Kesselstein

[339] Kesselstein (scale, incrustation; incrustation, tartre, sediments, calcin; incrostazione nella caldaia), mineralische Niederschläge, die sich in Dampfkesseln beim Betrieb aus dem Kesselwasser abscheiden. Diese Niederschläge, die sich in mehr oder weniger starken Schichten von härterer oder lockerer Beschaffenheit an die Wandungen der Dampfkessel anhängen, vermindern die Wärmeabgabe aus dem Feuerraum an das Kesselwasser und bewirken hierdurch einen Mehraufwand an Brennmaterial; sie erzeugen oft örtliche Überhitzungen, sowie Formveränderungen der Kesselbleche und daher Schäden, die zu Kesselausbesserungen und Kesselerneuerungen führen. Auch in Hinsicht auf die persönliche Sicherheit ist K. zu fürchten, indem die Fälle nicht vereinzelt sind, in denen Dampfkessel infolge von bedeutender Kesselsteinbildung explodierten.

Die Frage der Bildung und Verhütung des K. hat daher für den Dampfkesselbetrieb außerordentliche Wichtigkeit.


Inhalt: 1. Art der Verunreinigungen des Wassers. 2. Kesselsteinbildung. 3. Ablagerung des K. Sein Einfluß auf die Rostbildung. 4. Einfluß des K. auf die Wirtschaftlichkeit. 5. Verhütung der Bildung des K.


1. Art der Verunreinigungen des Wassers. Kein natürlich vorkommendes Wasser ist vollkommen rein. Die Verunreinigungen des natürlich vorkommenden Wassers können sowohl chemischer als mechanischer Natur sein.


Wässer aus atmosphärischen Niederschlägen (Regen, Hagel, Schnee, Eis), die über Felder, in Gräben, Bächen und Flüssen ablaufen, sog. Tagwässer, enthalten mehr mechanisch verteilte, vom Boden abgeschwemmte, Quell- und Grundwässer dagegen mehr chemische gelöste Bestandteile.

Tagwässer sind daher, namentlich nach heftigen Regengüssen trüb und klären sich langsam, weil die abgeschwemmten tonigen Bestandteile der Bodenoberfläche in fein verteiltem Zustande abgeschwemmt und mitgenommen werden.

Quell- und Grundwässer dagegen sind gewöhnlich klar und durchsichtig, weil diese Art von Verunreinigungen auf ihrem langen Wege im Boden, bei der großen Menge der Berührungsflächen, bei der geringen Geschwindigkeit und großen Ausbreitung in demselben im Boden zurückbleiben.

Sie enthalten meist Karbonate des Kalziums und der Magnesia, welche Stoffe sich durch Auflösung des im Boden enthaltenen kohlensauren Kalkes und der kohlensauren Magnesia bei Gegenwart von Kohlensäure bilden.

Die Kohlensäure entsteht bei der Verwesung der organischen, im Boden enthaltenen Stoffe und wird durch das in die Tiefe hinabführende atmosphärische Wasser aufgenommen.

Auf demselben Wege gelangen weitere an der Oberfläche des Bodens durch Verwitterung aufgeschlossene oder unmittelbar gelöste Stoffe in den Boden und beeinflussen den chemischen Gehalt des Wassers.

Alle diese Wässer werden unter dem Sammelnamen Süßwasser zusammengefaßt. Im Gegensatz zum Meerwasser, welches wenig Karbonate, aber viel schwefelsauren Kalk (Gips) und auch schwefelsaure Magnesia (Bittersalz), Chlormagnesium und Kochsalz in wenig wechselnder Menge enthält und erst nach Destillation zur Kesselspeisung geeignet ist, enthalten die Süßwässer je nach der Beschaffenheit der geologischen Formation, der sie entstammen, mehr oder weniger Karbonate, schwefelsaure Magnesia und Gips. Die reinsten Süßwässer in chemischer Beziehung sind die aus kristallinischem Boden (Gneis, Glimmerschiefer, Granit etc.) kommenden Wässer.


2. Kesselsteinbildung. Infolge des Erhitzens des Wassers im Kessel werden die im heißen Wasser nicht löslichen Stoffe abgeschieden. Diese Abscheidung geschieht als schlammiger, kristallinischer oder als voluminöser Niederschlag.

