[265] Dehnungsmesser (tension indicator; indicateur de tension; misuratore della tensione), Dehnungszeichner, ein Instrument zur Messung von Längenänderungen, bzw. Spannungen vorübergehend oder bleibend beanspruchter Konstruktionsteile, insbesondere bei Brücken.
Die zumeist angewendeten D. rühren von Fränkel, Hoech und Deistler her; neuere D. sind jene von Manet-Rabut und Mantel.
Der D. von Fränkel (Abb. 237) besteht aus der metallenen, hohlen Meßstange a und dem im Rahmen A befindlichen Schreibwerk, welch letzteres nahezu die gleiche Anordnung der Papierwalzen und des Uhrwerks zeigt, wie der Fränkelsche Durchbiegungszeichner. Der Rahmen A wird bei e und d, die Meßstange a, die bei b und c in Kugellagern ruht, bei b an dem zu beobachtenden Konstruktionsteil befestigt. Wird nun letzterer zusammengepreßt oder gestreckt, so daß sich die Befestigungspunkte b und d nähern oder voneinander entfernen, so überträgt die Meßstange a mittels des Verbindungsglieds f die Längenänderung zunächst auf den kurzen Hebel g, der bei h seinen Drehpunkt am Rahmen A hat und mit dem Zahnradabschnitt i fest verbunden ist. Letzterer greift in ein Zahnrad k, das durch seine Drehung den Arm l und damit die Geradführung des Schreibestifts m, sowie diesen selbst auf dem Papierstreifen entsprechend verschiebt. Ein fest mit dem Rahmen A verbundener Stift zeichnet die Nullinie auf dem Papierstreifen; zwei weitere Stifte ermöglichen die Bezeichnung einer beliebigen Laststellung auf dem Diagramm. Die Ingangsetzung des Uhrwerks und die Bezeichnung gewisser Laststellungen kann bei Bahnbrücken auch mittels eines, ebenfalls im Rahmen A angebrachten Elektromagnets durch die Belastung selbst bewirkt werden, indem an den Schienen Kontaktapparate angebracht werden, die mit dem Elektromagnet und einer Batterie in Verbindung stehen und durch das vorderste Lokomotivrad ausgelöst werden. Die Vorrichtung läßt Dehnungsunterschiede von 0∙003 mm auf dem Papierstreifen erkennen, ist jedoch bei großen Längenänderungen, wegen der nicht mehr ausreichenden Breite der Papierrolle, auf der die Dehnungen als Ordinaten sich zeichnen, nicht verwendbar (Civilingenieur, XXVIII., 2. und 3. Heft).
Der Fränkelsche D. zeichnet die Dehnungen während der ganzen Dauer der Inanspruchnahme des zu beobachtenden Stabs auf; der D. von Hoech hingegen läßt nur Größt- und Kleinstwerte ablesen. Dieser D. besteht im wesentlichen aus zwei gegeneinander verschiebbaren Stangen, von denen die eine doppelt, die andere einfach ist. Letztere hat einen gewöhnlichen Maßstab, während erstere mit einem Nonius in Verbindung gebracht ist, der eine Ablesung von 1/500 mm auf optischem Weg gestattet. Die entgegengesetzten Enden der beiden Stäbe tragen einen Stahldorn und eine Schraubzwinge zur Befestigung an dem zu beobachtenden Stab.
Nachdem bei dem Fränkelschen D. die Spannungen aus den aufgezeichneten Längenänderungen erst ermittelt und bei dem Hoechschen erst gerechnet werden müssen, hat J. Deistler eine Vorrichtung entworfen, bei der die Spannungen unmittelbar auf einem Zifferblatt abgelesen werden können, und reicht die Messung bis zu sehr hohen Spannungen (bei Eisen bis 2500 kg/cm2) hinauf, bezüglich deren der Fränkelsche D. bereits versagt.
Der Deistlersche D. besteht aus einem zerlegbaren, 40 cm oder 80 cm langen Rohr, dessen eines Ende von einem mittels Schelle und Druckschraube an dem zu untersuchenden Glied befestigten Kugelgelenk gehalten wird, dessen anderes Ende mittels eingefügter Mikrometerschraube auf das in einem Barometergehäuse eingeschlossene Hebelwerk mit Zifferblatt und Zeiger wirkt.[265]
Deistlers Meßwerkzeug erscheint namentlich da zweckmäßig, wo eine große Zahl von Messungen in kurzer Zeit auszuführen oder Schrauben bis zu einer bestimmten Grenze zu sparen sind.
