Aufzüge

[292] Aufzüge (elevator, lift; ascenseur; ascensore, elevatore) im weitesten Sinne sind Hebemaschinen, die der Förderung von Personen oder Lasten in schräger oder senkrechter Richtung zwecks Überwindung von bestimmten, gleichbleibenden Höhenunterschieden dienen.

Wegen des Zusammenhanges im Bahnhofbetriebe werden hier auch solche Fördereinrichtungen behandelt, die ausschließlich oder vorzugsweise in nur einer Richtung (Rutschen, Steigbänder und bewegliche Treppen) und in der Horizontalen (Transportbänder) fördern.

A. Förderung mit senkrechter Bewegung.

1. Aufzüge bis 500 kg Nutzlast finden sich in Bahnhofwirtschaften und Dienstwohnungen für Speisen (Nutzl. 10–25 kg, Förderkasten bis 600 × 700 mm bei 650 mm Höhe, Handbetrieb); für Akten in Dienstgebäuden (75 bis 100 kg Nutzl.; Abmessungen wie vorher, indirekt hydraulischer oder elektrischer Antrieb mit mechanischer oder Druckknopfsteuerung wie unter 2 beschrieben); für Material in Magazinen und für Kohlen und Asche in Kesselhäusern (s. Eisenbahntechnik der Gegenwart, II. Abschnitt, S. 776, Aufzug für Kohlenkarren).

2. Aufzüge für mittlere Lasten (500–2000 kg). Hierher gehören die im Eisenbahnbetrieb häufigsten Aufzüge für Gepäck und die auf Bahnhöfen erst vereinzelt angewandten für Personen.

Allgemeine Anordnung: Die Gepäckaufzüge dienen zur Überwindung des Höhenunterschiedes zwischen Packkammer und Bahnsteigen, falls die Bahnhöfe im Einschnitt (Hamburg) oder auf Überführungen (Berliner Stadtbahn) liegen; oder sie ermöglichen bei straßengleichen Bahnsteigen den unterirdischen Transport der Güter durch Post- und Gepäcktunnel (Frankfurt a.M., Wiesbaden). Sie erhalten ihren Platz am Ende des Bahnsteiges, entsprechend der Stellung des Packwagens. Die Tragfähigkeit schwankt zwischen 500 und 1500 kg, üblich ist 1000 ÷ 1200 kg. Die Plattform hat eine Größe von etwa (1∙5–2∙0) × (2∙2–3∙4) m und eine freie nutzbare Höhe von 2∙0–2∙25 m; das Gepäck wird auf Karren von etwa 1∙2–1∙8 m2 Ladefläche befördert, die auf den Laufschienen der Plattform durch eine Feststellvorrichtung festgehalten werden. Auf dem Bahnhof Quai d'Orsay (Paris) nimmt die Plattform 4 leere oder 2 beladene Karren von 1∙25 0∙6 m Ladefläche und 100 kg Eigengewicht auf. Die Fördergeschwindigkeit ist infolge der nur geringen Hubhöhen, die je nach der Lage der Gleise zwischen 3∙5 und 10 m beträgt, im Mittel nur 0∙2–0∙35 m/Sek. Die Personenaufzüge erhalten ihren Platz in der Nähe der Bahnsteigtreppen. Tragfähigkeit 8 Personen oder 600 kg bei 1∙6 × 2∙2 m Grundfläche (Hamburg). Beim Fehlen besonderer Personenaufzüge werden die Gepäckaufzüge zur Benutzung gegen Entgelt (Frankreich) oder wenigstens zum Krankentransport (Preuß.-Hess.Verw.) zur Verfügung gestellt.