Der schlammige Niederschlag stammt meist von den im Tagwasser mitgeführten suspendierten tonigen Beimengungen, der kristallinische Niederschlag von den im Tag- und Grundwasser enthaltenen an Kohlensäure oder Schwefelsäure gebundenen Kalksalzen (den Bikarbonaten des Kalkes und dem Gipse), der voluminöse Niederschlag von den beim Sieden von ihrer Kohlensäure befreiten Magnesiasalzen. Alle diese Niederschläge durchsetzen das Kesselwasser, fallen zu Boden oder hängen sich an die Wandungen an oder steigen auch an die Oberfläche des Wassers auf, wenn sie sehr voluminös sind.

Die kristallinischen Ausscheidungen bilden den eigentlichen harten K., der zumeist aus einfach-kohlensaurem Kalk oder Gips besteht. Der Hauptbestandteil der voluminösen Niederschläge ist die Magnesia in der Form einfacher kohlensaurer Magnesia oder Magnesiumhydroxyd mit organischen Substanzen vermischt.

Das von diesen Stoffen befreite Kesselwasser, das noch lösliche Verbindungen des Kalkes und der Magnesia enthält, die an Chlor, Salpetersäure, Schwefelsäure gebunden sind, gelangt dabei zu immer größerer Konzentration, die mit dem Fortschreiten der Verdampfung zunimmt, den Siedepunkt erhöht und zum sog. Spucken und dem Wasserreißen führt.

Aus diesem Grunde ist es nötig, das Kesselwasser zeitweilig abzulassen und den Kessel auszuwaschen.

Die Länge der Zeitabschnitte, in denen dieses Auswaschen zu geschehen hat, hängt von der Natur des Speisewassers ab. Bei Lokomotiven ist das Auswaschen nach je 600 bis 2000 Fahrtkilometer vorzunehmen, bei Stabilkesseln je nach der Dienstbeanspruchung und[339] der Beschaffenheit des Wassers alle 2 bis 6 Wochen.

In der Zwischenzeit wird man auch dadurch für eine wenigstens teilweise Erneuerung des Wassers sorgen, daß man in die Kessel in dem Maße frisches Wasser oben auffüllt, in dem man unten durch den Kesselablaßhahn Wasser ablaufen läßt.

Das Verhalten der K. bildenden Stoffe bei der Abscheidung derselben ist ein verschiedenes.


Niederschläge von kohlensaurem Kalk, die etwa noch vermengt sind mit den geringen im Wasser vorkommenden Mengen von Eisen- oder Aluminiumoxyd, werden als weiches Pulver ausgeschieden, das eine Zeitlang im Wasser schwebend erhalten bleibt. Solche Niederschläge lassen sich ohne Schwierigkeit durch rechtzeitige Reinigung des Kessels entfernen.

Schon bei 75° C geht ein Teil der halbgebundenen Kohlensäure der Kalksalze weg und fällt einfach kohlensaurer Kalk heraus. Beim schwefelsauren Kalke, dem Gips, nimmt die Löslichkeit mit steigendem Drucke und steigender Temperatur ab, so daß ein Wasser, das Gips enthält,


bei 100°und 0 Atm.88∙5° Härte
bei 145°und 3 Atm.20∙5° Härte
bei 166°und 6 Atm.16∙5° Härte
bei 180°und 9 Atm.10∙3° Härte
bei 190°und11 Atm. 8∙3° Härte

besitzt.

Die Gegenwart von schwefelsaurem Kalk bewirkt namentlich an den stark erhitzten Feuerrohren und Kesselplatten einen sehr harten Belag von K., indem der abgelagerte Gips sein Kristallwasser verliert und dadurch in Anhydrit übergeht.

Bei doppeltkohlensaurer Magnesia verflüchtigt sich zunächst die halbgebundene Kohlensäure und es bleibt kohlensaure Magnesia, die schwer löslich ist, im Kesselwasser. Bei höherer Temperatur und höherem Drucke zerlegt sie sich aber auch in Kohlensäure und Magnesiumoxydhydrat, das als K im Dampfkessel bleibt.

