[720] Mahabharăta, eins der beiden großen indischen Nationalepopöen, dessen Kern die Schilderung der Kämpfe der beiden Fürstenfamilien der Kuru's u. der Pandu's bildet. Bharatas, König von Indien, hatte zwei Söhne, Dhritarashtra u. Pandu, hinterlassen. Jener hatte, weil er blind war, auf die Regierung verzichtet u. dieser sie übernommen. Nach dem Tode des Pandu entsteht Streit zwischen den Söhnen von Beiden, den Pandavas u. den Kauravas, wie die Söhne des Dhritarashtra nach einem älteren Stammvater beider Familien, Kuru, genannt werden. Die Pandavas haben zuerst viel Leid u. Drangsal von Letzteren zu dulden; die Theilung des Reichs vermag nur einen kurzen Stillstand in den Kampf zu bringen, welcher endlich mit dem Untergange beider Geschlechter schließt. An diese Haupthandlung, welche durch alle 18 Bücher (Pârvas) des Ganzen regelmäßig vorwärts schreitet, am gedrängtesten in der Erzählung des Kampfes selbst, reihen sich viele Episoden theils epischen u. legendenartigen, theils didaktischen Charakters, aber sehr verschieden an Gehalt u. Zeit der Abfassung, die oft gar keinen Bezug auf das Ganze haben. Daher macht das M. weniger den Eindruck einer kunstvoll abgegrenzten Epopöe als vielmehr eines cyklischen Gedichts, bei dessen Diaskenase wahrscheinlich die Absicht waltete, dasselbe zur Sammlung alter, vielleicht aller Überlieferungen der vaterländischen Vorzeit zu machen. Dahin deutet auch der Name des angeblichen Verfassers Vyâsa, d.i. Sammler, Dlasknast, welcher jedenfalls nur als die Personification einer ganzen Literaturperiode zu betrachten ist. Schon der Umfang des Gedichts, welches 84,500 (einschließlich des Harivança gegen 97,000) Slokas (Doppelverse) zählt, läßt die Abfassung od. selbst bloße Zusammenfassung durch einen einzigen Dichter kaum möglich erscheinen. Vielleicht verging über dem Schaffen des Inhalts mehr als ein Jahrtausend, an dem der Form sicher mehrere Jahrhunderte; lange Zeit hindurch wurden die einzelnen epischen Lieder u. Episoden nur mündlich fortgepflanzt; die schriftliche Aufzeichnung scheint im 3. Jahrh. v. Chr. begonnen zu haben. Der Sanskrittext des ganzen M. vollständig gedruckt Calc. 183439, 5 Bde.; einzelne Episoden u. Bruchstücke sind jedoch in Europa öfter herausgegeben u. übersetzt worden, dahin gehören vor Allem die schöne Episode Nalas (s.d.) u. Damayanti (herausgegeben von Bopp, 2. Aufl., Berl. 1832), deutsch übersetzt von Rückert (Frank s. 1829 u. ö.)., von Meier (Stuttg. 1847) u. von And., u. die Bhagarad-Gita (am besten herausgeg. von Schlegel, 2. Aufl., Bonn 1846 u. von Thomson mit englischer Übersetzung, Frankf. 1855, deutsch von Peiper, Lpz. 1834). Andere Episoden sind: Ardschuna's Reise zu Indra's Himmel (Indrolokagamanam, sanskrit u. deutsch nebst andern kleinern Episoden von Bopp, Berl. 1824), die Sage von der Sündfluth (nebst den Episoden von der Saritri od. Gattentreue, dem Raub der Draupadi, herausgeg. von Bopp, ebd. 1829; deutsch von Dems., ebd. 1829); Indravidschaya od. Indra's Sieg über den Dämonen Vritra (herausgegeg. von Holtzmann, Karlsr. 1841) etc. Das M. ward auch in das Persische wie in die meisten Neuindischen Sprachen (Hindustani, Marathi etc.) auszugsweise übertragen u. verarbeitet; eine vollständige deutsche Übertragung der für die Kenntniß des indischen Lebens wichtigen Epopöe hat Goldsticker in London versprochen. Vgl. Schack, Stimmen vom Ganges, Berl. 1856.