Der Fahrschacht tritt möglichst nahe an die meist offenen Zugangseiten des Korbes heran und ist entweder glatt gemauert oder aus engmaschigem Drahtgeflecht hergestellt; letzteres soll an der unteren Ladestelle, falls sie sich frei in einem Räume befindet, wenigstens in Mannshöhe ausgeführt sein. In gleicher Weise wird die obere Ladestelle umwehrt im Zusammenhange mit eisernen Klappen, die durch Stoßbügel am Fahrkorb bei dessen Aufwärtsbewegung allmählich geöffnet werden und bei Niedergang selbsttätig die Öffnung der Bahnsteigdecke verschließen; hierbei finden sich häufig auch einfache Geländer mit Schranken, die besonders auf Dienstbahnsteigen (ohne Zutritt des Publikums) als Einfriedung des Schachtes genügen; die Anwendung eines Hauses aus Glas und[292] Eisen über dem Schacht ermöglicht Fortfall der Klappen und des Stoßes, daher leichtere Ausbildung des Fahrkorbes. Zum Abschluß wird dann eine Drehtür erforderlich, wie sie auch bei der obenerwähnten Umwehrung verwendet wird. In allen Fällen bringt man die Abschlüsse derart in Abhängigkeit von der Steuerung und der Stellung des Fahrkorbes, daß der Aufzug nur in Bewegung gesetzt werden kann, wenn alle Zugänge abgeschlossen sind, und daß sich nur jener Zugang öffnen läßt, an dem der Korb steht. Genaueres ist in den Polizeivorschriften über Anlage der Aufzüge in den verschiedenen Ländern enthalten. Der Fahrkorb wird aus Profileisen, je nachdem eine Aufhängung oder eine Stützung von unten stattfindet, verschiedenartig ausgebildet, an den Seitenwänden und oft oben mit Drahtgeflecht verkleidet; sein Fußboden ist mit Riffelblech oder Holz abgedeckt und meist mit Laufschienen zur Führung der Karrenräder und einer Vorrichtung zum Feststellen derselben versehen. Seine Führung erfolgt an eisernen (aus Winkel-, T- oder Flacheisen gebildeten) oder hölzernen Schienen, vermittels Backen aus Gußeisen oder Bronze am Korbe.

Fangvorrichtungen, die meist nur bei Seilaufzügen verwendet werden und bei unzulässiger Dehnung, bei Bruch des Tragorganes oder auch bei Überschreitung einer gewissen Geschwindigkeit den Fahrkorb feststellen sollen, wirken fast stets durch Einpressen von Keilen zwischen Backen und Führungsschienen.

Die Steuerung der Aufzüge kann von einem festen Steuerbock aus durch besondere Wärter oder vom Fahrkorb und den Ladestellen aus durch die geprüften Gepäckträger erfolgen. Im letzteren Falle bedeutet die Möglichkeit, den Fahrstuhl heranzuholen eine Erleichterung für den Betrieb. Eine elektrische oder mechanische Klingelvorrichtung dient als Warnungssignal vor der jedesmaligen Benutzung.

I. Hydraulischer und hydraulisch-elektrischer Betrieb.

Das Betriebsmittel ist Preßwasser und wird entweder gewöhnlichen Wasserleitungen (bei städtischen Anlagen mit 2–5 Atm.) oder besonderen Preßanlagen entnommen. Im ersteren Fall schaltet man zur Vermeidung von Stößen im Netz zwischen dieses und die Aufzüge Windkessel. Im letzteren Fall wird das Wasser aus einer vorhandenen Leitungsanlage, häufiger aus Brunnen oder aus einem Sammelbehälter für das Rücklaufwasser angesaugt und in Windkesseln (bis 15 Atm.) oder Gewichtsakkumulatoren (bis 50 Atm.) aufgespeichert. Der Antrieb der Pumpe erfolgt durch Dampfmaschine, Gasmotor, neuerdings zumeist durch Elektromotor. Ein- und Ausschaltung des Antriebs wird durch Abhängigkeit von den Drucken bei Windkesseln oder von den Grenzstellungen des Gewichtes bei Akkumulatoren selbsttätig bewirkt.

In dem durch Vermittlung eines Brunnenrohres versenkten gußeisernen Zylinder, an dem sich der Steuerkasten befindet, bewegt sich ein massiver Kolben, der oben durch eine Stopfbüchse abgedichtet und mit der Plattform fest verbunden ist. Das Druckwasser tritt durch einen Steuerschieber unter den Kolben, um ihn zu heben, oder beim Niedergang aus dem Zylinder ins Freie. Das Eigengewicht des Fahrkorbes und Kolbens wird durch Gegengewichte soweit aufgehoben, daß der Rest einen genügend schnellen Abwärtsgang des unbelasteten Fahrstuhles unter Hinausdrücken des verbrauchten Treibmittels erzeugt. Maßgebend hierfür sind die Drosselungsverhältnisse in der Steuerung und der Abflußleitung und die Stopfbüchsenreibung. Unmittelbar am Kolben wird eine Sicherheitsvorrichtung angebracht, die im Fall eines Bruches der Zuleitung ein Herabfallen des Fahrstuhles verhindert. Unter Umständen kann der Steuerschieber selbst diese Bedingung erfüllen. Die Steuerung erfolgt durch Verstellung des erwähnten Schiebers von einem Steuerbock aus oder durch ein Steuergestänge oder -seil, das durch den Schacht geführt ist. Eine selbsttätige Ausschaltung in den Endstellungen verhindert das Überfahren derselben und erfolgt ebenso wie die Verriegelung der Schachttüren durch mechanische Abhängigkeit von dem Steuerorgan, bzw. von der Stellung der Fahrzelle (s. Elektr. Kraftbetr. f. Bahnen, 1908, H. 20).

