[106] Postwagen, Postambulanzwagen (post waggons, poste-office carriages, mail-carriages; wagons-postes, voitures postales), besondere, zur Beförderung der Post eingerichtete Eisenbahnwagen.
Man unterscheidet P. für Briefbeförderung, P. für Paketbeförderung und P. für Brief- und Paketbeförderung.
Außer den ausschließlich Postzwecken dienenden Wagen werden auf Strecken oder bei Zügen mit schwächerem Postverkehr auch Personen- und Gepäckwagen mit Postabteilen zur Postbeförderung benutzt.
Die P. werden mit 2, 3, 4 und 6 Achsen ausgeführt. Für den durchgehenden Postverkehr werden in Europa hauptsächlich 3- und 4achsige, in Nordamerika meist 6achsige P. verwendet.
Die P. werden in der Regel nach Art der Abteilwagen, seltener nach Art der Durchgangswagen gebaut. Die erstere Bauart bedingt bei Durchgangszügen die Einstellung der P. am Anfang oder Ende des Zuges, ist aber trotzdem vorzuziehen, da die letztere Bauart wesentlichere Nachteile hat; das Arbeiten in diesen Wagen, deren nutzbare Breite durch Einbau des Seitengangs verringert ist, ist erschwert; die Helligkeit an der Innenwand ist bei Tageslicht unzureichend.
Für Brief- und Paketbeförderung werden zumeist getrennte Räume vorgesehen.
Die Ausführung der Untergestelle, Drehgestelle und Bremsen, sowie die Anordnung der Achsen und Tragfedern ist bei P. im wesentlichen die gleiche wie bei Personenwagen; der ungleichmäßigen Belastung entsprechend, werden jedoch unter dem Paketraum gewöhnlich stärkere Tragfedern angeordnet als unter dem Briefraum.
Das Kastengerippe wird in der Regel aus Holz, in neuerer Zeit jedoch auch aus Eisen gebaut, um die Widerstandsfähigkeit, namentlich bei Unfällen zu erhöhen.
Der Wagenkasten wird wie bei Personenwagen gewöhnlich mit Blechbekleidung, seltener mit Holzbekleidung ausgeführt. Um den P. möglichst viel Licht und Luft zuzuführen, werden hohe Oberlichtaufsätze angeordnet, die um so nötiger sind, als die Brieffächer die Zahl und die Größe der Seitenwandfenster beschränken.
Nachdem die Posträume meist sehr groß sind, werden darin Querstangen in Dachhöhe zur Kastenversteifung angeordnet.
Am Untergestell werden zumeist Unterkästen vorgesehen, die entweder nur von innen mittels Bodenklappen oder aber von außen und innen zugänglich sind.
Für den Einstieg in das Wageninnere sind zumeist doppelflügelige, nach außen aufschlagbare Seitenwandtüren vorgesehen, die vielfach in den Kasten eingebaut sind; sämtliche Türen sind in der Regel außer mit den bahnseitig vorgeschriebenen gewöhnlichen Verschlüssen noch mit besonderen Schlössern versehen.
In den Briefräumen können die Seitenwandfenster zumeist herabgelassen werden, in den Paketräumen sind sie in der Regel fest. Die Briefraumfenster werden, um die arbeitenden Beamten tunlichst gegen Zugluft und Kälte zu schützen, besonders gut abgedichtet und zur Verhinderung des Hinausfallens von Briefschaften (bei herabgelassenem Fenster) mit Netzen versehen. Die Paketraumfenster sind vergittert.
Die gewöhnliche Ausstattung der Brief- und Paketräume ist die nachstehende:
Briefraum: Ein umlaufender Arbeitstisch mit Schubladen und Wertgelassen und allen zur Abfertigung der Post nötigen Behelfen; Brieffächer, die oberhalb des Tisches angeordnet sind; einige Sessel und ein Streckfauteuil.
Paketraum: Legebretter, an den Wänden angeordnet, Haken zum Aufhängen der Postbeutel, Gerätschafts- und Kleiderschränke, Sitzbänke und Klapptische.
Die P. sind mit Aborten und Waschgelegenheiten ausgestattet, die zumeist außerhalb des Briefraums, bei Brief-Paketpostwagen im Paketraum angeordnet sind.
Die P. der amerikanischen Eisenbahnen sind vielfach mit Vorrichtungen zur Aufnahme und Abgabe der Briefbeutel (s. Briefbeutelabgabe und -fangvorrichtung) während der Fahrt versehen. Bei deutschen Eisenbahnverwaltungen waren solche Vorrichtungen gleichfalls in Anwendung, wurden aber wieder verlassen.
Die Heizung der P. erfolgt in der Regel mittels Dampf; außer dieser Hauptheizung ist zumeist eine Reserveheizung (Warmwasser-, Ofen-, Warmluftheizung) vorgesehen.[106]
Die Beleuchtung der P. wird durch Deckenampen oder Decken- und Wandlampen bewirkt.
Der elektrischen Zugbeleuchtung wird bei P. der Vorzug gegeben, da sie eine beliebige Austeilung der Lampen sowie die Verwendung von Ableuchtlampen ermöglicht. Offene Flammen werden tunlichst vermieden; sofern sie doch angewendet werden müssen, sind sie mit Schutzgittern versehen.
Beispiele ausgeführter P.:
1. Zweiachsiger Brief- und Paketpostwagen der preußischen Staatseisenbahnen (Abb. 74).
Die Ausstattung und Einteilung des Wagens ist die[107] allgemein übliche. Er besitzt Dampf- und Ofenheizung, elektrische Beleuchtung (Batteriebeleuchtung) und Druckluftbremse.
2. Vierachsiger Brief- und Paketpostwagen der schweizerischen Bundesbahnen (Taf. V, Abb. 1).
Der Wagen besitzt einen Seitengang, der durch Feststellen der von den Postabteilen mündenden Türen im Fall der Durchgang nicht erforderlich ist für den Postdienst nutzbar gemacht werden kann. Er ist mit Dampf- und Warmluftheizung, elektrischer Beleuchtung, elektrischen Luftsaugern und Luftdruckbremse ausgestattet.
3. Dreiachsiger Brief- und Paketpostwagen der österreichischen Staatsbahnen (Taf. V, Abb. 2).
Die Ausstattung und Einteilung des Wagens ist die allgemein übliche. Er besitzt Dampf- und Ofenheizung, Gasglühlichtbeleuchtung und Luftsaugebremse.
4. Vierachsiger Briefpostwagen der preußischen Staatsbahnen (Taf. V, Abb. 3).
Der Wagen hat einen Mittelgang, der im Bedarfsfall vom Zugpersonal benutzt werden kann; die, die Türen verlegenden Fächer sind zu diesem Behuf umklappbar eingerichtet. Der Abort und die Waschgelegenheit sind in den Bufferraum verlegt. Der Wagen ist mit Dampf- und Ofenheizung, mit elektrischer Zugbeleuchtung und Druckluftbremse ausgerüstet.
5. Vierachsiger Post- und Gepäckwagen der österreichischen Staatsbahnen (Taf. V, Abb. 4).
Von dem Briefraum und dem Paketraum vollständig abgetrennt ist ein Gepäckraum und ein Dienstraum für Bahnzwecke vorgesehen. Der Wagen ist mit Dampf- und Ofenheizung, Gasglühlichtbeleuchtung und Luftsaugebremse ausgerüstet.
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