Gepäckabfertigung

[281] Gepäckabfertigung (luggage registration; enregistrement des bagages; spedizione bagagli).


Inhalt: I. Abfertigung in den Ländern des europäischen Festlandes. – 1. Annahmestellen. 2. Prüfung der Annahmefähigkeit im allgemeinen. 3. Verpackung. 4. Entfernung älterer Post- und Eisenbahnzeichen. 5. Adresse. 6. Zeit der Auflieferung. 7. Vorweisung der Fahrkarte, Bestimmungsstation des Gepäcks. 8. Feststellung des Gewichts. 9. Ausfertigung der Begleitpapiere und Beklebung der Gepäckstücke. 10. Erhebung der Fracht. 11. Verladung und Übergabe des Gepäcks an den Zugbeamten. 12. Mitnahme unabgefertigten Gepäcks. 13. Nachsendung von Gepäck. 14. Obliegenheiten des Packmeisters während der Fahrt. 15. Übergabe des Gepäcks vom Zuge an die Station. 16. Auslieferung des Gepäcks an den Reisenden. 17. Behandlung von Gepäck, das nicht rechtzeitig bezogen wird, Lagergeld, Verkauf von unanbringlichem Gepäck. 18. Fehlendes, überzähliges oder beschädigtes Gepäck. 19. Kassen- und Rechnungsführung. – II. Abfertigung in England und Amerika. – 1. In England. 2. In den Vereinigten Staaten von Amerika.


G. im engeren Sinn umfaßt die bahnamtlichen Verrichtungen, die mit der Annahme von Gepäck zur Beförderung verbunden sind. In weiterem Sinn fallen unter diesen Begriff alle bahnamtlichen Verrichtungen, die mit dem Gepäckbeförderungsdienst zusammenhängen.

Das Gepäck wird in den Ländern des europäischen Festlandes überall ungefähr auf die gleiche Weise abgefertigt; wesentlich verschieden hiervon ist die Abfertigung in England und in Amerika.


I. Abfertigung in den Ländern des europäischen Festlandes.


1. Annahmestellen. Gewöhnlich wird das Gepäck bei den Gepäckexpeditionen (Gepäckabfertigungen) der Stationen aufgegeben. Daneben fertigen in großen Städten mitunter besondere bahnamtliche Stadtbureaus, ferner Reise- und Auskunftsbureaus sowie Gasthöfe auf Grund von Abmachungen mit der Bahn Gepäck ab und besorgen gleichzeitig seine Beförderung zum Bahnhof. Andererseits kommt es auf Nebenbahnen vor, daß die Abfertigung des Gepäckes am Gepäckwagen durch den Zugführer erfolgt. Ebenso wird auf Haltestellen, die nicht für die Gepäckabfertigung eingerichtet sind, Gepäck unter Vorbehalt nachträglicher Abfertigung angenommen.

2. Prüfung der Annahmefähigkeit im allgemeinen. Die Entscheidung, ob die Abfertigung als Reisegepäck zulässig ist, bleibt dem sachverständigen Ermessen der annehmenden Beamten überlassen. Diese sind gewöhnlich angewiesen, dem Publikum möglichst entgegenzukommen.

3. Verpackung. Das Reisegepäck muß sicher und dauerhaft verpackt sein. Unverpacktes oder mangelhaft verpacktes Gepäck kann zurückgewiesen werden. Wird es gleichwohl als zur Beförderung geeignet angenommen, so wird von den Annahmebeamten ein Vermerk (»Unverpackt« oder »Verpackung mangelhaft«) auf den Gepäckschein gesetzt. Die Annahme des Gepäckscheins mit dem Vermerke gilt in Deutschland, Österreich und Ungarn als Anerkennung des festgestellten Zustandes. Andere Bahnen (z.B. die französischen) verlangen von den Reisenden bei der Aufgabe eine Bestätigung durch Unterschrift. Unverpackte Fahrräder pflegen bei allen Bahnen gegen Anerkennung des Mangels der Verpackung angenommen zu werden.

4. Entfernung älterer Post- und Eisenbahnzeichen. Die Reisenden sind verpflichtet, ältere Beförderungszeichen von den Gepäckstücken zu entfernen (§ 31 EVO. und Eis.-Betr.-Regl.). Unterlassen sie dies, so kann deren Entfernung bei der Aufgabe verlangt werden. Geschieht dies nicht und wird das Gepäck infolge der irreführenden Bezettelung verschleppt, so wird dadurch nach der in Deutschland herrschenden Rechtsauffassung an der Haftung der Bahn nichts geändert. In der Schweiz ist durch § 29 des Transportreglements bestimmt, daß die Bahn in solchen Fällen nicht haftet; die gleiche Rechtsauffassung herrscht auch in anderen Ländern.

5. Adresse. In Deutschland, Österreich und Ungarn ist die Angabe einer Adresse auf dem Gepäck nicht vorgeschrieben. In der Schweiz wird den Reisenden empfohlen, ihr Gepäck mit Adresse zu versehen (§ 32 Transportreglement). In Belgien ist eine lesbare Adresse vorgeschrieben. Auch in Frankreich und Italien soll das Gepäck eine Adresse tragen; jedoch pflegt Gepäck ohne Adresse nicht zurückgewiesen zu werden.