II. Elektrischer Betrieb.

Der Fahrkorb wird entweder an Seilen oder Gallschen Ketten aufgehängt oder von Spindeln, auch Zahnstangen, getragen. Durch Gegengewichte wird die Totlast und die Hälfte der größten Nutzlast ausgeglichen. Der Antrieb kann durch Gleichstrom (Nebenschlußmotoren) oder Wechselstrom (Dreh- oder Einphasenstrom) erfolgen. Die Anordnung ist allgemein folgende: Der Motor treibt vermittels einer Kupplung die Schnecke eines Schneckengetriebes. Mit dem Schneckenrad ist je nach der Ausführungsform die Seiltrommel, das Kettenrad für die Gallsche Kette, die Mutter zur Hebung der Spindel oder das Zahnritzel zur Hebung der Zahnstange verbunden. Die Kupplung ist als Bremsscheibe ausgebildet, die durch eine Band- oder Backenbremse für gewöhnlich festgehalten und nur bei Stromschluß durch die Wirkung eines Lüftmagnets, bzw. eines kleinen Hilfs(brems)motors (häufig bei Wechselstrombetrieb) freigegeben wird. Bei Stromunterbrechung[293] erfolgt daher selbsttätige Bremsung.

Die Steuerung wird bewirkt: mechanisch von einem festen Steuerbock aus oder durch Steuerseil oder Handrad im Fahrkorb; elektrisch durch die später erläuterte Druckknopfsteuerung; diese hat den Vorzug der größten Einfachheit für die Bedienung und ermöglicht die Anbringung der Türverriegelungen in leichtester Weise.

In allen hier in Betracht kommenden Fällen eines kurzen Hubes wird die Einschaltung des Motors nur eingeleitet und selbsttätig unter stets gleicher Geschwindigkeit fortgesetzt und vollendet. Dies bewirkt bei mechanischer Steuerung: a) der Treibmotor selbst, nachdem von Hand so viel Widerstand abgeschaltet ist, daß er sich bewegt und die weitere Abschaltung durch Vermittlung eines Zentrifugalregulators selbst besorgt; b) ein Hilfsmotor, der von Hand eingeschaltet wird; c) eine gespannte Feder oder ein gehobenes Gewicht, die, ausgelöst, auf ein Hemmwerk wirken; bei elektrischer Steuerung: d) ein Steuerstrom durch Wirkung auf Magnete oder Hilfsmotoren. Die gewünschte Einschaltgeschwindigkeit wird durch Bremsen, wie Flüssigkeitskatarakte, Luftbuffer oder Federn, eingestellt. Der Ruhezustand, d.h. Zurückführung des Anlassers auf Mittelstellung und Anspannung der Feder, bzw. Hebung des Gewichtes wird in den Endstellungen und bei Stromunterbrechung selbsttätig wieder hergestellt. Die zum Anlassen und Umschalten für beide Fahrtrichtungen erforderlichen Apparate sind meist in dem »Wendeselbstanlasser« vereinigt. Die unter a) genannte Methode verlangt die Zulässigkeit eines starken Stromstoßes, weil schon im Augenblick der Einschaltung ein erhöhtes Drehmoment zur Sicherung des Anlaufes vorhanden sein muß. Methode b) findet sich bei Wechselstrom. – In den Endstellungen findet als Sicherheit gegen ihr Überfahren eine selbsttätige Ausschaltung und Rückführung des Anlassers auf Mittelstellung statt entweder durch die Fahrzelle selbst oder durch eine an der Winde angebrachte Vorrichtung. Häufig wendet man noch eine zweite, von der ersten unabhängige Endausschaltung an, die die Zuführung des Hauptstromes unterbricht. Die Türen werden bei der mechanischen Steuerung (wie bei hydraulischen Aufzügen) durch unmittelbare Abhängigkeit von der Stellung des Steuerorganes oder besser elektrisch dadurch gesichert, daß sie in geschlossenem Zustande einen Relaisstrom und durch dessen Vermittlung einen Schalter im Hauptstromkreis schließen.

