[110] Spreetunnel unterfahren die Groß-Berliner Spree an 4 verschiedenen Stellen: In Treptow (Straßenbahn), an der Wallstraße (Untergrundbahn Spittelmarkt-Alexanderplatz), im Zuge der Friedrichstraße (Nordsüdbahn) und zwischen der Waisen- und der Jannowitzbrücke (Untergrundbahn Gesundbrunnen-Neukölln). Die beiden letzten sind noch im Bau. Im Bau ist auch ein zweiter Tunnel der Nordsüdbahn unter dem Berliner Landwehrkanal nahe der Belle-Alliance-Brücke. Tunnel unter dem Landwehrkanal an der Kottbuser Brücke und unter dem Luisenstädtischen Kanal sind geplant. Die Bauten waren bei den schwierigsten Boden- und Grundwasserverhältnissen durchzuführen. Sie sind interessant durch die Verschiedenartigkeit der Bauweisen.
I. Der S. zwischen Stralau und Treptow.
Beim Bau des Treptower Tunnels war man auf die Erfahrungen angewiesen, die man in London und New York bei der Ausführung von Unterwassertunneln gemacht hatte, und wählte aus diesem Grund die von Barlow beim Bau des Tower subway in London zuerst benutzte Schildbauweise.
Der Treptower Tunnel hat eine Gesamtlänge von 453 m (Abb. 118) und einen kreisförmigen Querschnitt. Der eiserne Mantel (Abb. 119) besteht aus einzelnen, je 650 mm breiten, aus Flußeisenplatten gebildeten Ringen und zwischen diesen eingebauten Versteifungsrippen. Als Rostschutz umgibt ein Überzug von Zementmörtel außen und innen den Eisenmantel in einer Stärke von 80 und 100 mm.
Zum Vortrieb des Schildes wurde am Südufer eine 19 m lange, 6 m breite Baugrube hergestellt, durch Spundwände eingefaßt und zur Abdichtung mit einer Sohle aus Betonschüttung versehen. In diese Grube baute man einen Förderschacht ein sowie ein gegen die hintere Kopfwand der Grube durch Holzstempel abgesteiftes kurzes Tunnelstück, das man darauf am hinteren Ende durch eine dichte, mit Luftschleusen versehene Wand, vorn durch Einbau des Brustschildes abschloß. Dann wurde die vordere Kopfwand der Grube beseitigt, das Ganze mit Sand eingeschüttet, Tunnelstück und Brustschild mit Preßluft gefüllt und mit dem Vortrieb begonnen. In der vorderen Schildwand, die unter dem Böschungswinkel trockener Erde geneigt war, befanden sich zur Förderung des Bodens verschließbare Öffnungen. Durch in Kugelgelenken drehbare Stopfbüchsen erfolgte die Einführung von Sonden, Meißeln, Bohrern u.s.w. Eine Querwand zerlegte den Schild in eine vordere und eine hintere Kammer. Vorn fand die Förderung statt, hinten die Erstellung der Tunnelringe und Zementverkleidungen sowie der Vortrieb des Schildes durch kräftige Wasserdruckpressen. Die hintere Wand mit den Luftschleusen wurde, dem Fortgang der Arbeiten entsprechend, vorgeschoben.