Die Niederschläge aus Magnesiasalzen sind sehr voluminös und hängen sich, wenn sie nicht an die Oberfläche gerissen werden, mit besonderer Zähigkeit an die Wände an, so daß sie ebenso wie Gipsniederschläge durch einfaches Auswaschen schwer entfernbar sind. Je größer der Gehalt eines K. an Magnesiumoxydhydrat ist, umsomehr verhindert solcher K. den Durchgang der Wärme.

Beim doppeltkohlensauren Eisen ist der Prozeß ein ähnlicher, der Niederschlag ist Eisenoxydhydrat.


Im allgemeinen gilt die Regel, daß die Niederschläge umso lockerer bleiben, je rascher sie ausgeschieden werden; je langsamer die Ausscheidung erfolgt, desto härter werden sie. Es gibt diese Tatsache ein Mittel an, die Kesselsteingebilde möglichst locker und möglichst leicht auswaschbar dadurch zu machen, daß man dem Speisewasser Stoffe beimengt, die das rasche Ausfallen der Salze bewirken. Solche Stoffe sind Soda und Ätznatron.

Bei Fluß-, Brack- und Meerwasser ergeben sich wesentliche Unterschiede der ausgeschiedenen Niederschläge, wie aus der nachstehenden, den Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens 1890, Heft II, entnommenen Tabelle hervorgeht.


Kesselstein

Obwohl die einzelnen Bestandteile je nach Umständen wechseln, so sind die oben angegebenen Niederschläge doch als typisch für das Verhältnis ihres Vorkommens bei Fluß-, Brack- und Meerwasser zu betrachten. Dagegen wechselt die Zusammensetzung der Niederschläge von Quell- und Brunnenwässern außerordentlich und können auffallend hohe Mengen von kohlensaurem und schwefelsaurem Kalk und von Magnesiumoxydhydrat in dem K. solcher Wässer enthalten sein. Grubenwässer enthalten oft große Mengen an Schwefelsäure gebundenen Kalk und Magnesia, ihre Ablagerungen daher viel Gips und Magnesiumhydrooxyd.

Die Zusammensetzung des K. ist aber nicht nur von der Beschaffenheit des Kesselwassers, sondern auch von der Stelle abhängig, auf der er sich niederschlägt.


So hat Prof. Stillmann (s. Chemical News 1890, Bd. 61, S. 258) gefunden, daß die Zusammensetzung des K. in jenen Teilen des Kessels, wo der K. mit der direkten Feuerung nicht in Berührung ist, die ursprüngliche bleibt, während sie an den Stellen, wo der K. einer kräftigeren Hitze ausgesetzt ist, sich ändert, indem die Karbonate des Kalziums und Magnesiums in Oxyde übergeführt werden.

Der Teil des K, der der Kesselwandung und der Feuerung am nächsten liegt, verliert mehr Kohlensäure als der entfernter liegende und geht in Ätzkalk und Ätzmagnesia über, solange die Hitze anhält. Beim Erkalten dagegen werden beide Bestandteile hydratisiert und so kommt es, daß eine derartige Probe einen hohen Wassergehalt hat, wie nachstehende Analyse zeigt.


K. eines Dampfkessels in Birmingham:


SiO2 und tonige Bestandteile11∙70%
Fe2O3 + Al2O32∙81%
CaO11∙62%
MgO41∙32%
C026∙92%
S030∙96%
Hydratwasser21∙78%
Feuchtigkeit bei 100° C0∙69%
Rest 2∙20%
100∙00%

[340] Prof. Stillmann hat einzelne Schichten des K. analysiert und gefunden, daß die der erhitzten Kesselwand zunächstliegende Schicht nur Spuren von Kohlensäure enthielt und hauptsächlich aus Hydraten bestand, während die mittlere Schicht sowohl Karbonate als auch Hydrate, dagegen die oberste äußerste Schicht nur Karbonate enthielt.


3. Ablagerung des K. Sein Einfluß auf die Rostbildung. Öffnet man einen Kessel nach kurzer Zeit der Außerbetriebsetzung, so sieht man die Wasseroberfläche mit einem oft hellen weißen Schaum bedeckt, der frisch ausgeschieden auf der Oberfläche schwimmt und erst allmählich sich an die Wände niederschlägt. Gewöhnlich steigt erst der Niederschlag in lockerer Form aufwärts und erst später sinken die gebildeten Flocken nieder, indem sie allmählich dichter und körniger werden und sich an die Wände anhängen.

