Stationsnamen

[149] Stationsnamen. Die Eisenbahnstationen werden nach den Orten benannt, in denen sie liegen und deren Verkehr sie vermitteln. Die S. bilden mit den Stationsentfernungen die erste Grundlage für die Herausgabe der Fahrpläne, die Veröffentlichung der Tarife und überhaupt für die gesamte Darstellung und Abwicklung des Betriebs- und Verkehrsdienstes. Kurze S. sind die besten, weil sie ganz außerordentlich oft gedruckt, geschrieben, telegraphiert und ausgesprochen werden. Die Anwendung von Doppelnamen und sonstiger Zusätze sollte auf die unbedingt nötigen Fälle beschränkt und nur zugelassen werden, wenn es zur Vermeidung von Verwechslungen nicht zu vermeiden ist. Die Durchführung dieser Grundsätze ist in der Regel dem Ermessen der Eisenbahnverwaltungen überlassen. Es bestehen darüber weder Anordnungen der Aufsichtsbehörden, noch Vereinbarungen unter den Eisenbahnverwaltungen. In Österreich ist es vielfach üblich, nebst dem deutschen S. auch den in der Landessprache anzubringen. Doppelnamen sind nur zu wählen, wenn sie zur Unterscheidung von bereits bestehenden Stationen unvermeidlich sind. Für die Schweiz ist die Festsetzung der S. durch Bundesratsbeschluß vom 11. Februar 1874 geregelt. Schweizerische Eisenbahnstationen, die in der Nähe mehrerer Ortschaften liegen, sind für den Fall, daß die Station weder in das eine noch in das andere Dorf zu liegen kommt, nach beiden Gemeinden zu benennen. Wird infolge der Bodenbeschaffenheit ein bedeutender Ort von der Bahnlinie nicht erreicht, liegt daher die Station an einer Gemeinde von geringerer Bedeutung, so wird diese als natürliche und wirkliche Station zuerst genannt und der Name des Hauptortes angefügt. Wenn die Station aber im Bereich einer großen zusammenhängenden Ortschaft liegt, soll sie ausschließlich den Namen derselben erhalten, ohne Rücksicht auf die Gemeinden, die auf die gleiche Station angewiesen sind. Nach ähnlichen Gesichtspunkten wird in den übrigen Ländern verfahren. In den meisten Fällen wird man mit der Benennung der Station nach dem Namen der wichtigeren Gemeinde auch dann auskommen, wenn die Stationsanlagen über das Gebiet mehrerer Gemeinden sich erstrecken. Die kleineren Gemeinden wünschen in solchen Fällen meistens bei Festsetzung des S. berücksichtigt zu werden, während die Eisenbahnverwaltung aus den angegebenen Gründen auf einfache und kurze Ausdrucksweise drängt. Aus gleichem Grunde muß sie den Bestrebungen entgegentreten, die darauf gerichtet sind, durch Zusätze zum Ortsnamen, wie dies besonders bei Badeorten üblich geworden ist, zum Bekanntwerden oder zur Weiterverbreitung des Rufes der Orte beizutragen. Liegen mehrere Bahnhöfe innerhalb derselben Gemeinde, so muß jeder einen besonderen S. erhalten; dabei sind dann Zusätze unvermeidlich. Für ihre Wahl bietet die Lage nach der Himmelsrichtung, die Unterscheidung nach Hauptbahnhof (Hbf.) und Rangierbahnhof, Güterbahnhof, Abstellbahnhof, ferner nach besonderen Stadtteilen oder Ortsteilen einen Anhaltspunkt. Liegen mehrere Stationen in einer Gemeinde an verschiedenen Bahnstrecken, so werden sie durch Zusätze, die auf die Eigentumsbahn, auf die Verwaltungsbezirke oder auf Stadt- und Gemeindeteile oder ebenfalls auf die Himmelsrichtungen hinweisen, unterschieden. In allen Fällen ist aber auf möglichste Kürze, nötigenfalls unter Anwendung von im Sprachgebrauch üblichen Abkürzungen (s.d.) Bedacht zu nehmen. Angaben in den Kursbüchern, wie Berlin Anh. Bf., Wien Südbf., Dresden Hbf., Dresden Neustadt, Leipzig Bayer. Bf., Calais[149] Hafenbf., Calais Stadtbf., sind bezeichnend und für jedermann verständlich.

Obwohl durch deutliche S. Verwechslungen vermieden werden, so sind doch zu diesem Zweck noch weitere Maßnahmen erforderlich. Zunächst müssen die Unterscheidungsmerkmale gleich- oder ähnlich lautender S. in möglichst weitgehender Weise bekanntgegeben werden. Hierzu dienen außer den von den Eisenbahnverwaltungen herausgegebenen Ortsverzeichnissen die besonderen Verzeichnisse der Eisenbahnstationen mit gleichlautenden oder ähnlichen Namensbezeichnungen. Sie werden sowohl von einzelnen Eisenbahnverbänden als auch von größeren Verwaltungsbezirken herausgegeben. So enthält die Kundmachung 1 des DEVV. für den Bereich dieses Verbandes ein solches Verzeichnis, das in ähnlicher Weise auch der VDEV. für sein Gebiet herausgibt.

Für die Unterweisung der Reisenden und Erleichterung der Zugabfertigung ist die deutliche Anbringung der S. und bei Dunkelheit ihre gute Beleuchtung sehr wichtig. Für Deutschland ist deshalb durch § 26 (1) der BO. vorgeschrieben: »Auf den dem Personenverkehr dienenden Stationen ist der Name in einer den Reisenden ins Auge fallenden Weise anzubringen.« Ein gleiches bestimmt die österreichische Verordnung vom 10. Oktober 1874, der Art. 64 der niederländischen Verordnung vom 28. Oktober 1889 und die französische Verordnung vom 17. September 1863. Im Bezirk der preußischen Staatsbahnen erfolgt die Durchführung dieser Bestimmungen auf Grund einer besonderen Dienstanweisung, der »Vorschriften betreffend die Anbringung von Stationsnamen und der Hinweise für das Zurechtfinden der Reisenden auf den Stationen«, denen als Anhang der Ministerialerlaß vom 25. Dezember 1910 betreffend »Grundsätze für die einheitliche Schreibweise von Stationsnamen und politischen Ortsnamen« beigefügt ist. Die hierdurch erzielte einheitliche Anbringung der S. trägt wesentlich zum Erfolg der Maßnahmen bei.

Über das Ausrufen der S. durch die Schaffner bei Ankunft der Personenzüge s. Ausrufen der Stationsnamen.

Breusing.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 9. Berlin, Wien 1921, S. 149-150.
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