6. Zeit der Auflieferung. Das Gepäck muß, um mit einem bestimmten Zug befördert zu werden, innerhalb der hierfür festgesetzten Fristen aufgeliefert werden. In Deutschland, Österreich und Ungarn kann die Annahme von Gepäck abgelehnt werden, das nicht spätestens 15 Minuten vor Abgang des Zuges auf geliefert wird. In der Schweiz wird die Beförderung von Gepäck nicht gewährleistet, wenn[281] es nicht mindestens 10 Minuten vor Abgang des Zuges aufgegeben ist. Auch in den anderen europäischen Ländern (Belgien, Frankreich, Italien u.s.w.) bestehen teils in den Gesetzen und Verordnungen, teils in den Tarifen ähnliche Vorschriften. Alle Fristen haben indessen lediglich den Zweck, unbilligen Anforderungen und Entschädigungsansprüchen der Reisenden entgegentreten zu können. Für die abfertigenden Beamten gilt wohl überall die Dienstvorschrift, daß sie Gepäck solange abzufertigen haben, als dessen Mitnahme noch möglich ist, ohne den Abgang der Züge über die fahrplanmäßige Zeit aufzuhalten. In dringenden Fällen wird mitunter Gepäck ausnahmsweise auch unter Vorbehalt späterer Abfertigung unabgefertigt mitgenommen. (S. Ziff. 12.)

7. Vorweisung der Fahrkarte, Bestimmungsstation des Gepäcks. In Deutschland ist die Fahrkarte, sobald Gepäck aufgegeben, vorzuzeigen und dadurch zu kennzeichnen, daß auf der Rückseite der Gepäckstempel aufgedruckt wird. Erfolgt die Abfertigung nicht nach der Zielstation der Fahrkarte, sondern nach einer Zwischenstation, so ist diese neben dem Gepäckstempel zu vermerken. Bei den österreichischen und ungarischen Bahnen ist das gleiche Verfahren nur für Fahrausweise vorgeschrieben, auf die Freigewicht gewährt wird.

In den Niederlanden und der Schweiz kann die Vorweisung der Karte verlangt werden.

Bei Bahnen, die Freigepäck gewähren (Frankreich, Rußland u.s.w.), muß die Karte bei Aufgabe des Gepäcks vorgewiesen werden.

Direkte Gepäckabfertigung kann im allgemeinen nur nach solchen Stationen verlangt werden, nach denen die Tarifentfernungen bekannt sind oder direkte Gepäcksätze bestehen. Fällt bei Bahnen mit Freigepäck das Gepäck in die Freigewichtsgrenze, so kann es naturgemäß überallhin abgefertigt werden, wohin der Reisende fährt. Ebenso kann in Deutschland Gepäck der Vorstufe (25 kg zu jeder Fahrkarte) auch nach solchen Stationen durchgehend abgefertigt werden, nach denen keine Gepäckzonensätze bestehen, wenn nur mit anderen Mitteln (Kursbuch u. dgl.) festgestellt werden kann, welche der 3 Vorstufenzonen Anwendung findet. Die Abfertigung von Gepäck, dessen Gewicht die Vorstufe übersteigt, nach solchen Stationen, für die keine Gepäcksätze bestehen, geschieht auf dem Wege des sogenannten »Umbehandlungsverfahrens«, wobei die sonst durch gebrochene Abfertigung bei Zonentarifen eintretenden Verteuerungen vermieden werden.

8. Feststellung des Gewichts. Das Gepäck wird in der Regel vor der Abfertigung verwogen. In Österreich und Ungarn ist die Verwiegung obligatorisch; in Deutschland kann sie unterbleiben, wenn die abfertigenden Beamten durch den Augenschein die Überzeugung gewinnen, daß das Gewicht des Gepäcks die Vorstufe nicht übersteigt. In Ländern mit Freigepäck pflegt das gleiche für Gepäck zu gelten, dessen Gewicht offensichtlich innerhalb der Freigewichtsgrenze bleibt.

Die Verwiegung geht in der Regel in der Weise vor sich, daß das Gepäck von der Gepäckbank auf die Wage geschoben wird. Der Wiegemeister ruft sodann dem Gepäckbeamten am Schalter die zu einer Sendung gehörige Zahl der Stücke, ihr Gewicht und die Bestimmungsstation zu; auch gibt er diesem, wenn es sich um Anrechnung von Freigewicht oder der Vorstufe in Deutschland handelt, die Zah der vorgezeigten Fahrkarten an.

9. Ausfertigung der Begleitpapiere und Beklebung der Gepäckstücke. Bei der Aufgabe von Gepäck wird dem Reisenden ein Gepäckschein übergeben. Zu dem Gepäckschein gehören ein Stamm, die Packmeisterkarte und eine Anzahl von Beklebezetteln. Der Stamm bleibt bei der Gepäckabfertigung zurück, den Schein erhält der Reisende als Ausweis, die Packmeisterkarte wird dem Zugbeamten als Begleitzettel mitgegeben und die Beklebezettel dienen zur Bezeichnung der Gepäckstücke.

Stamm und Gepäckschein sind häufig gleichlautend und werden im Durchschreibeverfahren hergestellt. Die Packmeisterkarte ist entweder gleichfalls eine Pause des Gepäckscheins oder wird, wie z.B. in Preußen, besonders – ohne Angabe der Fracht – ausgefertigt.


