Beschlagnahme

[267] Beschlagnahme (arrest, seizure; saisie, arrêt; sequestro) die über behördlichen Auftrag im Einzelfalle erfolgte Ingewaltnahme bestimmter Sachen oder Rechte.

Die B. ist entweder Mittel oder Sicherung der Zwangsvollstreckung.

Im engeren Sinne versteht man gewöhnlich unter B. die zu Sicherungszwecken erfolgte B. Die B. dieser letzteren Art ist ein vorläufiger behördlicher Akt, durch welchen zur Sicherung der Durchführung künftiger behördlicher Verfügungen oder Entscheidungen dem Berechtigten die vollständige oder teilweise Verfügung über die ihm zugehörigen Vermögensbestandteile für die Dauer dieser Maßnahme entzogen wird.

Die B. kommt als gerichtliche und verwaltungsbehördliche Sicherungsmaßregel in Betracht. Die gerichtliche B. ist entweder eine zivilgerichtliche – oder strafgerichtliche. Die verwaltungsbehördliche B. kann sowohl im Rahmen des Polizei-, Gewerbe- als auch des Zoll- und Steuerstrafverfahrens verfügt werden.

Die zivilgerichtliche B. ist eine vorläufige gerichtliche Maßnahme, welche die Sicherung einer gerichtlichen Zwangsvollstreckung bezweckt. Sie kann nach den Vorschriften des Exekutionsverfahrens, des Verfahrens außer Streitsachen oder des Konkursverfahrens angeordnet werden.

Die B. der ersteren Art tritt nach deutschem Rechte in der Form des Arrestes (§§ 916 ff. DZPO.) oder der einstweiligen Verfügungen (§§ 935 ff. DZPO.), nach österreichischem Rechte in der Gestalt der Exekution zur Sicherstellung (§ 370 ff. Ost. Exekutionsordnung vom 27. Mai 1886, RGB. Nr. 78) oder der einstweiligen Verfügungen (§ 378 ff. Ost. Exekutionsordnung) auf.

Über die zivilgerichtliche B. an den den Eisenbahnunternehmungen zugehörigen oder in ihrem Besitze befindlichen Vermögensobjekten Dritter (Frachtgüter, Fahrbetriebsmittel fremder Bahnen und Unternehmer) vgl. Pfändung und Zwangsvollstreckung.

Die strafgerichtliche und verwaltungsbehördliche B. dient der Sicherung des Vollzuges der im öffentlichen Interesse getroffenen oder zu treffenden Maßnahmen oder Entscheidungen der bezüglichen Behörden.

Für das Gebiet des Eisenbahnrechts kommt insbesondere die verwaltungsbehördliche und straf gerichtliche B. von Frachtgut in Betracht.

Ob und unter welchen Voraussetzungen solche Sicherstellungsmaßregeln gegen die Bahnunternehmungen rücksichtlich der in ihren Besitz befindlichen Frachtgüter zulässig erscheinen, richtet sich nach den allgemeinen Normen, die die Zulässigkeit der Anordnung derartiger Maßnahmen regeln.

Der Bahnanstalt steht im allgemeinen gegenüber einer solchen Sicherungsmaßnahme ein Prüfungsrecht nur hinsichtlich des Umstandes zu, ob diese

1. von der zuständigen Behörde und

2. in der vorgeschriebenen gesetzlichen Form verfügt wurde. Über diesen Rahmen hinaus kommt der Bahnverwaltung kein Wider spruchsrecht gegen die verfügte B. des Fracht gutes zu, sie muß vielmehr, ohne sich in die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der verfügten Sicherungsmaßnahme einzulassen, das beschlagnahmte Gut auf Verlangen gegen Empfangsbestätigung[267] herausgeben, unbeschadet des Anspruches auf Fracht- und sonstige Gebühren.

Literatur: Prážak, in Mischler-Ulbrichs Österreichisches Staatswörterbuch. I, S. 484 ff., und die daselbst angeführte Literatur. Ferner Art. Beschlagnahme in Poseners Rechtslexikon und in Stengels Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechtes.

Juster.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 2. Berlin, Wien 1912, S. 267-268.
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