Besichtigt man bei abgelassenem Kesselwasser das Kesselinnere durch die Auswaschlöcher des Stehkessels, so bemerkt man, namentlich bei schlechtem Wasser, auf der Feuerboxdecke einen Kesselsteinbelag von oft 3–4 mm Stärke, während an den Umbügen der Boxplatten sich dieser Belag vielfach zerrissen, abgesprungen und nur noch in Resten anliegend vorfindet. Das Blech macht nämlich an diesen Umbugstellen infolge der Temperaturänderungen Bewegungen, die das Abwerfen des K. bewirken. Solche Bewegungen werden auch als ein besonderer Vorteil der gewellten Lokomotiv- und Lokomobil-Feuerbüchsen von Maey & Haswell, sowie der Wellrohrfeuerbüchsen in Stabilkesseln angesehen.

An allen aus der Fläche der Feuerbüchsplatten hervorragenden Stellen, wie an Nieten, an Stehbolzen finden sich stärkere Ablagerungen, die namentlich an den Stehbolzen bedeutend werden können und dann meistens in mehreren Schichten schuppenförmig anliegen.

Weil die einzelnen Stoffe unter verschiedenen Bedingungen (bei verschiedenen Temperaturen, verschiedener Sättigung des Kesselwassers u.s.w.) ausfallen, so ist- es erklärlich, warum die Kesselsteinablagerungen oft verschiedene Schichtungen zeigen.

Diese Schichtungen können in der Farbe, in der Härte oder in der Form verschieden sein.

Die Farbe wechselt vom hellen bis zum schmutzigen Weiß, sie kann grau, gelblich oder braun sein. Weiße Kesselsteinablagerungen höckeriger Natur deuten auf Kalk, glatte Niederschläge auf Gips, milde Niederschläge geringer Härte auf Magnesia, braune auf Beimengungen erdiger Natur oder auf Eisengehalt.

Werden Lokomotivkessel, nachdem die Rohre entfernt sind, befahren, so zeigt sich (bei Verwendung von einem einigermaßen K. bildenden Speisewasser) das Kesselinnere bis zu der Wasserlinie mit K. belegt.

Knapp unter der Wasserlinie finden sich oft große Flächen der Kesselsteinhaut abgesprungen. Einzelne Abteilungen dieser von K. freien Flächen sind mit einem Anflug neuen K. bedeckt, andere zeigen die blanke Eisenhaut und auf ihr einzelne Rostflecke, in deren Mitte sich meist eine kleine Erhöhung (Rauhigkeit) findet, die von konzentrischen Rostkreisen umgeben ist.

Von den mit dem neuen Kesselsteinanflug bedeckten Teilen der Kesseloberfläche ist offenbar die alte Kesselsteinhaut noch während der Zeit, als der Kessel unter Dampf stand, abgefallen, während sie von den blank gebliebenen Teilen erst beim oder nach dem Ablassen des warmen Wassers abgesprungen ist.

Die Kesselsteinablagerungen vorne bei der eisernen Rohrwand, also in der Nähe der Speiseköpfe und in der Nähe des Kesselbauches, zeigen sich mürbe und erdig, weiter rückwärts, dann an den Feuerboxwänden selbst, sowie in der Nähe der Wasserlinie dagegen härter und spröder und je nach der Beschaffenheit des Speisewassers blätterig, geschichtet oder massig. Am meisten sind den Verlegungen durch K. ausgesetzt die Wasserräume ober und unter der Heiztüre, die mittleren Teile der Wasserräume an den Stehkesselseiten und Vorderwandplatten, sowie die Zwischenräume zwischen den Feuerrohren, namentlich an der Feuerbüchsrohrwand, wo sie bei schlechtem Wasser oft Kesselsteinablagerungen beträchtlicher Dicke (bis 300 mm Stärke) ergeben.

Dagegen sind die Wasserräume zwischen dem Stehkesselfußring und der nächstgelegenen Stehbolzenreihe gewöhnlich kesselsteinfrei, da an diesen tiefsten Stellen das beim Auswaschen kräftig durchfließende Wasser die Ablagerungen leichter wegspült und diese Räume durch den Auswaschdraht bestrichen werden.