Die Gepäckscheine sollen – sei es im Vordruck, sei es handschriftlich – außer ihrer Ordnungsnummer und der Firma der Eisenbahnverwaltung enthalten:

a) die Abgangs- und Bestimmungsstation,

b) den Beförderungsweg,

c) den Tag der Aufgabe und den Zug, zu dem das Gepäck aufzugeben ist,

d) die Anzahl der Fahrausweise,

e) die Anzahl und das Gewicht der Gepäckstücke, eventuell nach Abzug des Freigewichts,

f) die Fracht und etwaige Nebengebühren für Versicherung des Interesses an der Lieferung etc.

Die Beklebezettel werden in Deutschland erst im Augenblicke der Abfertigung von den übrigen Papieren (Gepäckschein und Packmeisterkarte nebst Stamm) abgetrennt. Bei den österreichischen und ungarischen Bahnen werden sie lose aufbewahrt und bestehen vielfach aus 2 Teilen, dem Nummerzettel mit der Nummer des Gepäckscheins und dem Stationszettel mit dem Namen der Abgangs- und Bestimmungsstation.

Die Beklebezettel enthalten in Deutschland neben der Ordnungsnummer des Gepäckscheins und den Namen der Abgangs- und Bestimmungsstation, soweit dies nötig ist, noch den Beförderungsweg sowie, falls mehrere Stücke auf denselben Gepäckschein aufgegeben sind, deren Anzahl.[282]

In Österreich und Ungarn steht, wenn der Beklebezettel aus 2 Teilen besteht, die erstere Angabe auf dem Stationszettel, die letztere Angabe, die nur für den direkten Verkehr mit anderen Bahnen vorgeschrieben ist, dagegen auf dem Nummerzettel.

Neben den Hauptbeklebezetteln kommen noch andere Beklebezettel für besondere Verhältnisse vor, z.B. im Verkehr mit großen Städten (Berlin, Dresden, Hamburg u.s.w.) Farbige Zettel mit Angabe des Empfangsbahnhofs, für Gepäckstücke, die unter Zollverschluß befördert werden, rote oder grüne Zettel mit der Aufschrift »Zollgut« u.s.w.


Die Ausfertigung der Begleitpapiere erfolgt in der Regel in der Weise, daß der Beamte am Schalter, nachdem ihm der Wiegemeister die erforderlichen Angaben gemacht hat, die Papiere ausschreibt und dem Reisenden. den Gepäckschein gegen Bezahlung der Fracht aushändigt. In Deutschland erhält der Wiegemeister von dem Beamten am Schalter auch die vom Gepäckschein abzutrennenden Beklebezettel. In Österreich und Ungarn sucht sich der Wiegemeister aus den von ihm verwalteten Beständen die passenden Stations- und Nummerzettel aus.

Wenn es sich um Sendungen handelt, die als Freigepäck gehen, wird vielfach der Gepäckbeamte am Schalter gar nicht in Anspruch genommen. Ein ähnliches Verfahren, das sogenannte »vereinfachte Gepäckabfertigungsverfahren«, besteht bei den deutschen Bahnen für Sendungen, die innerhalb der Vorstufe verbleiben und daher entweder 0∙20 oder 0∙50 oder 1 M. kosten. Für diese Sendungen werden besondere geldwerte Scheine ausgegeben, deren Inhalt einschließlich des Preises – in dem Binnenverkehr kann der Name der Bestimmungsstation auch handschriftlich eingetragen werden – vorgedruckt ist. Die genannten Scheine werden sofort an der Gepäckbank dem Reisenden gegen Bezahlung der Fracht behändigt und von den Gepäckabfertigungsstellen in ähnlicher Weise verwaltet und verrechnet, wie die Fahrkarten von den Fahrkartenausgaben.


Der Gepäckschein wird in der Schweiz »Empfangschein« genannt. Die Packmeisterkarte heißt bei manchen Bahnen auch »Begleitschein«.


Für den Bereich des VDEV. ist durch die gemeinsamen Abfertigungsvorschriften ein einheitliches Muster vorgeschrieben. Auch für den internationalen Verkehr ist unter den bedeutendsten Bahnen von Mitteleuropa ein einheitliches Gepäckscheinmuster vereinbart. Der Entwurf des IÜ. über die Beförderung von Personen und Reisegepäck enthält in Art. 11 gleichfalls ein solches Muster und bestimmt, daß die Gepäckscheine entweder in deutscher und französischer Sprache oder in einer dieser Sprachen und der Sprache der Abgangsverwaltung hergestellt sein sollen. In Nachbarverkehren ist zugelassen, daß die Gepäckscheine entweder nur in deutscher oder nur in französischer oder nur in der amtlichen Sprache der Abgangsstation hergestellt sind.


In Belgien und Frankreich sind die Ausdrücke für die Gepäckabfertigungspapiere:

a) souche (Stamm);

b) bulletin (Gepäckschein);

c) talon, feuille de route (Packmeisterkarte);

d) étiquette (Beklebezettel).

