[196] Reservefonds (funds of reserve; fonds de reserve; fondi di riserva), angesammelte Vermögensstände, die den Zweck haben, zur Deckung der in außerordentlichen Fällen eintretenden größeren Betriebsausgaben im allgemeinen oder für derartige Ausgaben bestimmter Art, so zur Anschaffung von Betriebsmitteln, zur Erneuerung des Oberbaues u.s.w. zu dienen. Die Ansammlung von R. ist den Privateisenbahnen vielfach durch Gesetz (Konzession) oder Statut auferlegt. Sie bilden im allgemeinen ein freies Eigentum der Gesellschaften und unterliegen nicht dem Heimfallsrecht.
Staatsbahnen besitzen keine R., da man davon ausgeht, daß bei diesen für Zwecke, denen bei Privatbahnen die R. dienen, die erforderlichen Mittel jeweilig im Etat angesprochen werden können, ohne daß eine Ansammlung von R., nötig wäre.
Von den deutschen Staatsbahnen besitzen die württembergischen Staatsbahnen einen als R. bezeichneten Fonds, der jedoch seiner Bestimmung nach ein Ausgleichsfonds ist (s.d.).
In Preußen hatte schon das Eisenbahngesetz vom Jahre 1838 die Bildung von R. durch Rücklage eines zum Statut mit Genehmigung des Ministers festzusetzenden jährlichen Beitrags vorgesehen. Die Rücklagen sind von der Eisenbahnabgabe befreit. Die meisten[196] preußischen Privatbahnen hatten bis zum Jahre 1856 einen ungeteilten R., der auch Erneuerungszwecken zu dienen hatte; später trat meist eine Trennung der Fonds ein, indem die Bahnen einen besonderen Erneuerungsfonds (s.d.) neben dem allgemeinen R. errichteten. Der Vermögensstand des R. der deutschen Privatbahnen belief sich 1913 auf rd. 2∙9 Mill. M.
Nach dem geltenden Regulativ hat der Konzessionär neben dem im § 262 des HGB. vorgeschriebenen R. (Bilanzreservefonds) einen Spezialreservefonds zu bilden.
Dieser dient zur Bestreitung von solchen durch außergewöhnliche Elementarereignisse und größere Unfälle hervorgerufenen Ausgaben, die erforderlich werden, damit die Beförderung mit Sicherheit und in der der Bestimmung des Unternehmens entsprechenden Weise erfolgen kann.
In den Spezialreservefonds fließen:
a) der Betrag der nach dem Gesellschaftsvertrag verfallenen, nicht abgehobenen Gewinnanteile und Zinsen;
b) eine im Regulativ festzusetzende, alljährlich den Betriebseinnahmen zu entnehmende Rücklage;
c) die Zinsen des Spezialreservefonds.
Erreicht der Spezialreservefonds eine bestimmte Höhe, so können mit Genehmigung des Ministers für öffentliche Arbeiten die Rücklagen so lange unterbleiben, als der Fond nicht um eine volle Jahresrücklage wieder vermindert ist.
In Österreich und Ungarn enthalten die Statuten der meisten Privatbahnen Bestimmungen über die Bildung von R. Der Prozentsatz vom jährlichen Reinertrag, der in den R. einzulegen ist, beträgt in der Mehrzahl der Fälle 5% (Staatsbahn, Südbahn). Bei der Buschtěhrader Bahn steigert sich der Prozentsatz der Einlage in den R. von 2% in den ersten 3 Betriebsjahren, auf mindestens 4% in den folgenden Jahren.
Zumeist ist ein Höchstbetrag des R. festgesetzt, über den hinaus Einlagen in den R. nicht gemacht zu werden brauchen (10% des Aktienkapitals).
Einzelne österreichische Bahnen haben außer dem statutenmäßigen allgemeinen R. noch Spezialreservefonds für bestimmte Zwecke (so Bau-, Betriebs-, Kapitals-, Material-, Steuer-, Dividenden-, Kotegebühren-Reservefonds).
Der Vermögensstand der R. und Erneuerungsfonds der österreichischen Eisenbahnen (Haupt- und Lokalbahnen) belief sich Ende 1913 auf rd. 20∙5 Mill. K.
In der Schweiz bestimmen die Konzessionen, daß die Gesellschaften für Errichtung eines gehörigen Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen haben. Die Höhe der Rücklagen ist in den Satzungen festgesetzt. Die Einlagen in die R. sind ebenso wie jene in den Erneuerungsfond aus den Einnahmeüberschüssen zu bestreiten. Zumeist ist ein Höchstbetrag festgesetzt.
Einzelne Schweizer Bahnen haben außer dem allgemeinen R. noch besondere R. (für Haftpflichtfälle, Bauzwecke u. dgl.).
Der Vermögensstand der R. der Schweizer Bahnen belief sich Ende 1913 auf 4,231.901 Fr.
Nach dem 1890 abgeschlossenen Vertrag zwischen dem niederländischen Staat und der Betriebsgesellschaft der niederländischen Staatsbahnen ist letztere (Art. 46) befugt, einen von ihr zu bestimmenden Teil der Einnahmen in einen R. oder in einen andern Fonds abzuführen, den sie im Interesse der Verwaltung für wünschenswert erhält.
In Frankreich haben die Eisenbahnen nach den Bestimmungen der Statuten ebenfalls R. anzulegen und diese bis zu der (zumeist bereits erfolgten) Erreichung eines Höchstbetrags zu dotieren.
Außerdem besitzen die französischen Bahnen bedeutende Spezialreservefonds für die Erneuerung der Bahn- und Betriebsmittel (1912 insgesamt 210 Mill. Fr.) und überdies noch besondere R. zur Deckung von Feuerschäden (fonds de reserve resultant d'incendie).
In Italien ist durch die Gesetze vom 30. April 1904 und vom 22. April 1905 die Schaffung von 3 R. und einem Spezialfonds vorgesehen.
Der R. der rumänischen Staatsbahnen (Ges. vom 6./18. April 1889 und vom 28. März/10. April 1908) ist ausschließlich zur Deckung der durch die Entwicklung des Betriebs notwendig werdenden Verbesserungsarbeiten zu benutzen, die nicht aus den gewöhnlichen etatsmäßigen Fonds gedeckt werden können, wie: Vermehrung der Einrichtungen auf den Stationen und Strecken, allmählicher Ankauf von Betriebsmitteln u.s.w., desgleichen auch zur Speisung des Fonds für die Eröffnung der im Etat der staatlichen Eisenbahnen enthaltenen Zusatz- und besonderen Kredite, falls diese nicht ausreichend sein sollten.
Dem R. werden jährlich zugeführt:
a) 1% der festgestellten Roheinnahme;
b) die Hälfte des Überschusses zwischen den festgesetzten Reineinnahmen (unter Abzug der Summe zu a von der Roheinnahme) und den im Etat vorgesehenen Reineinnahmen.
Wenn der verfügbare Betrag des R. 6,000.000 Lei1 überschreitet, so hört die Entnahme des[197] 1% von den Roheinnahmen auf, sie beginnt jedoch wieder, sobald der zur Verfügung stehende Betrag unter 6,000.000 Lei zurückgeht.
Die Hälfte des Betrags, um den die Reineinnahmen den etatsmäßigen Voranschlag überschreiten, fließt auf jeden Fall dem R. zu.
Röll.
1 | 1 Lei = 0∙80 M. |
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