An mehr oder weniger zahlreichen Stellen der Kesselwandungen finden sich auf der Kesselsteinhaut rötliche Flecke, die meist kreisrunde, oft aber auch andere unregelmäßige Grundformen zeigen.

Entlang der Stemmnähte, entlang des Umfanges der eisernen Rohrwand und an den Rohrstegen derselben, die zwischen den beiden äußeren lotrechten Rohrreihen liegen, weiters in den äußersten lotrechten Reihen und den obersten wagrechten Reihen der Stehbolzen, von einem zum andern, dann[341] in den Krümmungsabbügen der Stehkessel-Vorder- und Hinterwand und an den Übergangsstellen vom Steh- zum Zylinderkessel dicht ober dem Fußring, entlang der unteren Kanten der Stehbolzenpratzen, an dem Umfang der Stehbolzenlöcher u.s.w. kann man Rostlinien, Roststreifen oder Rostringe bemerken, u.zw. entweder auf der Kesselsteinhaut selbst oder, wo diese durch den unter ihr entstandenen, sich aufblähenden Rost abgeworfen und durch Wallungen des siedenden Wassers weggeschwemmt wurde, an dem zutage tretenden Blech.

Am Bauch des Kessels liegt eine große Menge umfangreicherer Kesselsteinstücke, die beim Ausziehen der Siederohre abgefallen sind.

Unter diesem K. erhalten sich lange Zeit ganz beträchtliche Reste von Kesselwasser und zieht sich dieses letztere infolge der Porosität des K. (oft sogar noch mehrere Tage nach geschehener Entleerung des Kessels) bis zu den Speiseköpfen hinauf.

Bei Kesseln, die dem Korrodieren besonders ausgesetzt sind, zeigen sich manchmal am Bauch, namentlich in der Nähe der Speiseköpfe, nach Abheben der oberen Kesselsteinlagen in der unteren, noch an dem Kesselblech anliegenden Kesselsteinhaut rote kreisförmige Flecke und in deren Mitte kleine röhrenförmige, die ganze Dicke der Kesselsteinhaut durchbohrende Öffnungen.

Diese röhrenförmigen Durchbrechungen der Kesselsteinhaut dürften die Funktion von Abfuhrkaminen für ein unter der Kesselsteinhaut infolge eines chemischen Prozesses entwickeltes Gas (Wasserstoff) versehen haben, während die kreisrunden roten Flecke in der Kesselsteinhaut auf eine geschehene konzentrische Aufsaugung aus dem darunter gelegenen Rostzentrum hindeuten.

Wird die Kesselsteinhaut an der Stelle dieser roten Flecke entfernt, so zeigt sich oft die darunter liegende Blechoberfläche in einem dem roten Fleck gleichen Umfange schwarz gefärbt und bei näherer Untersuchung hohl, so daß sie durchgedrückt werden kann. Unter der Blechhaut findet sich dann ein schwarzes Pulver. In der Mitte der schwarzen Kreisfläche wird bei näherer Untersuchung vor dem Durchbrechen der Haut meist eine kleine Fehlstelle gefunden.

An den Seiten der Kessel, bei den Speiseköpfen, finden sich ähnliche runde pilzartige Krusten, nur kleiner als am Kesselbauch und von ausgesprochener runder Form. Oft liegen diese von K. unbedeckt da, oft sind sie aber auch mit einer Schicht überdeckt. Im letzteren Falle ist ihr Vorhandensein daran kenntlich, daß auf ihnen, u.zw. in der sie bergenden Kesselsteinhaut, Kesselsteinkörner eingesprengt sind. Wenn diese ausgebrochen werden, so findet man eine darunter liegende Wucherung, und wenn auch diese entfernt wird, eine Korrosionsgrube im Blech.

In diesem Falle hat die Rostwucherung die Anheftstelle für den K. abgegeben und hat sich über die Rostwucherung eine Kesselsteinhaube gebildet.

Im allgemeinen haben die Rostgruben an den Seitenwänden kleinere, am Bauch aber größere Durchmesser, u.zw. bei einer und derselben Platte.