Infolge der ziemlich großen Ausmaße und des großen Gewichtes ist das Arbeiten mit dem Fränkelschen D. etwas beschwerlich; auch ist die in Betracht gezogene Meßlänge hierbei etwas zu groß. Dem Bestreben nach einem kleinen D. entsprang vornehmlich in Frankreich das Instrument Manet-Rabut. Es war durch Verbesserung aus dem ursprünglichen Instrument Manets hervorgegangen. Dieses Instrument besteht aus einer Meßdose, die mit einem Meßstab derart in Verbindung gebracht ist, daß letzterer einerseits durch Kontakt auf das Zeigerwerk der an den zu untersuchenden Stab anzuschraubenden Meßdose wirkt, während am anderen Ende in einer ebenfalls anzuschraubenden Klammer steckt. Die Übersetzung ist hierbei eine geringe, auch ist die Klammeranordnung eine unvollkommene. Ferner wurde nicht der Rand des Stabes gefaßt. Man suchte der Schwerachse des Stabes so nahe wie möglich zu kommen, indem man nur den in der Schwerachse wirkenden Hauptspannungen Bedeutung beimaß und die gegen den Rand des Querschnittes erheblich wirkenden Zusatzspannungen nicht kannte und daher auch nicht beachtete.
Rabut hat nun beim Instrument Manets die Übersetzung der Meßdose vergrößert, die Meßstange verkürzt und die Klammern so eingerichtet, daß in der Messung die Kantenspannungen der Stäbe zum Ausdruck gelangen. Dieses neue Instrument war jedoch vorzugsweise nur zu Beobachtungen unter ganz ruhig fahrenden Lasten geeignet, da an seinen Klammern die Spitzen fehlen, die am Fränkelschen D. vorhanden sind und die ein sicheres Sitzen bei etwaigen Erschütterungen gewährleisten. Dieses Manet-Rabut-Instrument hat nun Ingenieur Mantel in Zürich nochmals verbessert. Mantel ordnete eine stärkere Vergrößerung an, u. zw. eine tausendfache, um sowohl die Genauigkeit der Angaben zu erhöhen, als auch den Umfang der Teilscheibe besser auszunutzen. Ferner wurde die Übertragung des Meßstabendes auf den Übersetzungsmechanismus durch ein festes Gelenk bewerkstelligt, im Gegensatz zum Instrument Rabut, wo dies nur durch bloßen Kontakt geschieht; es wird hierdurch ein weites Vorwärtsschleudern des Zeigers bei Stößen verhindert.
Dieses neue Instrument Mantels besitzt nun eine Meßdose von tausendfacher Übersetzung. Eine Spannungsänderung von 100 kg/cm2 eines Schmiedeeisenstabes wird durch eine Bewegung von etwa 8 mm des Zeigerendes gegeben, wenn die Meßstablänge 20 cm beträgt. Auf der Teilscheibe sind diese 8 mm in 5 Unterabteilungen geteilt, die einer Spannungsänderung von 20 kg/cm2 entsprechen; da die halben Teile, die 10 kg/cm2 darstellen, noch leicht abgelesen werden können, so ist die Genauigkeit der Angaben eine durchaus genügende. Der Maßstab endet beiderseits mit Kugelgelenken, von denen das eine im ersten Hebel der Meßdose sitzt, das zweite in der zweiten Klammer. Eine Klemmschraube F (Abb. 238) stellt hier den Stab fest, der bis zur Hälfte seiner Länge mit einem Schraubengewinde versehen ist, um die Meßlänge vermindern zu können. Nach Entfernung der Stellschraube D und Ersatz derselben durch die beigegebene, den Schrauben C1 und D1 entsprechende, kann die Meßlänge durch Drehen am Stift E noch um etwa 5 cm verkürzt werden. Die Hoffnung, durch Einführen dieser Kugelgelenke jeden toten Gang im Apparat vermeiden und die durch die Stöße erzeugten Vibrationen der Spannungen genau messen zu können, ist nicht ganz in Erfüllung