Die elektrische Steuerung bedient sich des elektrischen Stromes als Steuerorgan; dieser bewirkt unmittelbar durch Magnete oder Hilfsmotoren im Wendeselbstanlasser die Umschaltung und das Anlassen. Bei der Hebelsteuerung wird Richtung und Dauer des Steuerstromes durch die Lage des von besonderem Führer bedienten Hebels im Fahrkorb beeinflußt. Bei der zumeist verwendeten Druckknopfsteuerung wird durch kurzes Niederdrücken eines dem Fahrtziele entsprechenden Druckknopfes dieses ohne weiteres Zutun erreicht. Es werden hierbei infolgedessen noch folgende Apparate erforderlich:

1. Die Stockwerksrelais oder Kurzschließer; sie halten den durch Niederdrücken eines Knopfes erteilten Befehl dadurch fest, daß sie den Kontakt dieses Knopfes kurzschließen und so den Steuerstrom in dem gewünschten Sinne bis zur Beendigung der Bewegung aufrecht erhalten; der Knopf kann daher sogleich wieder losgelassen werden. 2. Die Stockwerkschalter; sie werden durch die Fahrzelle oder, falls am Windwerk angebracht, durch ein die Korbbewegung wiedergebendes Kopierwerk verstellt, u. zw. so, daß der Steuerstrom den Umschalter für die Drehrichtung des Motors (Fahrtrichtung des Korbes) in der Weise betätigt, wie es der jeweiligen Lage des Korbes zu dem einzelnen Stockwerk entspricht; d.h. alle oberhalb der augenblicklichen Lage des Fahrkorbes liegenden Stockwerkschalter schließen bei Betätigung ihrer Druckknöpfe den Steuerstrom für Aufwärtsfahrt u.s.w. Da nur der Stockwerkschalter des Fahrzieles stets in dem gerade geschlossenen Steuerstromkreis liegt, dient er durch die erwähnte mechanische Wirkung des Korbes (oder des Kopierwerkes) zur Unterbrechung des Steuerstromes und somit zur selbsttätigen Stillsetzung des Fahrstuhles. – Bei Personenaufzügen wird der Steuerstrom noch durch einen Kontakt geführt, der durch Niederdrücken des Fußbodens bei einer Belastung der Kabine geschlossen wird und durch Abschaltung sämtlicher Druckknöpfe an den Haltestellen eine Einwirkung auf die Steuerung verhindert, solange Personen im Fahrkorbe sind. Bei nur zwei Haltestellen werden Vereinfachungen erzielt, indem der Stockwerksschalter an dem Fahrkorbe selbst angebracht wird, da es für jede Haltestelle nur eine mögliche Fahrtrichtung gibt. Daher genügt nur ein Druckknopf im Fahrkorb. In ihm befindet sich stets ein Notschalter, durch den jederzeit der Steuerstrom und damit die Fahrt unterbrochen werden kann, ferner ein Klingelsignal.

Ausführungsformen elektrischer Aufzüge:

a) Seilaufzug. Für reine Lastenaufzüge genügt ein Tragmittel, für solche mit Personenbegleitung werden zwei Seile oder Ketten (selten Gurte) verwendet. Bei Schlaffwerden oder Reißen derselben und bei Überschreitung einer[294] höchs en Geschwindigkeit (1∙5 m/Sek.) wird eine Fangvorrichtung betätigt. Zugleich wird der Anlasser auf Mittelstellung geführt. Die Antriebsmaschine befindet sich fast stets neben dem Schacht (Abb. 156); das Gewicht des Fahrkorbes wird durch Tragrollen, die unter dem Plateau angebracht sind, auf die Seile übertragen, die mit ihren Enden einerseits über die Antriebstrommel laufen, anderseits am oberen Teile des Schachtes befestigt sind; bei[295] dieser Anordnung bleibt der Bahnsteig frei von Triebwerkteilen (s.a. Ztschr. f. Elektrotechn., Wien 1903, S. 717).

Die wirkliche »Aufhängung« des Fahrkorbes (vgl. Eisenbahntechn. d. Gegenw., II. Abschn., Abb. 901) ermöglicht eine geringere Schachttiefe infolge Fortfalles der Rollen unter dem Korbe; dagegen wird ein Aufbau über dem Schacht erforderlich, an dem die Tragrollen nun befestigt sind. Schließlich kann das ganze Windwerk oberhalb des Schachtes angebracht werden; diese Anordnung zeigt:

b) Der Aufzug mit Gallschen Ketten (auf dem Bahnhof Quai d'Orsay, Paris; Rev. gen. d. ehem. de fer Juli 1901). Eine durch Motor mit Schneckengetriebe bewegte Welle ist quer über dem Schacht gelagert und trägt je zwei Kettenräder für die Tragorgane des Fahrkorbes und der Gegengewichte. Die Geschwindigkeit dieses Aufzuges läßt sich je nach der Belastung (1 m/Sek. bei 500 kg, 0∙5 m/Sek. bei 1000 kg) dadurch einstellen, daß die Wicklungen des mit zwei Kollektoren versehenen Antriebsmotors hintereinander oder parallel geschaltet werden.