Dies deutet sowohl auf die rostfördernden Eigenschaften der sich an den tieferen Stellen des Kessels ansammelnden Ablagerungen als auch auf die Schädlichkeit der an solchen tieferen und schlammerfüllten Stellen bei Ruhezeit des Kessels und abgelassenem Wasser sich längere Zeit erhaltenden Feuchtigkeitsreste hin.

Noch muß bemerkt werden, daß beinahe in den meisten Fällen die unter dem K. befindlichen Korrosionen an den in der Kesselsteinhaut vorkommenden Sprüngen oder Aufblähungen u.s.w. erkannt werden können.

Da in Kesseln an Stellen, an denen K. dicht anliegt und festhaftet, Rostflecke weniger häufig gefunden werden als dort, wo er leicht abfällt und die Blechoberfläche nicht stetig überzieht, hat die Annahme, daß der K. als Schutzdecke gegen das Rosten der Platten zu betrachten ist, große Wahrscheinlichkeit für sich, nur muß zugegeben werden, daß er als mehr oder weniger porös und wasserdurchlässig einen vollständigen Schutz nicht gewähren kann.

Wenn beachtet wird, daß der K. stellenweise einen dichten gleichmäßigen Überzug bildet und daß er namentlich an direkt erhitzten Platten in Ätzkalk und Ätzmagnesia übergeführt wird, welche Stoffe als Antirostmittel zu betrachten sind, so muß dem K. ein das Rosten verhindernder oder mindestens ein das Rosten verzögernder Einfluß beigemessen werden.

4. Einfluß des K. auf die Wirtschaftlichkeit. Nach Dr. Ing. Ernst Reutlinger1 unterschreitet die schädliche Wirkung, die fest anhaftende Kesselsteinschichten in bezug auf Wärmeausnutzung in Dampfkesseln ausüben, wesentlich die Größenordnung der Verluste[342] in Heizvorrichtungen, bei denen Sattdampf oder Flüssigkeiten als Wärmeträger auftreten.

Sehr dünne Schichten haben keinen merklichen Einfluß. Krusten, die die Heizflächen gleichmäßig und fest überziehen, haben schädlicheren Einfluß als Schlamm- und Karbonatsablagerungen, wenn diese nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der Heizfläche überziehen.

Letztere können allerdings dann, wenn sie als Schlammhaufen lagern, die das Loslösen von Dampfblasen verhindern und die Einleitung der Wasserbewegung verzögern, die Wärmeableitung bedeutend behindern. Bei stärkeren Schlammablagerungen kann sich namentlich bei häufigen Betriebsunterbrechungen die Wirkung stärkerer Schlammablagerungen im Wärmeverbrauch sehr fühlbar machen.

Eine Reihe vergleichender Verdampfungsversuche, die im Jahre 1882 in der Münchener Heizversuchsstation mit großer Sorgfalt an einem Lokomobilkessel bei einem porösen Gipsbelag der Feuerdecke bis 8 mm, der Feuerröhren von 3–12 mm, der Rauchkammer von 1–5 mm durchgeführt wurden, ließen sogar keinerlei schädlichen Einfluß des Belages erkennen.

In der Ingenieur-Versuchsanstalt der Universität Illinois 1898 angestellte Vergleichsversuche2 ergaben dagegen ah einer Lokomotive, die an den Heizröhren 0∙8 mm, an der direkten Heizfläche mit 1∙2 mm Steinbelag behaftet war, eine Heizflächenbeanspruchung von 29 kg/m2. Bei gereinigtem und mit neuen Heizröhren versehenem Kessel lieferten die Versuche bei 33 kg/m2 Heizflächenbeanspruchung eine im Mittel 9∙55 v. H. bessere Wärmeausnutzung, welche Besserung aber zum Teil der Reinhaltung der Feuerseite zuzuschreiben ist.

Die viel ungünstigeren Ziffern, nach Wilsons Angaben, der die Ansicht vertritt, daß bereits eine 1∙5 mm starke Schicht Verluste von 15 bis 16 v. H. im Dampfkesselbetriebe hervorrufen könne, die durch stärkere Beläge bis zu 50 v. H. und mehr gesteigert werden, gelten wohl für die Verminderung der Wärmedurchgangszahl, nicht aber für die Wärmeausnutzung.