Bei den französischen Bahnen ist zur Beschleunigung des Geschäftsganges ein neuerdings namentlich von der P. L. M. ausgebildetes Verfahren in Gebrauch, wonach der Reisende bei der Verwiegung ein vorläufiges Abfertigungspapier (fiche provisoire) erhält, das er nach Lösung der Fahrkarte am Gepäckschalter gegen den Gepäckschein umtauscht. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, daß der Reisende sein Gepäck aufgeben kann, sowie er den Bahnhof betritt, und daß er die Zeit, die er sonst auf die Ausschreibung des Gepäckscheins warten müßte, zur Lösung der Fahrkarte verwendet. Die Fahrkarten zeigt er alsdann erst bei der Einlösung des Gepäckscheines vor.

Die italienischen Ausdrücke sind:

a) matrice (Stamm);

b) scontrino (Gepäckschein);

c) foglio di via (Packmeisterkarte);

d) cartellino (Beklebezettel).


10. Erhebung der Fracht. Bei Ausfertigung des Gepäckscheins ist die Fracht einzuziehen. Der Fall, daß die Fracht nicht sogleich bei Aufgabe des Gepäcks bar bezahlt wird, kommt nur ausnahmsweise, namentlich bei Militärgepäck, vor.

11. Verladung und Übergabe des Gepäcks an den Zugbeamten. Das Gepäck wird von der G. mit Gepäckkarren zum Zug gebracht und dort unter Mitwirkung des Gepäckschaffners (Packmeisters) verladen. Letzterer übernimmt es an der Hand der Packmeisterkarten (Begleitscheine). Hierbei ist die Zahl der Gepäckstücke durch lautes Zählen festzustellen; auch hat sich der Gepäckschaffner von dem Zustand und der Bezettelung der Gepäckstücke zu überzeugen sowie vorkommende Unregelmäßigkeiten mit dem übergebenden Beamten gemeinsam festzustellen. Etwaige Beschädigungen hat der übergebende Beamte auf der Packmeisterkarte oder, wenn nach Bestimmung der Verwaltung Gepäckquittungsbücher oder Übergabeverzeichnisse geführt werden, in diesen anzuerkennen. Solche Bücher oder Verzeichnisse waren früher allgemein gebräuchlich; heute werden sie von den meisten großen Eisenbahnverwaltungen für entbehrlich gehalten. Denn die Übergabe am Zuge vollzieht sich regelmäßig in solcher Eile, daß kaum Zeit genug übrig ist, um die Gepäckstücke oberflächlich mit den Begleitpapieren zu vergleichen; auch dauert die Abfertigung am Gepäckschalter stets bis unmittelbar vor Abfahrt des Zuges an, so daß Quittungsbücher oder Verzeichnisse da, wo sie vorgeschrieben[283] sind, meist nur in höchster Eile und flüchtig ausgefüllt und nachgeprüft werden können. Anerkenntnisse in diesen Büchern und Verzeichnissen bilden infolgedessen keinen sicheren Beweis dafür, daß die Vorgänge in Wirklichkeit sich so zugetragen haben, wie sie bescheinigt sind.

Bei den deutschen Bahnen wird im allgemeinen nur über solches Gepäck quittiert, das sich unter Zollverschluß befindet, u.zw. nicht nur an der Zollgrenze, sondern auch innerhalb des Zollgebiets bei Wechsel der Packmeister oder bei Übergabe zwischen Packmeister und G. Dagegen wird selbst über Gepäck, bei dem das Interesse an der Lieferung angegeben ist, keine Quittung geleistet; es besteht lediglich die Vorschrift, daß solches Gepäck, ebenso wie um- oder nachzubehandelndes Gepäck (vgl. Ziffer 12) dem Packmeister und von diesem wieder dem nächsten Packmeister oder der G. der Empfangsstation bei der Übergabe besonders zu bezeichnen ist.

Bei den übrigen Bahnen bestehen ähnliche Vorschriften. Für Gepäcksendungen unter Zollverschluß sowie für Wertsendungen pflegt ausdrückliche Quittungsleistung vorgeschrieben zu sein. Auch an den Zollgrenzen wird in der Regel zwischen der in- und der ausländischen Eisenbahnverwaltung besonders Quittung geleistet.

Die österreichischen und ungarischen Bahnen fertigen bei jedem Übergang auf das Netz einer anderen Verwaltung sog. Übergangsverzeichnisse aus. Diese werden von den Packmeistern im Durchschreibverfahren hergestellt. Die übernehmende Stelle der anderen Verwaltung bestätigt den Empfang auf dem dem Übergeber verbleibenden Exemplare.

12. Mitnahme unabgefertigten Gepäcks. Die Gepäckabfertigungen und Stationen sind befugt, dem Packmeister Gepäck, dessen Abfertigung wegen Zeitmangels unterblieben ist, unabgefertigt mitzugeben. Dagegen pflegt es dem Packmeister nicht gestattet zu sein, solches Gepäck selbständig unmittelbar von den Reisenden zu übernehmen.

Über die Behandlung unabgefertigt mitgehenden Gepäcks bestehen bei den meisten Bahnen in ihren Grundzügen übereinstimmende Vorschriften. Das Gepäck wird von dem Packmeister vorläufig abgefertigt (sog. Notabfertigung) und dann auf einer Zwischenstation oder, wie bei den deutschen Bahnen stets erst auf der Bestimmungsstation unter Einziehung der Fracht endgültig behandelt.

Bei den deutschen Bahnen ist durch eine Reihe von Vorschriften sichergestellt, daß die Abgangsstation sorgfältig darüber wacht, ob die nachträgliche Abfertigung auch tatsächlich geschieht.