Die Förderung des Bodens geschah teils durch Handwagen mit Benutzung der Luftschleusen, teils durch eine Wasserstrahlsandpumpe. Es konnte nicht vermieden werden, daß bisweilen der Inhalt der geförderten Massen den dem Tunnelvortrieb entsprechenden Raum überschritt. Sackungen des Geländes über und neben dem Tunnel traten ein. Dem Auftrieb wurde durch[110] äußere und innere Belastung des Tunnelrohrs und des Brustschildes begegnet. Die Gesundheit der in der Preßluft tätigen Arbeiter war zufriedenstellend. Bei einer am Stralauer Ufer liegenden, 80 m langen, stark gekrümmten Tunnelstrecke sah man von der Schildbauweise ab und versuchte die Ausführung in offener Baugrube. Die nasse Baggerung war dabei auf Tiefen von 4,5 bis zu 9,0 m zu bewirken. Während das Verfahren auf dem höher gelegenen Teil der Strecke gelang, war innerhalb des tieferen, der Spree benachbarten Abschnitts von 30 m Länge die Undichtigkeit der Spundwände und der Auftrieb des auszubaggernden Bodens zu groß, um einen sicheren Abschluß der Baugrube zu erzielen. Man teilte darum diese Strecke durch Querwände in 3 je etwa 10 m lange Kästen, versah diese mit einer luftdichten Decke und füllte sie mit Preßluft. So gelang denn auch die trockene Förderung des Bodens und die Betonierung der Sohle. Die Verbindung der beiden in derartig verschiedener Bauweise hergestellten Tunnelstrecken geschah durch Vortrieb des Brustschildes in den äußersten Kasten.
Der Bau des Treptower Tunnels hat, von einer längeren Unterbrechung abgesehen, 21/2 Jahre beansprucht. Der Vortrieb, der im Anfang 0∙71∙0 m am Tag betrug, konnte im zweiten Bauabschnitt bis auf 2∙0 m gesteigert werden. Er betrug im Anfang im Durchschnitt 0∙9 m, später 1∙5 m am Tage.
II. Der S. der Untergrundbahnstrecke Spittelmarkt-Schönhauser Tor an der Wallstraße.
Die für einen Teil des Treptower Tunnels angewendete offene Bauweise hatte mehrere Vorteile, so daß es nahe lag, sie noch einmal unter Berücksichtigung der gesammelten Erfahrungen durchzuführen. Das ist bei dieser Anlage geschehen, u.zw. unter gleichzeitiger Absenkung des natürlichen Grundwasserstandes durch eine Saugpumpenanlage. Aber auch hier hat man anfangs nicht ausreichend gegen die Gefahr einer Unterspülung der Baugrubenumschließung Vorsorge getroffen.
Der Spittelmarkttunnel liegt unter äußerster Einschränkung des Verlustes an Bahngefälle dicht unter der Sohle des Flusses. Die Spree ist in der Bahnachse etwa 3∙5 m tief und 110 m breit. Der Untergrund ist reiner Kies. Eine undurchlässige sedimentäre Decke von etwa 1∙0 m Stärke trennt den Flußlauf vom Grundwasserstrom.
Im Frühjahr 1910 wurde zunächst vom südlichen Ufer aus ein U-förmiger, 4 m breiter Fangedamm hergestellt (Abb. 120 u. 121), der ein 22 m breites halbinselartiges Arbeitsfeld begrenzte; unter Absenkung des Grundwassers wurde die Deckschicht abgetragen, die 10 m langen Tiefspundwände der 12 m breiten Tunnelgrube wurden bis 2∙5 m unter Tunnelsohle gerammt und die Betonierung des Tunnels selbst (Abb. 122) in Angriff genommen. Der Tunnelkörper erhielt zur Abdichtung eine 4fache Papplage und ist gegen Verletzungen durch eine Hülle aus Beton oder in Zementmörtel verlegten Kalksandsteinen geschützt. Das Ende der Eisenbetonröhre wurde durch zwei 3 m voneinander entfernte Stirnwände abgeschlossen[111] und das ganze Bauwerk gegen Beschädigungen durch Schiffsanker durch eine Decke von 5 mm starken, in Zementmörtel verlegten Eisenblechen geschützt, über der nochmals eine 10 cm starke Betonschicht ruht.
Kurz vor Beendigung der Ausschachtungen, als die Sohle des nördlichen Tunnelabschnitts nahe bis zur Spreemitte fertiggestellt war, machte sich am Kopfende des Südtunnels starker Wasserandrang bemerkbar, der sich bei der Herstellung der Verbindung mit dem Südtunnel noch steigerte, bis ein Bruch eines Teiles der äußeren Spundwand des Fangedamms und ein ungehemmter Wassereinbruch eintrat und infolge von Kolkbildung unter dem fertigen Tunnelende das äußerste Stück der Tunnelröhre in einer Länge von etwa 16 m abbrach.