Man legt daher dem K. in der Frage des Brennmaterialverbrauches im allgemeinen eine zu große Bedeutung bei. Es kann im besonderen Falle bei voll betriebenen Lokomotiven höchstens angenommen werden, daß schlechtleitende Steinbeläge von 2–3 mm Stärke Verluste von 5–9 v. H. der Wärmeausnutzung hervorrufen. Viel größer ist deren schädlicher Einfluß auf die Erhaltung der Kesselwände, da dabei die Wärmedurchgangszahl, nicht die Verdampfung, eine besondere Rolle spielt. Hier haben die Wilsonschen Ziffern Geltung. Nach C. E. Stromeyer, Ztschr. d. Dampfkessel-Unters.- u. Vers.-Ges. Wien, Nr. 1, 1904, verringern selbst dicke Kesselsteinschichten den Nutzeffekt eines Dampfkessels nicht wesentlich, während ein nur etwa 3 mm starker K. die Temperatur der Feuerplatte schon um beinahe 160° erhöht. Durch die Temperaturerhöhungen der Wandteile wird deren Festigkeit, Ausdehnung und sogar ihr Gefüge verändert.

Bei Kupfer leidet die Zugfestigkeit in hohem Grade. Sie sinkt bei 200° um rund 25%, die Querschnittsverminderung um rund 30%. Bei Eisen steigt zwar die Festigkeit etwas an, dagegen ist dasselbe besonders gegen rasche und wiederholte Abkühlungen empfindlich.

Die Folge hievon sind Formveränderungen und Risse in den Kesselplatten und kostspielige Ausbesserungen.

Namentlich bei Lokomotivkesseln mit ihrer hohen Dampferzeugung von 45–56 kg Dampf auf 1 m2 Heizfläche, den hohen Feuerbüchstemperaturen von im Mittel 1500° und der Verwendung des Kupfers ist die Einwirkung des Steinbelages eine besonders empfindliche.

Viel gefährlicher als K. sind zuweilen fettartige Niederschläge an der inneren Wand des Kessels. Sie verhindern die Adhäsion des Wassers an das Blech und erschweren auf diese Weise die Wärmeübertragung oft ganz bedeutend. Im Überschuß angewendete Anstriche von Teer, Asphalt, Graphit oder Farbe, die am Kesselboden zusammenfließen, können zur Überhitzung und Beschädigung, besonders der Feuerplatten führen.

Organische Fette sind in dieser Beziehung schädlicher als mineralische.

5. Verhütung der Bildung des K. Zur Vermeidung der namentlich für die Heizflächen der Kessel so schädlichen Kesselsteinbildung wird man überall dort, wo es möglich ist, weiches Flußwasser anstatt des meist bedeutend härteren Grundwassers verwenden und selbst die Kosten von Bauanlagen und längeren Zuleitungen nicht scheuen.


Beispielsweise sei erwähnt, daß die Donau ein Wasser von 6–7° Härte führt und daß z.B. im Wienerbecken wenige Meter vom Donauufer das Wasser schon 14–18° Härte zeigt, da der Schlick des Donauwassers die Uferwände abdichtet und von dem Grundwasser des festen Geländes abtrennt. Flußwasser aus dem kristallinischen Gebirge, wie es die Moldau, die Elbe führt, hat nur etwa 4° Härte, Flußwasser aus den Kalkalpen nur 12–14°, Grundwasser aber meist 14–30° Härte.


[343] Unter Härte versteht man den Kalk- und Magnesiagehalt des Wassers auf Kalziumoxyd bezogen (1 Teil CaO in 100.000 Teilen Wasser ist gleich 1 Härtegrad).

Mit besonderem Vorteil wird man dort, wo eine Kondensation des Abdampfes der Dampfmaschinen zulässig ist, das Kondensationswasser zur Speisung verwenden, vorher jedoch gut von Fett reinigen und mit tunlichst weichem Wasser als Zusatzwasser versehen.

