça) und die Darbringung aller damit verbundenen Opferspenden (vedâhuti) stattfinden. Der Schüler verpflichtet sich dadurch auf die ganze gesetzliche Lehrzeit, d.h. auf achtundvierzig Jahre (§. 13) oder bis er die vier Vedas gelernt hat (§. 15). Er darf dann nicht vor Ablauf dieser Zeit aus der Lehre treten (samâvartana) und das Entlassungsbad vollziehen. Hat er aber zuerst nur einen Veda gelernt und fasst, nachdem er aus der Lehre getreten, den Entschluss, noch einen oder mehrere andere zu lernen, so findet eine neue Verpflichtung statt und zwar für jeden einzelnen Veda auf zwölf Jahre (§. 14) oder bis er ihn gelernt hat. Vgl. Âçv. Gṛĭ. 1, 22, 3. 23–29.

45

eṇa ist eine schwarze oder röthliche ungedeckte Antilope. Vgl. Âpast. Dh. S. 1, 3, 3. Saṃsk. Kaust. Fol. 119, b, 8.

46

ruru, eine Hirschart, ist nach Haradatta zu Âpast. 1, 3, 5 gefleckt; vielleicht ist es der in der Ebene der Gangâ so häufige Cervus Axis.

47

Der Satz ist wiederholt, um den Lohn besonders anzupreisen. Jr. Rk.

48

»Gebadeter« (snâtaka) heisst derjenige, welcher nach Beendigung der Lehrzeit das bei seiner Entlassung verschriebene Bad vollzogen hat. S. 2, 6, 1.

49

Nach Jr. bezieht sich dieser Satz auf Kâty. Çr. 25, 1, 12. 13, und gilt, weil dort (9) das Wort sarvatra »überall« vorhergeht, auch für die Versäumung der Zeit bei den anderen häuslichen Handlungen. Damit stimmen Kp. und Vp. überein, deren letzterer das in solchem Falle zu beobachtende Verfahren näher auseinander setzt. Eine Handlung, deren rechte Zeit versäumt ist, darf nämlich später nachgeholt werden, doch muss ihr dann eine Busse vorhergehen. Diese besteht darin, dass zuerst vier Spenden mit den drei grossen Worten geopfert werden (bhûḥ svâhâ, bhuvaḥ sv., svaḥ sv., bhûr bhuvaḥ svaḥ sv.) und darauf die fünf Spenden der Allbusse (s. oben 1, 5, 3).

50

Die im vorigen Paragraph erwähnte leichtere Wiedergewinnung der Kaste gilt aber nur für drei Generationen, also für Vater, Sohn und Enkel. Wenn diese drei von derselben keinen Gebrauch gemacht haben, so tritt für den Urenkel eine strengere Bestimmung ein. Er darf von keinem Lehrer angenommen oder unterrichtet werden. So Rk., welcher asaṃskâro liest und erklärt: upanayanasaṃskâro na bhavati adhyâpanaṃ ca na bhavati. Damit stimmt auch Reṇuka's Kârikâ überein, welche lautet: sâvitrîpatitânâṃ ca kulaṃ yeshâṃ tripûrusham teshâm apatye saṃskâro 'dhyâpanaṃ ca na vidyate Jr. dagegen liest saṃskâro und erklärt, die blosse Aufnahme dürfe stattfinden, nicht aber der Unterricht und die folgenden heiligen Handlungen (kevalam upanayanâkhyaḥ saṃskâro nâdhyâpanâdiḥ).

51

In den krit. Anm. habe ich aus Versehen die in den Text gesetzte Lesart von A. erwähnt; die anderen Handschriften lesen saṃskârepsur.

52

Kâty. Çr. 22, 4, 1. – Nach Vasishṭha (s. Kp. und Mitâx. zu Yâjn. III, Fol. 75, a) können sie statt des Vrâtyastoma auch das Uddâlaka- Gelübde vollziehen oder sich in dem Reinigungsbade (avabhṛĭtha) bei einem Pferdeopfer reinigen. Das Uddâlaka- Gelübde besteht darin, dass man zwei Monate von Gerstenspeise lebt, einen Monat von Milch, einen halben Monat von Quark, acht Tage von Ghṛĭta, sechs Tage von unerbetener Speise, drei Tage nur Wasser geniesst und einen Tag und Nacht fastet. Nach der wohl später eingetretenen Taxe aller Busshandlungen kann dies Gelübde durch 9 1/4 Kühe oder deren Werth abgelöst werden. S. Çûlapâṇi's Prâyaçcittaviveka, Cod. Chamb. 328, Fol. 121, b.

53

Bei Kâty. Çr. 22, 4, 28.

Quelle:
Indische Hausregeln. In: Abhandlungen der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Band 6. Leipzig 1878, S. 47-51.
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