13. Nachsendung von Gepäck. Anträgen auf Nachsendung nicht abgehobenen Gepäcks wird von den meisten Bahnen entsprochen. Die Nachsendung erfolgt bei den deutschen Bahnen, wenn der Reisende nichts anderes (z.B. die Nachsendung als Eil- oder Frachtgut) bestimmt hat, in ähnlicher Weise wie die Mitnahme unabgefertigten Gepäcks mit der Maßgabe, daß die vorläufigen Abfertigungspapiere nicht durch den Packmeister, sondern durch die Station ausgestellt werden, wo das Gepäck lagert.

14. Obliegenheiten des Packmeisters während der Fahrt. Der Packmeister hat die Gepäckstücke zu übernehmen und für ihre zweckmäßige und sichere Verladung zu sorgen. Das Gepäck muß in dem Gepäckwagen derart geordnet werden, daß die auf den Zwischenstationen auszuliefernden Stücke ohne Aufenthalt und ohne daß ein Umschichten des übrigen Gepäcks nötig wird, herausgegeben werden können. Während der Fahrt muß der Packmeister die ihm anvertrauten Beförderungsgegenstände beaufsichtigen.

15. Übergabe des Gepäcks vom Zug an die Station. Die Übergabe des Gepäcks von einem Packmeister an den anderen sowie an die G. der Zielstation erfolgt in gleicher Weise wie die erste Übergabe von der G. der Abgangsstation an den ersten Packmeister.

Es ist Sache der G. der Zielstation, dafür zu sorgen, daß sich bei Ankunft der Züge ausreichendes Personal zur Übernahme des ankommenden Gepäcks beim Gepäckwagen einfindet.

16. Auslieferung des Gepäcks an den Reisenden. Das Gepäck wird an den Reisenden gegen Rückgabe des Gepäckscheins ausgeliefert. In der Regel findet die Auslieferung im Geschäftsraum der G. der Bestimmungsstation statt. Auf Stationen ohne eine solche Stelle haben die Reisenden ihr Gepäck am Zug abzunehmen, widrigenfalls es nach einer den deutschen, österreichischen und ungarischen Bahnen gemeinsamen Vorschrift bis zur nächsten Station, an der sich eine G. befindet, unter Frachtberechnung durchgeführt wird. Bei vielen (darunter den deutschen) Bahnen wird das Gepäck aber auch da, wo eine G. vorhanden ist, auf Wunsch des Reisenden schon am Gepäck wagen ausgehändigt, wenn Zeit und Umstände sowie Zoll- und Steuervorschriften es gestatten.[284]

Ebenso kann der Reisende bei den deutschen, österreichischen, ungarischen und vielen anderen Bahnen verlangen, daß ihm das Gepäck, wenn Zeit und Umstände es erlauben und keine Zoll, Steuer- oder Polizeivorschriften entgegenstehen, gegen Vorzeigung der Fahrkarte und Rückgabe des Gepäckscheins auf der Aufgabestation zurückgegeben oder auf einer Zwischenstation ausgeliefert wird. Im letzteren Falle hat der Reisende den Gepäckschein dem Packmeister auszuhändigen, der ihn an Stelle des Gepäcks auf der Bestimmungsstation mitabzugeben hat. Eine Erstattung der Gepäckfracht für die nicht benutzte Teilstrecke kann nicht beansprucht werden.

Der Gepäckscheininhaber kann bei der Aushändigung die Verwiegung des Gepäcks verlangen. Ebenso kann er, wenn ihm das Gepäck nicht rechtzeitig ausgeliefert wird, verlangen, daß ihm auf dem Gepäckschein Tag und Stunde der Abforderung bescheinigt wird.

Auf größeren Stationen ist vielfach die Einrichtung getroffen, daß die Eisenbahn durch die Gepäckträger oder durch sonstige Unternehmer das angekommene Gepäck in die Stadt (auch abzufertigendes Gepäck zum Bahnhof) bringen läßt. Diese Transporte geschehen in der Regel unter ausschließlicher Verantwortlichkeit der Gepäckträger oder Unternehmer, die dafür nach einem von der Eisenbahn genehmigten Tarif Gebühren erheben.

Wird der Gepäckschein nicht beigebracht, so ist die Eisenbahn zur Auslieferung des Gepäcks nur verpflichtet, wenn die Empfangsberechtigung glaubhaft gemacht wird; auch kann Sicherheitsleistung verlangt werden.

Anträgen auf teilweise Rückgabe von Gepäck oder auf Erteilung der Erlaubnis, den Gepäckstücken einzelne Gegenstände entnehmen zu dürfen, wird in Deutschland entsprochen; auf Gepäckschein und Packmeisterkarte ist darüber Quittung zu leisten.

17. Behandlung von Gepäck, das nicht rechtzeitig bezogen wird, Lagergeld, Verkauf von unanbringlichem Gepäck. Wird das Gepäck nicht in der festgesetzten lagergeldfreien Zeit abgehoben, so geht der Frachtvertrag in einen Verwahrungsvertrag über. Nach Ablauf der lagergeldfreien Zeit ist die Eisenbahn berechtigt, für die Verwahrung das tarifmäßige Lagergeld (in Deutschland 20 Pf, bei den österreichischen Staatsbahnen 12 h für das Stück und je 24 Stunden) zu berechnen. Die lagergeldfreie Zeit beträgt in Deutschland und Österreich 24 Stunden nach Ankunft des Gepäcks.


