Buschtěhrader Eisenbahn

[164] Buschtěhrader Eisenbahn (481 km), im Königreich Böhmen gelegene, normalspurige Hauptbahn mit dem Sitze der Gesellschaft und der Generaldirektion in Prag. Die Hauptstrecke geht von Prag (Bubna) über Priesen-Komotau-Karlsbad nach Eger, in der Länge von 236∙9 km, mit Abzweigungen von Prag nach Hostiwitz (19∙52 km), von Kladno nach Kralup (25∙09 km) und Duby-Altkladno (2∙62 km), von Lužna-Lischan nach Rakonitz (9∙19 km), von Priesen nach Kaaden-Brunnersdorf (10∙77 km), von Komotau (Reichsgrenze) nach Reitzenhain (37∙27 km), von Komotau-Krima-Neudorf nach Weipert (Reichsgrenze) (34∙81 km), von Falkenau a. d. E. (Reichsgrenze) nach Klingenthal (27∙98 km) und von Tirschnitz nach Franzensbad (4∙12 km). Die Strecke Weipert-Landesgrenze (0∙225 km) ist an die kgl. sächsischen Staatsbahnen verpachtet; die den sächsischen Staatsbahnen gehörige 0∙967 km lange Strecke von der Landesgrenze bis Reitzenhain ist nur gepachtet; die 0∙215 km lange Strecke von der Grenze bis Klingenthal ist Eigentum der sächsischen Staatsbahnen, während die B. nur den Betrieb führt. Ferner wird die 2∙186 km lange Strecke Prag (Bubna)-Prag (Staatsbahnhof), wovon 1∙817 km Eigentum der österr. Staatsbahnen sind, von der B. für den Personenverkehr mitbenutzt. Die B. betreibt auch die ihr eigentümliche Lokalbahn Krupa-Kolleschowitz (12∙01 km), dann Kohlen- und Industriebahnen in der Gesamtlänge von 61∙50 km.

Außer den oben aufgeführten Eisenbahnstrecken besitzt die Gesellschaft noch ein Grubenfeld von 653∙070 ha.

Bereits am 30. Juli 1827 wurde einer »Privatgesellschaft« auf 50 Jahre ein ausschließendes Privilegium zum Bau einer Holz- und Eisenbahn zwischen Prag und Pilsen erteilt. Von dieser Linie wurde vorerst nur die Teilstrecke von Prag bis Wejhybka (eröffnet 21. März 1830), von Wejhybka bis Lana (eröffnet 25. Oktober 1830), von Lana bis Pině (eröffnet 11. April 1833) als Pferdebahnen mit der Spurweite von 3' 6'' 6''', mit dem Mindestkrümmungshalbmesser von 25 Klafter und dem stärksten Gefälle von 1 : 15 gebaut. Im Jahre 1836 ging diese Pferdebahn in das Eigentum des Fürsten Karl Egon zu Fürstenberg über und wurde mit Allerhöchster Entschließung vom 21. Dezember 1852 dem Fürsten die vorläufige Bewilligung zur Bildung einer Aktiengesellschaft und zur Vornahme der Vorarbeiten für die Fortsetzung der bestehenden Pferdebahn, u. zw. von Wejhybka nach dem Buschtěhrader Kohlenrevier, sowie zur Anlage einer Lokomotivbahn von diesem Revier nach Kralup (mit Einschluß der Zweigbahnen nach den Kohlengruben) erteilt.

Der nunmehr unter der Firma »Buschtěhrader Eisenbahnaktiengesellschaft« gebildete Aktienverein erhielt durch Urkunde vom 20. November 1855 auf 50 Jahre das ausschließende Recht zum Bau und Betrieb der vorbezeichneten Linie, ferner das Privilegium der von ihm erworbenen Prag-Lanaer Eisenbahn.

Die Teilstrecke Kralup-Duby wurde am 13. Juli 1856 für den Gesamtverkehr eröffnet, nachdem die Teilstrecke Duby-Altkladno bereits am 5. November 1855 für den Kohlenverkehr in Benutzung genommen worden war. Von der Ausführung der Pferdebahn von Wejhybka (jetzt Station Kladno) nach dem Buschtěhrader Kohlenrevier wurde abgesehen. Die Gesellschaft benutzte vielmehr nach entsprechenden, mit der Prager Eisenindustriegesellschaft getroffenen Abmachungen die inzwischen erbaute Strecke Altkladno-Wejhybka der dieser letzteren gehörigen Nučicer Erz- und Kohlenbahn, die seit 1864 auch mit Personenzügen befahren werden darf.