Die Fortführung der Arbeiten geschah in der Weise, daß man den Nordtunnel soweit als möglich fertigstellte, nachdem die Baugrube nach der Einbruchsstelle zu durch einen neuen Kopffangedamm abgeschlossen war, der, gegen den hrüheren um 6 m nach Norden verschoben, fleigrzeitig zum Abschluß für die eigentliche Tunnelgbaucube diente.
Die fast unbeschädigte Betonsohle konnte nach dem Auspumpen der Baugrube und der Beseitigung der eingespülten Sandmassen sogleich fertiggestellt und mit dem weiteren Aufbau des Tunnels fortgefahren werden. Der Raum zwischen Tiefspundwand und Tunnelwandung wurde in ganzer Tiefe mit Sparbeton ausgefüllt (vorher unten Kies, oben Beton). Die Spundbohlen wurden nach Abschluß der Arbeiten nicht herausgezogen, sondern über Spreesohle abgeschnitten, um den Grund nicht zu verletzen.
Nach Abbruch des Fangedamms wurde auch die nördliche Fahrrinne freigegeben, und man schritt zum Aufbau der Insel (Abb. 123) in der Mitte des Flußlaufs, von der aus das fehlende Verbindungsstück zwischen Nord- und Südtunnel innerhalb eines ringförmigen Fangedamms hergestellt wurde, der die Kolkstelle umfaßte. Das abgebrochene Tunnelstück wurde vollständig beseitigt.
Die Bauzeit hat 3 Jahre betragen.
III. S. der Nordsüdbahn im Zuge der Friedrichstraße.
Die Nordsüdbahn kreuzt die Spree im Zuge der Friedrichstraße. Der Eisenbetontunnel muß die Pfeilerfundamente der Wiedendammer Brücke durchdringen. Die mittlere Spreetiefe im Zuge der Tunnelachse beträgt 3∙0 m, die Breite des Flusses rd. 62 m. Die Untergrundverhältnisse sind nicht günstig. Unter der Flußsohle steht zunächst eine rd. 2∙0 m starke Schicht moorigen Sandes an. Dann folgt eine im Mittel rd. 7∙0 m dicke Schicht scharfen, z.T. grobkörnigen Kieses mit Lehm- und Tonnestern, die sich an der südwestlichen Ecke der Baustelle bis auf 30 m Tiefe hinabzieht. Darunter haben die Bohrungen scharfen Sand verschiedener Körnung festgestellt mit Nestern, die bis kopfgroße Steine enthalten. Westlich der Baustelle befindet sich in unmittelbarer Nähe ein an den Rändern steil abfallendes Loch, das mit wenig tragfähigem Sand gefüllt ist (wohl die alte Pankemündung).
Man entschloß sich, Brücke und Pfeiler völlig zu beseitigen und die Pfeiler in neuer Gestalt, die Brücke unter Verwendung des alten Materials wieder aufzubauen.
