Raub

[841] Raub, 1) (Rapina, Depraedatio, Grassatio, Robbaria, Abstrickung), nach Römischem Recht jede mit offenem Zwange ausgeführte körperliche Anmaßung einer beweglichen Sache, welche sich in fremdem Eigenthum u. nicht schon in der Detention des Thäters selbst befand. Eine solche That wurde anfänglich nur als Diebstahl (Furtum) angesehen; späterführte der Prätor dafür die besondere Actio vi bonorum raptorum ein. Auch bei dieser Klage blieb der R. ein bloßes Privatdelict, welches nur der verletzten Privatperson den Anspruch auf eine vermögensrechtliche Privatstrafe gab. Erst seit der Lex Julia de vi wurde auch eine criminelle Anklage deshalb ermöglicht u. die späteren Kaiser hoben bes. den R. in Waffen u. den Straßenraub (Latrocinium) als besondere Verbrechen hervor, welche sie mit dem Tode bedrohten. In den deutschen Volksrechten drang die Rechtsüberzeugung von der Strafbarkeit des Raubes nur sehr allmälig durch, man betrachtete denselben nicht als entehrende Handlung, u. nur beim Übermaß von Gewalt, od. wenn die Gewalt an Wehrlosen verübt wurde, galt der R. als ein Unrecht. Erst durch den Landfrieden (s.d.) wurde der R. allgemein für strafbar erklärt, worauf auch die Carolina denselben als besondere Verbrechensart unter ihre Strafbestimmungen aufnahm. Nach den Bestimmungen derselben ist R. jede vorsätzliche Anmaßung einer fremden beweglichen Sache durch Überwältigung ihres Inhabers in rechtswidriger, gewinnsüchtiger Absicht, die mittelst Gewalt gegen die Person verübte Entwendung, u. diesen Begriff haben im Ganzen auch die neueren Strafgesetzbücher adoptirt. Zur Gewalt ist sowohl die physische als die psychologische zu rechnen, so daß auch eine bloße Bedrohung mit einer gegenwärtigen Gewalt für Leib u. Leben ausreicht. Die vergewaltigte Person braucht nicht gerade die Person zu sein, gegen welche die Entwendung unmittelbar verübt wird, es kann auch derjenige sein, welcher der Entwendung ein Hinderniß in den Weg legte, z.B. ein Wächter. Die Gewalt muß aber gerade das Mittel der Entwendung gewesen sein, u. es begründet hiernach weder die nach der Entwendung verübte Gewalt, noch auch die Gewalt einen R., welche zwar schon vor der Entwendung angewendet wurde, indessen nicht auf die Entwendung gerichtet war, z.B. wenn ursprünglich der Wille des Verbrechens nur auf eine Nothzucht gerichtet war u. bei Verübung derselben von dem Thäter nun erst die Gelegenheit wahrgenommen wurde, der Genothzüchtigten auch irgend einen Gegenstand zu entwenden. Über die Vollendung des Verbrechens findet sich in den neueren Criminalgesetzbüchern eine verschiedene Auffassung; diejenigen, welche den R. als ein Verbrechen gegen die Person betrachten, nehmen dasselbe schon mit der Anwendung der Gewalt als vollendet an; dagegen verlangen diejenigen, welche den R. nur als ein Verbrechen gegen das Vermögen ansehen (so das württembergische, badische, preußische, neuere sächsische Gesetzbuch), die wirkliche Besitzergreifung der Sache zum Thatbestand des vollendeten Verbrechens. Die Strafe des Räubers ist nach gemeinem Rechte Enthauptung mit dem Schwert, wenn aber ein Raubmord (Latrocinium), d.h. ein Mord, um sich einer Sache des Getödteten zu bemächtigen, begangen wurde, die Strafe des Rades; nach den neueren Strafgesetzbüchern besteht die Strafe mindestens in mehrjährigem Zuchthause, welche je nach der Schwere des Falles selbst bis zur Lebensdauer ansteigen kann. Als besondere Erschwerungsgründe dabei gelten, wenn der R. durch Wegelagerung, in Banden od. mit erheblichen Mißhandlungen od. Verstümmelungen verübt wurde. 2) Auf den R. bauen, den Bergbau unsystematisch, nur mit Rücksicht auf den allernächsten Gewinn betreiben, also ohne nach der Sicherheit u. Zugänglichkeit des Bergwerkes zu fragen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 841.
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