Inzwischen war der Gesellschaft durch kaiserliche Entschließung vom 9. Mai 1863 auch die Umgestaltung der Prag-Lanaer Pferdebahn in eine Lokomotiveisenbahn gestattet worden; zunächst wurde indessen nur der Umbau der Strecke Prag-Wejhybka, deren Eröffnung für Lokomotivbetrieb am 4. November 1863 erfolgte, ausgeführt. Am 11. Januar 1867 erhielt die Gesellschaft eine neue, ihre sämtlichen Linien umfassende und auf 80 Jahre lautende Konzession, nach der ihr das Recht zum Betrieb der Lokomotiveisenbahn Prag-Wejhybka und Altkladno-Kralup, mit Einschluß der bestehenden Flügelbahnen und der Strecke Wejhybka-Altkladno der Nučicer Bahn zugestanden, ferner die Umgestaltung der die Reststrecke der obenerwähnten Prag-Lanaer Bahn bildenen Pferdebahn Wejhybka-Pině in eine Lokomotiveisenbahn auferlegt, und endlich wiederholt der Anschluß ihrer Linien an die nördliche Staatsbahn zur Pflicht gemacht wurde.[164] Der letztere erfolgte bis zum 1. April 1868, die Umgestaltung bis 22. April 1869. Außerdem erhielt die Gesellschaft das Recht, von Station Hostiwitz eine Abzweigung nach Smichow herzustellen und zu betreiben. Auf Grund des Gesetzes vom 3. Juni 1868 wurde der B. die Konzession zum Bau und. Betrieb einer Lokomotiveisenbahn von Prag (Smichow) über Saaz, Komotau bis Weipert (behufs Verbindung mit der Chemnitz-Annaberger Bahn), dann einer von der Hauptbahn bei Priesen abzweigenden Bahn durch das Egertal über Karlsbad nach Eger mit Flügelbahn nach Franzensbad, ferner zum Bau und Betrieb einer von der Hauptbahn abzweigenden Flügelbahn in das Rakonitzer Kohlenrevier, unter Beteiligung des Staates mit einem Betrag bis zu 5 Mill. fl., erteilt.

Von den neu konzessionierten Strecken, wurden eröffnet die Linien Eger-Karlsbad am 19. September 1870, Lana-Komotau am 4. Februar 1871, Priesen-Tuschmitz-Karlsbad und Tirschnitz-Franzensbad am 9. Dezember 1871, Komotau-Weipert-Reichsgrenze am 1. August 1872, Smichow (Prag)-Hostiwitz am 16. September 1872; die Strecke Lužna-Lischan-Rakonitz (provisorische Station) wurde für den Frachtenverkehr am 5. Juni 1871, für den Personenverkehr am 5. März 1873 eröffnet.

Unterdessen hatte die Gesellschaft durch Urkunde vom 4. August 1871 die weitere Konzession zum Bau und Betrieb einer – als Bestandteil der bisherigen Strecken anzusehenden – Verbindungsbahn von Komotau nach Brunnersdorf erhalten; dieselbe wurde am 1. März 1873 dem Betrieb übergeben. Mit dem Handelsministerialerlaß vom 5. September 1871 war sodann die Bewilligung zur Herstellung einer Verbindungsbahn Wejhybka-Duby erteilt worden, deren Eröffnung für den Gesamtverkehr am 15. Juli 1874 erfolgte.

Die Gesellschaft erhielt ferner unter der durch Gesetz vom 28. Juni 1872 festgesetzten Bedingung, daß bei der Herstellung einer Zweigbahn von Krima an die böhmisch-sächsische Grenze bei Reitzenhain die gleichen Zugeständnisse wie bei den übrigen Buschtěhrader Strecken gewährt würden, auch zum Bau und Betrieb dieser Strecke die Konzession (Urkunde vom 12. November 1872); am 23. August 1875 wurde diese Linie gleichzeitig mit der sächsischen Anschlußstrecke Reitzenhain-Marienberg-Flöha für den Personen- und Güterverkehr eröffnet.