Die Bauweise, die man wählte, sieht 3 Bauabschnitte (Abb. 124) vor. Zunächst wurde vom nördlichen Ufer aus ein 3 m breiter Fangedamm erstellt, dessen Flügel an die Ufermauern anschließen. Am südlichen Abschluß der so gebildeten Halbinsel wurde der Fangedamm durch eine 13 m lange, einfache Spundwand ersetzt, um ein gutes Übergreifen des Bauabschnitts I auf den Abschnitt II zu ermöglichen. Ein Leitwerk erleichtert die Schiffahrt. Nach Trockenlegung der Baugrube bis etwa 2∙0 m unter Flußsohle wurden die beiden nördlichen Brückenpfeiler beseitigt und an ihrer Stelle zu beiden Seiten des künftigen Tunnels Pfeilerteile auf Beton zwischen Spundwänden bis zur Tiefe der Tunnelsohle unter Wasser gegründet[112] und durch eine Überbrückung aus Eisenbeton über die Tunnelbaugrube hinweg miteinander verbunden. Zur Umschließung der eigentlichen Tunnelbaugrube wurden gleichzeitig die hölzernen und eisernen Spnudwände eingetrieben. Auch wurden die Rohrbrunnen für die Grundwasserabsenkung außerhalb der Spundwände im Spreebett erstellt. Sodann hob man den Boden in der inneren Baugrube so weit aus, wie es die Wirkung der Pumpenanlage gestattete, brachte eine Baugrubendecke (Abb. 125 u. 126) ein, dichtete sie und deckte den gesamten, vom Fangedamm umschlossenen Teil der Flußsohle mit geteertem Segeltuch ab. Zum Abschluß der hinter dem Landpfeiler gelegenen Baugrube wurde auf die zeitweilige Decke eine dichte Betonwand aufgesetzt. Am Südende dieses Abschnitts wurde eine hölzerne Doppelwand auf die Baugrubendecke gesetzt und deren Hohlraum mit Dichtungsmaterial gefüllt.
Während des zweiten Bauabschnitts wird der mittlere Teil der Flußbreite durch einen Fangedamm eingeschlossen. Es verbleibt für die Schiffahrt die südliche Durchfahrt in rd. 14 m Breite zwischen den Streichbalken des Leitwerks, für die Wasserführung eine Breite von 28 m.
Unter ganz ähnlichen Verhältnissen wird der Übergang vom zweiten zum dritten Bauabschnitt erfolgen, bei dem der südliche Teil der Flußbreite durch einen Fangedamm eingeschlossen wird. Der Abbruch des südlichen Landpfeilers und der Fundamente des Strompfeilers sowie der Neubau dieser Pfeiler und die Erstellung der Tunnelgrubendecke sind in diesem Abschnitt durchzuführen. Für die Schiffahrt verbleibt eine Breite von 13∙5 m zwischen Fangedamm und nördlichem Strompfeiler. Auch im zweiten und dritten Bauabschnitt erfolgt noch eine Abdichtung der Flußsohle durch eine Segeltuchlage.
Die Arbeiten des ersten Bauabschnitts sind Ende 1917 noch im Gange. Abweichend vom ursprünglichen Plan sind die ersten 30 m (nördlicher Abschnitt) der Tunnelröhre unter doppeltem Schutz des Fangedamms und der provisorischen Tunneldecke bereits ausgeführt. Es ist beabsichtigt, im dritten Bauabschnitt ebenso zu verfahren. Dementsprechend wird die Tunnelröhre in 3 Teilen erstellt werden, die bis zur gänzlichen Vollendung gegeneinander durch Betonwände abgeschlossen sind.
IV. S. im Zuge der Untergrundbahn Gesundbrunnen-Neukölln an der Waisenbrücke.
An der Baustelle des vierten S. verläuft die Tunnelachse spitzwinklig zu den beiden nahegelegenen Straßenbrücken (Waisenbrücke und Jannowitzbrücke), etwa als Diagonale eines durch die Flußufer und die Brücken umschlossenen Rechtecks (Abb. 127). Da die Breite des Flusses nicht groß ist, sah man von der anfänglich geplanten Ausführung in offener Baugrube (in 2 oder 3 Bauabschnitten ähnlich wie an der Wallstraße) ab, um während der Bauzeit die Behinderung der Schiffahrt in diesem Abschnitt nicht zu vermehren. Aus dem gleichen Grunde wurde von Versenkung etwa 6∙0 m i.L. messender Röhren abgesehen; man beschloß ein Verfahren anzuwenden, das den Bedürfnissen der Schiffahrt in weitestem Maße entgegenkam. Die Bauweise mit Schildvortrieb erschien nicht ratsam, weil dicht bebaute Straßenzüge den Fluß begleiten und kreuzen und man beim Bau des Treptower Tunnels die Erfahrung machte, daß die Schildbauweise bei den Berliner Bodenverhältnissen die Häuserfundamente gefährden könnte.