c) Spindel- und Zahnstangenaufzug (Abb. 157). Die Plattform wird (ähnlich wie bei den hydraulischen, direkt wirkenden Aufzügen) mit einer Spindel oder einer Zahnstange fest verbunden. Letztere wird aus einem Stahlstempel durch Ausarbeiten der Zähne oder durch Einsetzen trapezförmiger Zähne zwischen zwei Profileisen hergestellt und durch ein oder besser (zwecks Aufhebung des einseitigen horizontalen Druckes) durch zwei sich gegenüberliegende Zahnräder gehoben (Eisenbahntechn. d. Gegenw. II. Abschn., Abb. 902; Ernst, Die Hebezeuge. Taf. XXIII). Neuerdings wird weitaus am häufigsten die Spindel verwendet (vgl. Abb. 157). Sie wird aus bestem Stahl steilgängig hergestellt und durch eine Mutter aus Bronze, die unmittelbar mit dem horizontal angeordneten Schneckenrad des Schneckengetriebes verbunden ist, angetrieben (äußerer Durchm. 100 bis 110 mm, Kerndurchm. 80 bis 90 mm, bei Hubhöhen bis 10 m ausgeführt, mehrgängig).

In einem Brunnenrohr von etwa 500 bis 600 mm Durchm. hängt ein gußeiserner Zylinder, der mit Öl angefüllt ist und in dem sich die Spindel bewegt. An seinem oberen Ende ist das Gehäuse für den Schneckenantrieb mit einem Trog versehen, in den die abwärtsgehende Spindel das verdrängte Öl drückt. Der Gesamtwirkungsgrad dieser Anlagen liegt zwischen 0∙25 und 0∙4. Ihr Vorzug ist der ruhige Gang, die große Sicherheit des Betriebes und die geringen Unterhaltungskosten [297] (gegenüber jenen, die bei Seilaufzügen für die Tragorgane entstehen).

3. Aufzüge für Lasten von mehr als 2000 kg dienen als »Hebewerke« meist zur Beförderung von Eisenbahnwagen zum Anschluß von Güterschuppen, Hafen oder Fabriken; die Geschwindigkeiten sind nur gering.

a) Hydraulisch; fast stets unmittelbar wirkend mit einem oder mehreren Kolben:

Wagenaufzug der franz. Westbahn in Paris (St. Lazare). 3 Preßkolben von 0∙175 m Durchmesser tragen durch Vermittlung eines Querhauptes die Bühne von 8 × 3∙2 m. Der Wasserdruck beträgt 52∙5 Atm., die Hubhöhe 9∙6 m. Je nach der Belastung bekommen nur der mittlere Kolben (bei leerer Bühne), die beiden äußeren Kolben (bei 10.000 kg) oder alle drei Kolben (bei 15.000 kg Nutzlast) den Arbeitsdruck zugeführt. Hubgeschwindigkeit zwischen 0∙4 und 0∙6 m/Sek. (Revue génér. d. ehem. de fer 1891, I, S. 55).

Güterwagenaufzug auf dem Anhalter Bahnhof zu Berlin besitzt einen Stempel von 0∙4 m Durchmesser, 22 Atm. Arbeitsdruck, eine Nutzlast von 22∙500 kg, eine Plattform von 10 × 4 m bei 5∙5 m Hubhöhe; Fahrzeit, belastet auf und leer ab, etwa 2 Minuten; leer auf und belastet ab, etwa 3/4 Minuten. Er dient zur Verbindung der Hafengleise mit den höher gelegenen Gütergleisen des Anhalter Bahnhofes (Eisenbt. d. Geg., II. Abschn., S. 780.)

Güterwagenaufzug zum Anschluß der Leipziger Bierbrauerei zu Reudnitz, Riebeck & Co. A.-G., als Beispiel einer modernen, hydroelektrischen Anlage; sie verwendet das Abwasser des Aufzuges und besteht aus Akkumulator für Preßwasser, elektrisch angetriebener Pumpe, Behälter für Rücklaufwasser und selbsttätigem Anlasser. Tragkraft 25.000 kg, Hub 3∙6 m, Fahrzeit aufwärts 60 Sek., abwärts 30 Sek. Der Stempel von 0∙3 m Durchmesser trägt eine Bühne von 10 × 3∙35 m (Angaben der Firma Unruh & Liebig, Leipzig).