gegangen, da es bisher nicht möglich war, einen völlig satten Gang eines solchen Übersetzungsmechanismus zu erzielen, ohne Federwirkungen einzuschalten, die wieder eine Vergrößerung der Zeigerausschläge bedingen. Die Befestigung der Klammern geschieht jederseits mit Hilfe von zwei lotrecht übereinander liegenden Stahlspitzen, die durch die gegenüberliegende Klemmschraube etwas ins Eisen eingepreßt werden, während ein dritter Kontaktpunkt, der die Ebene festlegt, also eine Verdrehung der Klammern verhindern soll, durch eine kleine Pendelsäule gebildet wird. Die Meßlänge ist durch die Entfernung der Spitzen gegeben. Eine weitere Sicherung der Klammern wird durch die Stellschrauben CDC1D1 erreicht, die ein Kippen der Klammern verhüten sollen. Auf eine möglichst tadellose Befestigung beider Klammern muß natürlich das größte Gewicht gelegt werden, weil bei der Kleinheit der Meßlänge und der Größe der Übersetzung jede Bewegung sich fühlbar macht, so daß der Zeiger nicht mehr genau auf die Ausgangsstelle der Beobachtung zurückgeht.
Beim Anlegen der Instrumente an einen zu untersuchenden Stab ist in erster Linie darauf zu achten, daß die Stellschrauben CD und C1D1 zur Berührung mit der Kante des Stabes kommen. Dann werden zuerst die Klemmschrauben AB kräftig mit Hilfe des größeren Schlüssels (in Abb. 238 auf der Klammer B[266] sitzend) angezogen. Sodann wird durch Rechtsdrehen des Griffes E der bewegliche Zeiger ungefähr in die Mitte der Teilung gebracht und der feste Stellzeiger über den beweglichen gestellt. Hierauf wird die Stellschraube C mäßig angezogen, wobei sich der bewegliche Zeiger nach links verstellt; mit dem kleinen Schlüssel wird jetzt die Stellschraube C1 so weit rechts herumgedreht, bis der bewegliche Zeiger wieder auf den festen zurückgekommen ist. Genau in der gleichen Weise verfährt man bei der Befestigung der rechts angeordneten Klammer. Es soll dadurch vermieden werden, daß durch ungleichmäßiges Anziehen der Stellschrauben eine Neigung zum Verdrehen in die Klammern gebracht wird. Zum Schlüsse wird die Schraube F festgezogen.
Bei oftmaliger Benutzung des Instrumentes ist darauf zu achten, daß von Zeit zu Zeit die Schrauben CD C1D1 und E zurückgeschraubt werden. Die letztere regelt die Länge des Meßstabes. Will man eine kleinere Länge als 20 cm nehmen, so wird die Schraube D entfernt und durch die Schraube D1 oder C1 ersetzt, die keinen Kopf besitzt. Aus σ = Δ l ∙ E/l ergibt sich, daß einer Verlängerung der Meßlänge von 20 cm um 0∙01 cm eine Spannung von 0∙01 E/l, d.h. von σ = 1 t/cm2 für Schweißeisen entspricht. Die Längenänderung von 0∙01 cm ist aber auf der Teilscheibe durch 10 ganze Teile dargestellt, da die Vergrößerung eine tausendfache ist; folglich stellt ein Teil eine Spannungsänderung von 100 kg/cm2 dar und die Unterabteilungen geben 20 kg an. Benutzt man bei Flußeisen eine Meßlänge von 21 bis 21∙5 cm, so geben die Ablesungen am Zeiger wieder unmittelbar die Spannungen.
Zu erwähnen wären noch D. von Strohmeyer, Kennedy, Thomasset-Veritas, Hartig-Reusch, Pohlmeyer, Mohr-Martens, Fairbantes und Cie., Delaloë sowie die Spiegelvorrichtungen von Bauschinger und von Martens.
Literatur: Hb. d. Ing. W., IV. Bd., XVII. Kap. 1889. Organ 1890. Schwz. Bauztg., Bd. XXXV, Nr. 5, 6 u. 7.
Nowak.
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