Es wurden 2 Bauabschnitte zu Grunde gelegt. Im ersten erfolgten alle Arbeiten, die vom Wasserspiegel aus auf und in der Spree zu erledigen waren und die, in der Winterpause 1914/15 zusammengedrängt, ohne eine erhebliche Störung der Schiffahrt durchgeführt werden konnten. Im zweiten Abschnitt wird der eigentliche Tunnelkörper erstellt, u.zw. ohne das Spreebett in Anspruch zu nehmen, von beiden Ufern aus unter einer im ersten Bauabschnitt vollendeten Schutzanlage.[113]
Im einzelnen gestaltete sich der Bauvorgang folgendermaßen: Im Zuge der künftigen Tunnelachse wurde eine 20 m breite und 1∙5 m tiefe Rinne ausgebaggert. Darauf trieb man zur Einfassung der Tunnelbaugrube eiserne Spundwände ein, die von Tauchern 4 m unter Wasser abgebrannt wurden. Die Brunnen für die spätere Grundwasserabsenkung wurden sodann eingebaut und vorläufig abgestöpselt. Auf die Köpfe der Spundwand ließ man nun in die gebaggerte Rinne in Abständen von 1∙5 m Gitterträger herab und verband diese durch Betonieren unter Wasser zu einer starren Platte, die zuletzt mit Segelleinwand und einer 25 cm starken Schotterschicht abgedeckt wurde (Abb. 128). Die Leinwand reicht beiderseits noch 10 m über die Schutzdecke hinaus. Die Schutzdecke besteht aus etwa 1∙10 m hohen Gitterträgern von je 17 m Länge, die unter Verwendung des Rammgerüstes aufgebaut, zu je 7 miteinander durch Querträger verbunden und nach Einbringung eines 6 cm starken, mit Asphaltpappe abgedeckten Holzbodens (zwischen den Trägern) abgesenkt wurden. Mit einem Auflagerholm setzen sich die Schutzdeckenträger auf die Spundwand. Ein dicker Tonwulst umschließt die Köpfe der Spundwandeisen.
Mit den Rammarbeiten wurde Anfang Dezember 1914 vom nördlichen Ufer aus begonnen, u.zw. von einem festen Gerüst aus. Der nördliche Ast des Gerüstes reichte so weit, als es der geringe Schiffsverkehr des Winters zuließ. Nachdem die Betonarbeiten an der Schutzdecke zur Hälfte fertiggestellt waren, wurde das Rammgerüst vom Nordufer bis Spreemitte beseitigt. Es blieb nur inselartig so viel stehen, wie zur Aufnahme der Ramme und der Schüttbühne notwendig war. Dann wurde die Schiffahrt auf den nördlichen Teil der Fahrrinne übergeleitet und die Verbindung der Insel mit dem südlichen Ufer hergestellt. Die Herstellung der Schutzdecke wurde dann zu Ende geführt. Nachdem die letzten Platten am Südufer gegen Ende Juli 1915 vollendet waren, ging man an die Bodenausschachtung. Die Grundwasserabsenkung für den eigentlichen Tunnelbau wurde vom südlichen Abschnitt her über die Baugrube ausgedehnt.
Von der Bauausführung der vierseitigen Eisenbeton-Tunnelröhre (Abb. 129) ist vor allem der Arbeitsvorgang bei der Erstellung der Decke bemerkenswert. Die Decke wurde in eigenartiger Weise nicht gleich an ihrem endgültigen Platz eingebaut, sondern, um sich die Vorzüge einer leichten Zugänglichkeit während des Betonierens zu wahren und ein sattes Anpressen gegen die Schutzdecke zu sichern, wählte man ein anderes Verfahren. Die Decke, Beton zwischen -Trägern, wurde zunächst etwa 1∙5 m unter ihrer endgültigen Lage aufgebaut und ruhte dabei auf einem Hebegerüst aus kreuzweise gelegten Eisenträgern, die durch 4 Winden gleichmäßig angehoben werden konnten. So wurden Felder von jedesmal etwa 4∙0 m Länge hergestellt und nacheinander in die endgültige Lage gehoben. Vor der Hebung wurde die fertige Betondecke noch mit einer Dichtung beklebt und mit einer 5 cm starken Schutzschicht überzogen. Um beim Eintreten der Auftriebswirkung ein sattes Anpressen des Tunnels gegen die Schutzdecke sicherzustellen, wurden über der künftigen Mittellängswand sowie über den Seitenwänden Betonwülste angebracht.