Nahezu gleiche Bestimmungen gelten für die Eisenbahnen in Belgien, Italien und der Schweiz. In Belgien und Italien wird bei der Berechnung des Lagergeldes jeder Tag, während dessen die Aufbewahrung erfolgt, ohne Rücksicht auf die Stundenzahl des ersten und letzten Tages, voll gerechnet.

In Frankreich sind die Bestimmungen über die lagergeldfreie Zeit bei den einzelnen Eisenbahnverwaltungen verschieden; indessen ist diese meist sehr kurz bemessen (eine Stunde nach Ankunft des Zuges u. dgl.). Dagegen beträgt das Lagergeld für die ersten 3mal 24 Stunden nur je 5 Cts. für das Stück und steigt von da an täglich um 5 Cts. bis auf 20 Cts. täglich.


Ordnungsmäßig angekommenes Gepäck wird im Bereich des VDEV. als unanbringlich behandelt, wenn es 14 Tage nach Eingang nicht abgenommen ist. Es ist alsdann unter Beobachtung gewisser Formen zu öffnen und sein Inhalt festzustellen. Für die weitere Behandlung unanbringlichen Gepäcks gelten in Deutschland und in Österreich-Ungarn die gleichen Bestimmungen wie für unanbringliche Frachtgüter. Danach ist die Eisenbahn berechtigt, solches Gepäck, wenn sie es nicht auf Lager nehmen oder einem Spediteur auf Lager geben will, ohne Förmlichkeit bestmöglich, u.zw. Güter, die dem schnellen Verderben ausgesetzt sind, ohne Verzug, alle anderen Güter frühestens 4 Wochen nach Ablauf der lagergeldfreien Zeit zu verkaufen.


In Belgien und Italien besteht ebenfalls eine Verkaufsfrist von 6 Monaten für die schnellem Verderb nicht ausgesetzten Güter.

In Frankreich wird das Gepäck, wenn der Reisende es binnen 6 Monaten nicht abhebt, von Staatswegen verkauft. Der Eigentümer des Gepäcks hat das Recht, binnen 2 Jahren den Verkaufserlös zu beanspruchen. Nach Ablauf dieser Frist verfällt der Erlös nach Abzug der Lagerspesen u.s.w. dem Staat. Wenn das Gepäck der Gefahr des Verderbens ausgesetzt ist, kann die Bahn schon vor Ablauf der 6 Monate den Verkauf veranlassen.

In der Schweiz hört nach § 35 des Transportreglements, wenn das Gepäck nicht innerhalb 30 Tagen abgenommen ist, der Bezug des Lagergeldes auf. Die Bahn hat alsdann das Gepäck bei sich selbst oder bei einem Dritten auf Gefahr und Kosten des Berechtigten ein Jahr aufzubewahren oder aufbewahren zu lassen. Nach Ablauf des Jahres ist die Bahn berechtigt, das Gepäck amtlich zu gunsten des Berechtigten versteigern zu lassen. Sind die Gepäckstücke dem Verderben ausgesetzt oder deckt ihr mutmaßlicher Wert nicht die Lagerkosten, so können sie sofort amtlich oder außeramtlich verkauft werden. Das beim außeramtlichen Verkauf zu beobachtende Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen über den Verkauf von Frachtgütern (§ 78 des Transportreglements).

In Rußland ist über Gepäck, das nicht innerhalb 24 Tagen nach Ankunft abgenommen wird, eine dreimalige Bekanntmachung in den Zeitungen zu erlassen. Wenn binnen 4 Monaten nach der letzten Bekanntmachung die Abnahme nicht erfolgt, wird das Gepäck öffentlich verkauft. Der Verkaufserlös wird nach Abzug der Unkosten und Bahngebühren zinsbar angelegt und verfällt, falls der Berechtigte ihn binnen Jahresfrist seit der letzten Bekanntmachung nicht erhebt, zu gunsten der Pensions- und Unterstützungskasse der betreffenden Eisenbahn.


[285] 18. Fehlendes, überzähliges oder beschädigtes Gepäck. Wenn Gepäckstücke fehlen, beschädigt eingehen oder überzählig sind, ist im Bereich des VDEV. nach den »Vorschriften über das Ermittlungsverfahren bei beschädigten oder mit Minderung vorgefundenen sowie bei fehlenden und überzähligen Gepäckstücken und Gütern (Ermittlungsvorschriften, abgekürzt: Erm. V.)« zu verfahren. Bei Feststellung von Beschädigungen oder Gewichtsverminderungen ist alsbald zu einer formularmäßigen »Tatbestandsaufnahme« zu schreiten. Nach fehlendem Gepäck ist sofort zu forschen; auch ist, falls es binnen 3 Tagen nicht aufgefunden wird, bei der zuständigen Ausgleichstelle Fehlmeldung zu erstatten. Überzähliges Gepäck ist, falls der Empfangsberechtigte sich nicht meldet oder die andere Bestimmungsstation nicht ermittelt werden kann, spätestens nach 3 Tagen der Ausgleichstelle zu melden; auch kann es zur Feststellung seines Inhalts oder des Empfangsberechtigten nach den Vorschriften der einzelnen Verwaltungen geöffnet werden.