Wo man kein weiches Wasser verwenden kann, wird man darauf Bedacht nehmen, in nicht zu großen Zeiträumen die Kessel regelmäßig einer Reinigung durch Auswaschen und Ausklopfen zu unterziehen. Namentlich bei den Röhrenkesseln, die wie die Lokomotivkessel ohne Entfernung der Rohre nicht befahren werden können und bei denen die Feuerbüchsrohrwände besonders gefährdet sind, wird man die Auswaschtermine möglichst kürzen und wird darauf bedacht sein, die Kesselsteinbildung in eine Schlammbildung umzuwandeln, die kesselsteinbildenden Stoffe also im Kessel in lockerer Form auszufällen, damit sie leichter als Schlamm ausgewaschen werden können.

Es geschieht dies durch Beigabe von Soda, zuweilen auch von Ätznatron, welche Mittel entweder dem Wasser in den Speisewasserbehältern oder dem Tenderwasser zugesetzt, oder unmittelbar in den Kessel eingebracht werden, wie in den Schlammfängern (s. Kesselsteinabscheider).


Kalkhydrat (Ätzkalk) darf dabei nicht verwendet werden, weil durch dieses die Niederschläge im Kessel bedeutend vermehrt würden, indem zu dem herausgefällten einfach-kohlensauren Kalke und dem Magnesiumhydrooxyd noch der aus der halbgebundenen Kohlensäure und dem Kalkhydrat entstehende einfach-kohlensaure Kalk hinzukäme.


Auch andere Mittel dienen zur Verhinderung des festen Anhaftens des K., wie Anstriche mit Mineralölpräparaten, ammoniakfreiem Teer, Graphit oder Beigabe von Petroleum, Leinsamenabkochung (Brimsches Verfahren), Gerbstoffen, Stärke, Glyzerin, Kartoffeln zum Kesselwasser. Meist hat man aber dabei kein zufriedenstellendes Ergebnis gehabt. Ebensowenig rationell sind die sog. Kesselsteinmittel, die manchmal sogar zum Schaden des Kesselbesitzers und der Kessel selbst führen.

Die meisten dieser Kesselsteinmittel enthalten als wirksamen Bestandteil Soda oder Ätznatron. Das übrige ist gewöhnlich eine beabsichtigte Verhüllung dieser eigentlichen Reagensmittel oder geradezu eine Verunreinigung. Im allgemeinen kann von der Verwendung solcher Kesselsteinmittel nur abgeraten werden.

Namentlich solche Kesselsteinmittel, deren Menge nur nach der Größe der Heizfläche oder der Anzahl der Pferdestärken des Dampfkessels bemessen werden soll, anstatt nach der Menge und der Beschaffenheit des verdampften Wassers, oder deren Wirkung in einer Lösung des K. bestehen soll, sind als bedenklich, letztere als gefährlich zu bezeichnen, da mit einer Auflösung des K. auch eine Lösung des Eisens der Kessel verbunden sein kann.

Die Beigabe von Unschlitt in das Kesselwasser, um das Anhaften des K. zu erschweren, ist wegen des schädlichen Einflusses der Fettsäure auf das Eisen und wegen des Wasserschäumens strengstens zu vermeiden.

Empfehlenswerter ist das Vorwärmen des Speisewassers, namentlich dann, wenn es hauptsächlich kohlensaure Erdalkalien enthält. Dieses Vorwärmen geschieht entweder in eigentlichen in die Speiseleitung der Kessel eingeschalteten Vorwärmern oder in den sog. Kesselsteinabscheidern (s.d.).

Als bestbewährte Maßnahme zur Verhütung des K., die auch für große Speisewasservorräte, wie sie für die Speisung der Lokomotivkessel vorgehalten werden müssen, mit Vorteil verwendbar ist, dienen aber alle jene Vorrichtungen, die das Wasser reinigen, bevor es in die Kessel kommt.

Es sind dies Einrichtungen, die das Wasser mechanisch in Filtern und nach dem Kalk-Soda-, Kalk-Baryt-, Soda-Regenerativ- und Permutitverfahren chemisch reinigen (s. Speisewasserreinigung).

Literatur: S. Kesselsteinabscheider.

Wehrenfennig.

1

Heft 94 der Mitteilungen über Forschungsarbeiten auf dem Gebiete des Ingenieurwesens. Berlin 1910. Springer. S. 51.

2

Bulletin Nr. 11, 1. April 1907.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 6. Berlin, Wien 1914, S. 339-344.
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