Nach Hebung der Decke wird die Verbindung mit den Seitenwandstützen hergestellt (Abb. 130).
Der Tunnel an der Waisenbrücke geht der Vollendung entgegen, trotzdem die durch den Krieg verursachten Schwierigkeiten die Arbeiten empfindlich aufgehalten haben.
V. Tunnel der Nordsüdbahn unter dem Landwehrkanal und weitere geplante Tunnelanlagen.
Diese jüngste Bauausführung tritt gegenüber den beiden Tunneln, die zuletzt beschrieben worden sind, an Bedeutung zurück und bietet kaum Besonderheiten. Er wird in offener Baugrube gebaut.
Im ersten Bauabschnitt werden die beiden Rampenstrecken der Bahn so weit in den Kanal hineingebaut, daß in Richtung des Scheitels der Belle-Alliance-Brücke eine Schiffahrtsöffnung von 7∙5 m Breite freibleibt. Fangedämme halten der Baugrube das Kanalwasser, eiserne Spundwände das Grundwasser fern. Die Köpfe der beiden Fangedämme schützt ein festes Leitwerk. Durch die Schiffahrtsöffnung vermag die gesamte Wassermenge von 15 m3/Sek., die dem Kanal bei H.W. zugewiesen wird, bei nur ganz geringem Stau abzufließen, mit einer Geschwindigkeit von v = 1∙047 m/Sek.
Noch 2 weitere Tunnelanlagen sind für die nächste Zeit zur Ausführung bestimmt. Der[114] Tunnel unter dem Luisenstädtischen Kanal wird voraussichtlich unter völliger Sperrung der Schiffahrtsstraße einheitlich in offener Baugrube ausgeführt. Für den Tunnel an der Kottbuser Brücke steht die Bauweise noch nicht fest.
VI. Vergleich der verschiedenen Bauweisen.
Ein Vergleich der verschiedenen, bei den einzelnen besprochenen Bauausführungen angewendeten Bauweisen auf ihre technischen und wirtschaftlichen Vorzüge und Nachteile läßt sich nur mit großer Vorsicht durchführen. Die fünf Tunnelbauten sind unter so verschiedenen örtlichen und zeitlichen Verhältnissen zur Ausführung gelangt, z.T. noch unvollendet, daß es nicht möglich ist, einen Zusammenhang zwischen den Arbeitsweisen, der Dauer und der Wirtschaftlichkeit der Bauausführungen zu erkennen.
Literatur: Schnebel, Der Spreetunnel zwischen Stralau und Treptow bei Berlin. Zbl. d. Bauverw. 1896, S. 414 u. 1899, S. 105. Kemmann, Der Spreetunnel der Hoch- und Untergrundbahn in Berlin. Zbl. d. Bauverw. 1913, S. 283. Bousset, Die Erweiterungen der Berliner Hoch- und Untergrundbahn vom Jahre 1913. Verkehrstechn. W. 1914, Nr. 32 u. 33. Tunnel unter der Spree in Berlin. Ztschr. dt. Ing. 1916, S. 721. Der dritte Spreetunnel in Berlin. Zbl. f. Wasserbau u. Wasserwirtschaft 1915, S. 14. Die Anwendung eines neuen Bauverfahrens für die Spreeunternehmung der A.E.G.-Schnellbahn in Berlin. Ztschr. dt. Ing. 1915, Nr. 16.
Seidel.
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