Mittelbarwirkende Aufzüge gestatten bei größerer Hubhöhe die Verkleinerung des Kolbenhubes.

Wagenaufzug auf der Station Rom-Trastevere. An den Längsseiten des Schachts stehen außerhalb der Fahrbahn je zwei Zylinder, an denen die Ketten mit dem einen Ende befestigt sind, während an dem andern die Bühne aufgehängt ist; diese Ketten laufen über Rollen, die mit den Kolben fest verbunden sind. Bei Verschiebung der Rollen legt das an der Bühne befestigte Kettenende und somit diese selbst den doppelten Weg wie die Preßkolben zurück. Hub der Bühne 7∙12 m, der Kolben 7∙12/2 m, Durchmesser der Kolben 0∙25 m, Arbeitsdruck 40 Atm., Tragfähigkeit einschließlich Eigengewicht 80.000 kg, Leistung: 6 Doppelbewegungen in der Stunde (Génie civil, 1901, S. 57).

b) Elektrisch. Betrieb mit Ketten: Doppelhebebühne im Hauptzollamt Wien, dient der Zuführung der Wagen vom Tiefbahnhof zum Hauptzollamt. Die Plattform von 14 × 3∙2 m, mit Tragfähigkeit von 35.000 kg hängt an 8 Gallschen Ketten k und den als Verlängerung dienenden Zugstangen z; die Anordnung des Antriebs zeigt Abb. 158. Die Hubhöhe von 5∙85 m wird durch Vermittlung eines 40 P.S. Gleichstrommotors in 13/4 Min. überwunden. Die Steuerung erfolgt von einem Führerstand in Höhe der oberen Ladestelle aus durch Einschalten eines 0∙5-P.S.-Hilfsmotors; dieser ist für zwei Geschwindigkeiten eingerichtet, so daß er die Einschaltung in 6 Sek., die Ausschaltung jedoch in 3 Sek. selbsttätig bewirkt. Das Heranbringen der Wagen erfolgt durch elektrische Spills. Leistungsfähigkeit der Anlage: Heben und Senken von 10 bis 12 Wagen in der Stunde (Ztschr. f. Elektr., Wien 1900, S. 501. Organ f. Eisenbahnw., 1900, H. 6. Schweiz. Bauztg. 8. Febr. 1902).

Betrieb mit Spindeln: Für den Aufzug, der zur Beförderung von schweren Lasten und Automobilen auf dem Zollschuppen des Anhalter Güterbahnhofes zu Berlin dienen soll, sind zwei Spindeln in Aussicht genommen. Der Antrieb erfolgt genau wie bei den unter II c beschriebenen Gepäckaufzügen durch Schneckengetriebe und Mutter. Die beiden Schnecken sitzen auf einer mit dem Motor gekuppelten Welle und haben ebenso wie die Spindeln, die eine rechts-, die andere linksgängiges Gewinde. Bühne 8 × 3 m, Tragfähigkeit 7500 kg, Hubhöhe 4∙5 m, Geschwindigkeit etwa 0∙15 m/Sek.

Die Hebebühne für Eisenbahnwagen im städtischen Schlacht- und Viehhofe zu Posen ruht auf 4 Muttern, die sich bei Drehung ihrer in Spur- und Halslagern geführten Spindeln auf- und abbewegen. Die Drehung erfolgt durch einen Motor von 7 P.S. unter Vermittlung von Stirnrad- und Kegelradübersetzungen. Hier sind also die Muttern mit der Bühne verbunden; diese selbst wird in einfacher Weise durch zwei Querträger gebildet, auf denen die Längsträger zur Aufnahme der Schienen liegen, und besitzt eine Grundfläche von 7∙3 × 3∙93 m, Tragfähigkeit 20.000 kg, Hubgeschwindigkeit 0∙42 m/Sek., Hub 1∙94 m.

Hebebühnen für Massenbeförderung von Personen finden sich besonders in England[298] und Amerika. Sie dienen der Verbindung mit den tiefliegenden Untergrundbahnen und Bahnhöfen der Hauptlinien. Die Central London Railway besitzt größtenteils elektrisch angetriebene Seilaufzüge, einige wenige mittelbar wirkende hydraulische. Sie liegen (1 bis 3 Stück zusammen) in runden Schächten von etwa 5–9 m Durchmesser. Hub von 10–56 m, Hubgeschwindigkeit etwa 1 m/Sek., Tragfähigkeit bis zu 60–70 Personen. Plattformgröße etwa 0∙2 m2 für die Person. Die Steuerung erfolgt durch einen mitfahrenden Führer (Engng. 21. Sept. 1906; 3. u. 10. März 1899; 5. Febr. 1904).

