[378] Koalitionsrecht der Eisenbahnbediensteten, die ihnen, insbesondere den Arbeitern zustehende Freiheit, sich zur Erzielung günstigerer Arbeitsbedingungen zu vereinigen. Dieses Recht steht den Eisenbahnbediensteten im allgemeinen nach Maßgabe der in den einzelnen Ländern geltenden Bestimmungen in demselben Umfange wie den Angehörigen anderer Berufsklassen zu. Die Eisenbahnbediensteten haben von dem K. in weitgehendem Maße Gebrauch gemacht und dasselbe wiederholt als Mittel angewendet, um Arbeitseinstellungen in größerem Umfange ins Werk zu setzen. Die Gefahren, die aus der Einstellung des Verkehrs für die Allgemeinheit erwachsen, lassen eine Einschränkung des K. der Eisenbahnbediensteten insoweit geboten erscheinen, als es sich um Koalitionen handelt, die den Streik und die passive Resistenz als ein zulässiges Mittel, zur Durchsetzung ihrer Forderungen betrachten. Unter anderem hat die sächsische Regierung in den Jahren 1910 und 1911 mit aller Entschiedenheit den Standpunkt vertreten, daß den Eisenbahnbediensteten eine unbeschränkte Koalitionsfreiheit im Sinne der deutschen Gewerbeordnung nicht zustehe, und daß im Interesse der Allgemeinheit unbedingt die Möglichkeit ausgeschlossen bleiben müsse, daß die Eisenbahnbediensteten sich zu Arbeitseinstellungen zusammenschließen. In Belgien und einzelnen anderen Ländern bestehen ausdrückliche Vorschriften über die Einschränkung des K. der Eisenbahnbediensteten. In Frankreich dagegen hat die Regierung u.a. 1909 bei der Beratung des im Jahre 1911 in Kraft getretenen Pensionsgesetzes der Anschauung Ausdruck gegeben, daß die Eisenbahnarbeiter nach dem Gesetz von 1884 das Recht haben, Syndikate zu bilden und auf Grund von Beschlüssen im Wege derselben zur Einstellung der Arbeit zu schreiten.
Vgl. Arbeitseinstellungen, Beamtenvereine.
Literatur: Das Ausstandsrecht der Eisenbahnangestellten in Frankreich, Ztg. d. VDEV., Jg. 1909. S. 931. Koalitionsrecht, Ztg. d. VDEV, Jg.. 1911, S. 1597. Die Briandschen Eisenbahngesetze, Österr. Zeitschrift für Eisenbahnrecht, Jg. 1911. Ztg. d. VDEV. vom 12. Januar 1912.