Ähnliche Bestimmungen bestehen auch außerhalb des VDEV.

19. Kassen- und Rechnungsführung. Die Kassen- und Rechnungsführung der G. hat den doppelten Zweck:

a) als Grundlage für die Kontrolle des Eingangs und der ordnungsmäßigen Ablieferung der Einnahmen zu dienen;

b) die Grundlagen für die Feststellung des Solls (Nachprüfung der Gebührenerhebung) und in den direkten Verfahren für die Abrechnung mit anderen Bahnen zu liefern.

Die Einnahmen der G. werden täglich oder in bestimmten Zeitabschnitten an eine größere Kasse, meist die Stationskasse, abgeliefert. An der Hand der Gepäckscheinstämme wird ein Buch mit einfachen Aufschreibungen geführt, in dem auch über die Ablieferungen quittiert wird. Dieses weist auch die Lagergelder und sonstigen Nebeneinnahmen nach. In Preußen heißt es das Gepäckeinnahmebuch; auf kleineren Stationen wird es nicht geführt, vielmehr genügt dort die periodische Aufrechnung der Gepäckscheinstämme und die Eintragung der Schlußergebnisse in das Stationskassenbuch.

Dem Zwecke der Sollfeststellung (Gebührennachprüfung) und in den direkten Verkehren der Abrechnung, dienen die Gepäckrechnungen (auch Monatsrechnungen oder Monatsübersichten genannt). Im Binnenverkehr können diese Rechnungen, da sie ausschließlich für Zwecke der Sollfeststellung eingerichtet zu sein brauchen, sehr einfach gehalten sein. Das gleiche ist neuerdings in Deutschland auch für den Verkehr der deutschen Staatseisenbahnen untereinander und mit der Lübeck-Büchener Eisenbahn der Fall, weil die Gepäckeinnahmen aus dem Verkehr zwischen diesen Bahnen nicht mehr einzeln abgerechnet, sondern nach Verhältniszahlen verteilt werden. Die Verteilung erfolgt für jeden Abgangsbezirk (Kontrollbezirk) besonders; die Verhältniszahlen sollen von Zeit zu Zeit nachgeprüft werden. Die Vereinbarung, die diesem Verfahren zu gründe liegt, heißt »die deutsche Gepäckeinnahmegemeinschaft«.

Mit den Rechnungen werden den Kontrollen die Stämme vorgelegt, desgleichen die abgenommenen Gepäckscheine und Packmeisterkarten, die, wenn die Abrechnung durch die Kontrolle der Versandbahn erfolgt, dieser letzteren übersandt werden.

Besondere Vorschriften, die den Kassen- und Rechnungsvorschriften der Fahrkartenausgaben ähneln, bestehen in Deutschland für die geldwerten Gepäckscheine des sog. »vereinfachten Gepäckabfertigungsverfahrens«, s. Ziffer 9.

Bei den österreichischen Staatsbahnen dienen die Stämme der Gepäckscheine als Grundlage der Gebührenverrechnung. Diese erfolgt getrennt für den Lokal- sowie für den inländischen und für den ausländischen Verkehr. In den Rechnungen sind die Gebühren für jede Bahn getrennt einzustellen. Alle verwendeten Gepäckscheine sind täglich einzeln in die Rechnungen einzutragen. Der Abschluß der Gepäckrechnungen erfolgt sofort nach Ablauf des Monats, worauf sie samt Belegen an die Kontrolle geleitet werden.


II. Abfertigung in England und Amerika.


1. England. Auf den englischen Bahnen geschieht die Gepäckbeförderung ohne Aushändigung eines Gepäckscheins. Der Reisende übergibt sein Gepäck einem der von der Bahn angestellten Gepäckträger (porter), der es nach Vorzeigung der Fahrkarte mit einem Zettel (label) beklebt, auf dem der Name der Bestimmungsstation steht. Auf der Bestimmungsstation geht der Reisende an den Gepäckwagen und erhält dort ohne Legitimation sein Gepäck zurück. Diese Art der G. setzt voraus, daß der Reisende sich selbst in dem Zuge befindet, mit dem das Gepäck befördert wird. Sie setzt ferner voraus, daß die Gepäckbeförderung in der Regel unentgeltlich erfolgt, was bei dem hohen Freigepäck, das die englischen Eisenbahngesellschaften gewähren, in der Tat der Fall ist. Verwogen wird das Gepäck in der Regel nicht (vgl. Gepäcktarife).

Benutzt der Reisende andere Züge als sein Gepäck, so wird dieses nach der Aufschrift[286] auf dem Beklebezettel an der Bestimmungsstation ausgeladen und in die Gepäckaufbewahrungsstelle (cloak room, left luggage room) gebracht; wo es der Reisende abholen kann. Dabei besteht natürlich die Gefahr, daß das Gepäck von Unbefugten abgenommen wird. Doch sollen Vorkommnisse dieser Art, die strenge strafrechtliche Ahndung finden, ziemlich selten sein. Immerhin geben aber manche Eisenbahngesellschaften dem Reisenden die Möglichkeit, in solchen Fällen sein Gepäck gegen eine geringe Gebühr (six pence) einschreiben zu lassen; das Gepäck wird alsdann durch die Gepäckaufbewahrungsstelle der Bestimmungsstation nur gegen Rückgabe der Einschreibequittung ausgehändigt.