B. Förderung in horizontaler und schräger Richtung. Um die Verwendung der menschlichen Kraft einzuschränken und den großen Anforderungen vor Abgang und nach Ankunft der Züge in höherem Maße zu genügen, wird die Gepäckförderung mehr oder weniger mechanisch bewirkt; zunächst ist dies unter Beibehaltung von Gepäckkarren für die Zurücklegung der horizontalen Wege versucht: a) durch einen an den Dachbindern aufgehängten Laufkran, der (elektrisch betrieben) die Gepäckkarren anhebt und in einer genügenden Höhe über dem Bahnsteig befördert (Victoria-Station zu Manchester; Organ, 1898, S. 173); b) durch endlose Kette, die in einem Kanal bewegt wird; die Gepäckkarren sind mit Gabeln versehen und werden beim Herablassen derselben durch einen Schlitz im Fußboden hindurch von der Kette mitgenommen (Stettiner Bahnhof in Berlin); c) durch elektrischen Antrieb der Gepäckkarren selbst (Railroad Gazette, Juni 1907).

Die eigentliche mechanische Gepäckförderung vermeidet das Sammeln der Güter auf Wagen, somit ihr Auf- und Abladen und das Auf- und Abbringen am Aufzug; jedes Stück bewegt sich vielmehr einzeln und selbsttätig zwischen Annahme-, bzw. Ausgabe- und Verladestelle. Sie wird im wesentlichen nur auf ausgedehnten Bahnhöfen zur Bewältigung des Ankunftsverkehrs verwendet, weil hierbei die ganze Menge des plötzlich angelangten Gepäcks der Beförderung zur Ausgabestelle harrt. Die Annahme zur Abfahrt dagegen verteilt sich über eine gewisse Zeit und das Einladen in die Gepäckwagen erfolgt mit beschränkter Geschwindigkeit, so daß hierfür die Benutzung der Aufzüge und Karren als ausreichend beibehalten wird.

Beide Arten der Beförderung dienen sich gegenseitig als Reserve; die Aufzüge außerdem für zerbrechliche und durch ihre Abmessungen für mechanische Behandlung ungeeignete Stücke. Die Elemente sind: a) die Transportbänder;[299] geneigt angelegt, bewirken sie im normalen Betrieb die Aufwärtsbewegung, meist im Zusammenhang mit horizontalen Bändern. Ihre Breite ist etwa 1∙0 m, nutzbar auf 0∙8 m; ihr Material gewirkte Baumwolle (Paris-Austerlitz), Aloeseile (Quai d'Orsay), Balata Gurt. (Hamburg). Neigung ist 40–50 cm f. d. lfd. m., Geschwindigkeit bis 1∙5 m/Sek. in der Horizontalen gemessen. Die seitliche Begrenzung erfolgt durch Wände aus Holz (Hamburg, 500 mm hoch) oder halbrunde Profileisen, in der Bewegungsrichtung angeordnet (Quai d'Orsay, 800 mm hoch). Wesentlich sind die Vorrichtungen, durch die die Bänder bei Wechsel der Temperatur und Feuchtigkeit unter gleicher Spannung gehalten werden sollen. Der Antrieb erfolgt elektrisch an einer Endrolle. b) Die Rutschen bewirken die Abwärtsbewegung der Güter selbsttätig durch das Eigengewicht. Sie werden zur Unterstützung von Aufzügen angelegt; im Zusammenhang mit Transportbändern bringen sie Güter von höher gelegenen Orten auf diese oder von ihnen nach tiefer liegenden; die Achse der Gleitfläche ist geradlinig oder bei Platzmangel spiralförmig (Abb. 159); die Neigung ist 40–60 cm f. d. lfd. m, in Krümmungen größer. Zum Anhalten der Stücke am Ende wird ein Auslaufstück von 1∙0–1∙5 m horizontal mit Teppich belegt. Wände wie bei den Transportbändern.