Auf Grund des Gesetzes vom 7. Mai 1873 wurde der B. die Konzession für die Linie von Falkenau nach Graslitz erteilt (Urkunde vom 30. Oktober 1873). Der Bau der Strecke Falkenau-Graslitz konnte wegen Geldmangels erst in Angriff genommen werden, als die Regierung durch Gesetz vom 30. April 1874 zum Abschluß eines Übereinkommens mit der Gesellschaft ermächtigt worden war, nach welchem der letzteren unverzinsliche Barvorschüsse im Betrag von 1∙5 Mill. fl. gegen Übergabe von neu auszugebenden Aktien vorgestreckt wurden. Um die endliche Inbetriebsetzung der Graslitzer Strecke sicherzustellen, sah sich die Regierung neuerdings gezwungen, der Gesellschaft zur Begleichung der durch den Bau erwachsenen schwebenden Schuld fernere Barvorschüsse in der Höhe von 1∙7 Mill. fl. zu leisten (Gesetz vom 20. März 1876); die Gesellschaft nahm indessen von dieser Summe nur 1∙1 Mill. fl. in Anspruch und zahlte diese Ende 1882 zurück. Der Eröffnungstermin für Falkenau-Graslitz, unterer Bahnhof wurde auf den 1. Juni 1876, für Graslitz-sächsische Grenze auf den 31. Dezember 1876 neu festgesetzt. Die letztere Strecke konnte indessen vorläufig nicht ausgeführt werden, weil sich der Abschluß des erforderlichen Staatsvertrages mit Sachsen verzögerte. Eine den Wünschen Sachsens entsprechende Einigung fand zwar, wenn auch erst nach mehreren Jahren statt (Staatsvertrag vom 5. Mai 1884), allein die Inangriffnahme des Baues erlitt abermals eine bedeutende Verzögerung. Der Ausbau der Anschlußstrecke an die sächsisch-böhmische Grenze wurde erst im Dezember 1885 begonnen und konnte am 1. Oktober 1886 in Betrieb genommen werden.

Durch Urkunde vom 17. Mai 1882 hatte die B. die Konzession für die Lokalbahn Krupa-Kolleschowitz erhalten (eröffnet 15. September 1883).

Nachdem, wie bereits erwähnt, die ehemalige Pferdebahn Prag-Lana-Pině bis Lana als Lokomotiveisenbahn ausgebaut worden war, hatte die B. am 1. September 1873 den Betrieb auf der Strecke Lana-Tiergarten-Pině eingestellt und wurde 1882 mit Genehmigung der Regierung diese Bahnstrecke gänzlich aufgelassen.

Die Befugnis des Staates zur entgeltlichen Einlösung sämtlicher Linien der Gesellschaft begann mit Ende des Jahres 1896. Als Einlösungspreis gilt der durchschnittliche Reinertrag der der wirklichen Einlösung vorausgegangenen sieben Jahre, abzüglich der beiden ungünstigsten; dieser Durchschnittsbetrag, der jedoch nicht weniger als die bedungene Verzinsung der Prioritätsobligationen und 5% des Aktienkapitals samt der festgesetzten: Tilgungsquote betragen darf, ist der Gesellschaft[165] als Jahresrente bis zum Ablauf der Konzessionsdauer zu bezahlen.

Beim Erlöschen der Konzession tritt der Staat ohne Entgelt in das lastenfreie Eigentum und den Genuß der Bahn einschließlich des Grundes und Bodens sowie des unbeweglichen Zubehörs.

Das Aktienkapital der B. besteht aus Aktien lit. A (abzüglich der getilgten) mit 21,988.050 K und aus Aktien lit. B mit 34,600.000 K. Das Prioritätenkapital (Emission 1896) besteht aus 136,000.000 K, wovon sich abzüglich des getilgten von 14,480.000 K, dann der im Portefeuille der Gesellschaft vorhandenen 7,002.600 K 114,517.400 in Umlauf befinden.

Die Einnahmen des Gesamtunternehmens (lit. A und lit. B) betrugen im Jahre 1911 31,631.832 K, die Ausgaben 19,727.086 K, Betriebskoeffizient 62∙36%.

Boehm.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 3. Berlin, Wien 1912, S. 164-166.
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