Die Haftung der Eisenbahngesellschaften beginnt mit dem Augenblick des Abschlusses des Frachtvertrages. Dieser gilt als abgeschlossen, wenn die Fahrkarte gelöst, das Gepäck dem Gepäckträger übergeben und von diesem mit dem »label« beklebt ist. Der Reisende hat die Richtigkeit der Beklebung selbst zu prüfen und er ist für allen Schaden, der aus einer unrichtigen Beklebung entsteht, verantwortlich. Geht ein Gepäckstück verloren, so hat der Reisende den nach Lage der Sache schwierigen Beweis zu erbringen, daß er sein Gepäckstück in ordnungsmäßigem Zustand zur Beförderung aufgegeben hat.

Im direkten Verkehr mit dem Festland von Europa haben die englischen Bahnen das dort übliche Gepäckabfertigungsverfahren angenommen.

2. Vereinigte Staaten von Amerika. In den Vereinigten Staaten von Amerika – und nach dem Vorbild der dortigen auch bei anderen amerikanischen Bahnen – bildet die frachtfreie Beförderung des Gepäcks ebenfalls die Regel. Das Freigepäck (durchschnittlich 60–70 kg für die Person) ist so hoch, daß Verwiegungen in der Regel nicht vorgenommen werden, weil der Augenschein die Frachtfreiheit dartut. Die Abfertigung erfolgt dadurch, daß eine Nummermarke an dem Gepäckstück befestigt wird, während der Reisende gleichzeitig eine ebenso bezeichnete Marke erhält. Die beiden Marken (Schecks) waren ursprünglich durchweg aus Metall und wurden an einem Lederriemen beieinander hängend aufbewahrt. Nachdem der Reisende seine Marke erhalten, wurde die andere an dem Gepäckstück mit dem Lederriemen befestigt; Marken und Lederriemen wurden nach Gebrauch der Abgangsstation zurückgesandt. Um diese Rücksendungen zu vermeiden und die Kosten zu ersparen, die durch den Verschleiß und durch das Sortieren sowie das überaus häufige Verschwinden von Marken und Lederriemen entstanden, sind die amerikanischen Bahnen vielfach dazu übergegangen, statt der Blechmarken Marken aus stärkerem Papier oder aus Pappe sowie statt der Lederriemen Bindfaden zu verwenden. Das Muster eines doppelteiligen, für den Verkehr mit anderen Bahnen bestimmten Schecks aus Pappe der Pennsylvaniabahn folgt nachstehend in verkleinerter Abbildung. Der untere Teil des Schecks ist für den Reisenden bestimmt, der obere wird am Gepäckstück befestigt. (Vgl. Scheckmuster, Abb. 206.)

Von Interesse sind an diesem Muster insbesonders die Felder am unteren Ende des für den Reisenden bestimmten Schecks, die von den Gepäckbediensteten gelocht werden, um Art und Zustand des Gepäcks, insbesondere etwaige Mängel der Verpackung anzudeuten. In den Binnenverkehren sind die Schecks wesentlich einfacher.

Bei zahlungspflichtigen Abfertigungen werden Buchungen im Versand und Empfang geführt und Begleitpapiere ausgefertigt.

Voll verständlich wird das amerikanische Scheckabfertigungsverfahren erst, wenn man sich vergegenwärtigt, daß der Amerikaner nur[287] in den seltensten Fällen sein Gepäck selbst am Schalter des Bahnhofs aufgibt. Während die Reisenden in Europa ihr Gepäck meist selbst an die Bahnhöfe befördern, gibt es in Amerika nur wenig Droschken, und diese sind sehr teuer. Hotelwagen sind fast unbekannt. Infolgedessen trennt sich der Amerikaner in seiner Wohnung oder seinem Hotel von seinem Reisegepäck und legt den Weg zur Bahn zu Fuß oder mit der Straßenbahn zurück. Sein Gepäck übergibt er einer Expreßgesellschaft (s.d.) gegen Aushändigung einer Marke, die er am Bahnhof gegen die Marke der Eisenbahn eintauscht. Kurz vor der Zielstation erscheinen Bedienstete der Expreßgesellschaften im Zuge, die auf Verlangen die Beförderung des Gepäcks in die Wohnung des Reisenden übernehmen.

Für die Eisenbahnen hat das Verfahren den großen Vorteil, daß das mitzubefördernde Gepäck frühzeitig und in großen Massen auf den Bahnhöfen eintrifft, wodurch das Geschäft der Verladung einfacher und billiger wird.

Renaud.

Abb. 206.
Abb. 206.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 281-288.
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Robert Guiskard. Fragment

Robert Guiskard. Fragment

Das Trauerspiel um den normannischen Herzog in dessen Lager vor Konstantinopel die Pest wütet stellt die Frage nach der Legitimation von Macht und Herrschaft. Kleist zeichnet in dem - bereits 1802 begonnenen, doch bis zu seinem Tode 1811 Fragment gebliebenen - Stück deutliche Parallelen zu Napoleon, dessen Eroberung Akkas 1799 am Ausbruch der Pest scheiterte.

30 Seiten, 3.80 Euro

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Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

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Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

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