Ausgeführte Anlagen: a) Auf dem tiefliegenden Bahnhof Quaid'Orsay (Abb. 160) werden die Gepäckstücke durch verschließbare Klappen K, die entsprechend den Stellungen der Gepäckwagen auf dem Ankunftsbahnsteig der Hauptlinien verteilt sind, auf das horizontale Band b1, und die geneigten Bänder b2 und b3 bis zu dem Tisch T gebracht, wo sie durch Personal auf bewegliche Tische verteilt werden; auf diesen gelangen sie zu den einzelnen Ausgabestellen. An den meistbenutzten Aufzügen der Abfahrtsbahnsteige sind Rutschen angebracht. Eine solche verbindet auch (Abb. 159.) die im 1. Geschoß liegende Aufbewahrungskammer mit der Gepäckausgabe (Rev. génér. d. chem. d. fer, Juliheft 1901, daraus Abb. 159 u. 160; Génie civil 25. Jan. 1902). b) Der Hauptbahnhof Hamburg besitzt zwei gleichartige Anlagen, deren jede aus einem vom Bahnsteig aus um 5∙35 m steigenden und einem zu diesem senkrecht laufenden horizontalen Band besteht. Die horizontalen endigen in der Gepäckkammer. Die Drehung der Güter um 90° beim Übergang von einem zum andern Band wird selbsttätig durch die »Wendestation« ausgeführt, die aus konischen, einzeln durch Pittlersche Rundlaufmaschinen angetriebenen Rollen besteht (Triebkraft: Preßöl). Die Aufgabe auf dem Bahnsteig erfolgt auf einem mit Zink belegten Tisch, an den das Gepäck herangebracht wird; die einzelnen Stücke werden durch ein System von Rollen, die verschiedene Drehungszahl besitzen, bis zur Geschwindigkeit des Bandes beschleunigt (Glasers Annalen, 1. Nov. 1908). c) Der Paketbahnhof Paris-Austerlitz der Compagnie d'Orléans hat innerhalb 2 bis 3 Stunden etwa 12.000–16.000 Pakete anzunehmen, zu sortieren und größtenteils zu verladen. Die Trennung erfolgt erstens in solche Güter, die nach den Hauptstationen in ganzen Wagenladungen, und in solche, die nach kleineren Orten in Kasten oder Körben versandt werden; zweitens zugleich innerhalb dieser Gruppen nach den einzelnen Bestimmungsorten. Der Vorgang vollzieht sich sehr vollkommen durch Vermittlung von Bändern und Rutschen, die den Verkehr zwischen der Annahmestelle und großen, gemauerten Sammel-, bzw. Sortierbehältern und zwischen diesen und der Verladestelle bewirken (Rev. génér. d. chem. de fer, 2. Febr. 1902).

Die mechanische Beförderung von Menschenmassen, wie sie sich bei Ankunft von Zügen ansammeln, wird besser als durch Aufzüge durch bewegliche Treppen bewirkt. Sie werden mit ansteigenden Bändern (vielfach in Warenhäusern) oder mit einzelnen beweglichen Stufen ausgeführt. Letzteres System[300] (nach Hocquart) ist auf dem Bahnhof Quai d'Orsay angewandt. Die Treppe überwindet mit 27 Stufen bei 1∙5 m Breite einen Höhenunterschied von 5∙12 m. Ihre Geschwindigkeit ist ebenso wie die des Geländers, etwa 0∙35 m/Sek.; ihre Leistungsfähigkeit 114% größer als die einer gleichbreiten festen Treppe. Jede Stufe besteht aus 50 gußeisernen, stufenförmigen Wangen, die, auf zwei Bolzen aufgezogen, einen kleinen Wagen bilden; auf den Bolzen sitzen je zwei Rollen, durch deren Führung in Schienen die horizontale Lage des Auftrittes und ein sanftes Absetzen des Fußes am Ende bewirkt wird. Einer der Bolzen nimmt in seiner Verlängerung jederseits noch ein Kettenrad auf, an denen eine nachstellbare, elektrisch angetriebene Kette mit der zur Fortbewegung erforderlichen Zugkraft angreift (Rev. génér., Juni 1908; Ztschr. d. Ver. deutscher Ing., 1908, S. 1408. Andere Systeme: Dingler 1900, S. 252 u. 608. Génie civil, 12. Dez. 1903),

Allgemeine Literatur: Ernst, Die Hebezeuge. – Eisenbahntechnik der Gegenwart, II. Abschn., Die Bahnhofsanlagen. – Über Betriebskosten: Glasers Annalen, 1909, H. 3. – Elektr. Kraftbetriebe und Bahnen, 1909, H. 7 u. 8.

Landsberg.

Abb. 156.
Abb. 156.
Zu Abb. 156.
Zu Abb. 156.
Abb. 157.
Abb. 157.
Abb. 158.
Abb. 158.
Abb. 159.
Abb. 159.
Abb. 160.
Abb. 160.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 292-301.
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