[157] Cranach, Lukas. Lukas Cranach der Aeltere (sein eigentlicher Name war L. Müller oder Moller, nach anderen Sunder) war ein vielseitiger Mann, ein fruchtbarer Maler, Formschneider und Kupferstecher, Besitzer einer Apotheke, Ratsherr und Bürgermeister, Buch- und Papierhändler und auch Buchdrucker, wenigstens Inhaber einer Presse, aus der, wie Dr. Knaake (im Centralblatt f. Bibliotheksw.) nachzuweisen sucht, nicht weniger als 36 Drucke hervorgegangen sind.
Cranach, geb. am 4. 10. 1472 zu Kronach in Franken, gest. 16. 10. 1553 in Weimar, Hofmaler dreier sächsischer Kurfürsten und Freund Luthers, verband sich 1506 mit Christian Doering (Kerstens Doringk), einem Wittenberger Goldschmied, zur Einrichtung einer Druckerei. Durch Luthers Briefwechsel wird auch der beiden Thätigkeit als Verleger dargethan: Das Newe Testament Deutzsch, Vuittemberg (Sept. 1522), während ihre Druckerthätigkeit erst 1522 oder 1523 begonnen haben kann. Sie errichteten eine Presse, die der evangelischen Lehre dienstbar sein sollte, insbesondere sind anscheinend auf ihr nur Luthersche Schriften und Bibeln gedruckt worden. Zwar trägt auffallenderweise keins der Cranachschen Druckwerke ein Impressum, ihre Herkunft ist daher nur durch die Uebereinstimmung der typographischen Ausstattung (gleiche Typen, Titeleinfassung) festzustellen. Als Zeichen Cranachscher Drucke sieht Dr. Knaake folgende Titeleinfassung an: Das Schriftfeld bildet die Vorderseite eines Vorbaues, an den sich hinten links und rechts ein Pfeiler schließt, welcher, nach dem Kreisbogen oben zu urteilen, halbrund gedacht werden muß; oben in der Mitte hält ein Engel einen blattförmigen Schild vor sich, welcher nur mit kleinen Schattierungsstrichen etwas ausgefüllt ist, und von dem Schilde geht nach links und rechts Blattwerk aus, das von je einem Engel mit der einen Hand gehalten wird, während die andere das Ende eines füllhornartigen Gebildes gefaßt hat; dies zieht sich an der linken wie an der rechten Seite bis etwa zur Mitte herab, wo Früchte[157] und Blätter daraus hervorquellen; von da ab fällt es wie ein dickes, immer dünner werdendes Tau herab bis nach unten, wo ein Engel zwischen zwei lagernden Hirschen das linke Gehänge mit dem rechten verknüpft.
Weiter wird angenommen, daß Luther seinem eigentlichen Bibeldrucker Melchior Lotther in Wittenberg um 1524 den Druck abgenommen habe, um ihn an Cranach zu vergeben. Dieser habe dann an Lotthers Stelle einen Drucker angenommen, Joseph Klug. Nach 1525 scheint Cranach seine Druckerthätigkeit eingestellt zu haben.
Auch als Sortimentsbuchhändler lernen wir Cranach kennen; 1526 verlangt Kurfürst Albrecht zu Mainz von ihm die Zusendung verschiedener Litteratur »Du wollest uns alle neue gute leswirdige bücher, so im kurze bey adder annder werenn ausgegangen.... hiereyn übersenden«. 1527 schickt Cranach dem Kurfürsten eine Rechnung über gelieferte Bücher im Betrage von 183 fl. 6 Gr. 9 Pfg. einen Bücherladen muß Cranach auch besessen haben, denn in einer Wittenberger Stadtrechnung von 1525 heißt es »xxxvj gl. Cristoff Schramm in Lucas Cranachs Buchladen vor ij Ryß papier geben.«
Cranachs Thätigkeit in der Buchillustrationen seines Jahrhunderts war von großer Bedeutung, wie namentlich das prachtvolle Turnierbuch Johann Friedrichs mit 146 Blättern beweist. Die Zeichnungen zu den Illustrationen der Satire Passional Christi und Antichrist (1521, wahrscheinlich gedruckt von Johann Grünenberg in Wittenberg) lieferte Cranach. Die Teilnahme des Meisters an der Illustration von Luthers Bibelwerk ist bekannt; Butsch führt in seiner Bücherornamentik (Tafel 89-93) eine Reihe geistvoll erfundener Büchertitel vor. Zu den bezeichnendsten Blättern gehören zweifellos die Titelumrahmung mit der Buchdruckerpresse, nebst Eule und Bär (1520) und die mit den weidenden Hirschen (1527) zu Luthers Streitschrift gegen die Schwarmgeister.
Quellen: Dr. Knaake (siehe oben); Heller, L. C. Leben und Werke, Nürnberg 1854.