[331] Cranach, Lukas, Maler, soll eigentlich Lukas Müller geheißen haben, geb. im Oktober 1472 zu Kronach in Oberfranken, woher er den Namen erhielt, unter dem er bekannt geworden ist, gest. 16. Okt. 1553 in Weimar. Er lernte bei seinem Vater, seine weitern Schicksale in der Jugend und seine fernere Ausbildung sind aber nicht bekannt. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß er aus der fränkischen Schule hervorgegangen und dort Einflüsse von M. Grünewald und A. Altdorfer erhalten hat. Davon zeugt die Ruhe auf der Flucht von 1504 (im Berliner Museum), das älteste datierte Gemälde von ihm, das uns bekannt ist, zugleich ein Meisterwerk in der Kraft der Naturanschauung und in der Färbung, das er nicht wieder übertroffen hat. 1505 trat er als Hofmaler in den Dienst des Kurfürsten Friedrich des Weisen und war anfangs in Torgau, bald aber in Wittenberg ansässig, wo er eine Tätigkeit entwickelte, die alle Zweige des Malerhandwerks umfaßte und eine solche Ausdehnung[331] annahm, daß er zahlreiche Gehilfen in seine Werkstatt aufnehmen mußte, welche die bei ihm bestellten Altarbilder, Porträte etc. nach seinen Entwürfen mehr oder weniger handwerksmäßig ausführten. Dadurch, daß er alle diese Werkstattsarbeiten mit seinem Zeichen versah, hat er selbst seine künstlerische Bedeutung herabgesetzt. Der Kurfürst verlieh ihm 1508 ein Wappen mit seinem Malerzeichen, einer geflügelten Schlange (s. nebenstehend), und im folgenden Jahre sandte er ihn nach den Niederlanden, wo er den kleinen Prinzen Karl, den spätern Kaiser Karl X., malte. 1520 kaufte er sich in Wittenberg eine Apotheke und richtete später einen Buchladen und eine Papierhandlung ein.
An dem Reformationswerk beteiligte sich C. durch Gemälde und Holzschnitte, die das Papsttum geißeln, und vervielfältigte die Bildnisse seiner Freunde Luther und Melanchthon. Die Kurfürsten Johann der Beständige und Johann Friedrich der Großmütige bewiesen sich nicht minder als Friedrich der Weise dem Maler geneigt. Auch seine Mitbürger ehrten ihn und erwählten ihn 1519 zum Kämmerer des Rates, 1537 und wieder 1540 zum Bürgermeister, welches Amt er bis 1544 bekleidete. 1550 begab er sich auf Wunsch des gefangenen Kurfürsten Johann Friedrich zu diesem nach Augsburg und zwei Jahre später mit ihm nach Weimar, wo er starb und in der Hofkirche begraben wurde. C. erfreute sich seinerzeit in Deutschland des größten Rufes, wozu hauptsächlich sein Verhältnis zu den Reformatoren, dann aber auch seine große Fruchtbarkeit beitrugen. Er hat fast die gesamte Kunstrichtung Mittel- und Norddeutschlands beherrscht, ohne sich jedoch an künstlerischer Bedeutung mit Dürer und Holbein messen zu können. Von der italienischen Formenwelt zeigt er sich wenig berührt, er blieb stets in einer kleinlichen Anschauung der Form befangen. Seine Farben sind klar und haben sich sehr gut gehalten. Zu Gegenständen erhabenern Charakters fehlte es ihm an Schwung, er faßt alles spießbürgerlich, in engem Gesichtskreis auf. Am meisten befriedigt C. im Porträt; seine Sorgfalt der Ausführung war hier am besten am Platz. Doch vermochte er nicht, die Charaktere groß und voll aufzufassen. Sehr ergötzlich sind seine kleinen mythologischen Darstellungen, die nichts vom Geiste der Antike haben, sondern nur als naiv erzählte, bisweilen im burlesken Sinne des Mittelalters behandelte Märchen erscheinen. Besonders anziehend sind sie, wenn er sie in landschaftlicher Umgebung darstellte, die er mit Phantasie zu schildern verstand. Er bewegte sich in seinen Figuren mehr in Typen als in Physiognomien nach der Natur. Sein Hauptwerk religiösen Inhalts ist das große Altarwerk in der Stadtkirche zu Weimar (Christus am Kreuz in der Mitte, links die Auferstehung Christi und rechts Johannes der Täufer), das nach seinem Tode von seinem Sohn Lukas C. dem jüngern vollendet wurde. Seine Bilder sind überaus häufig; doch bilden seine eigenhändigen Arbeiten darunter die Minderzahl. C. war auch trefflicher Miniaturmaler und Illuminierer, wie das sächsische Wappen auf der Universität zu Jena, das Wittenberger Universitätsalbum zu Halle und namentlich das prachtvolle Turnierbuch Johann Friedrichs, mit 146 Blättern, in Koburg beweisen. C. bezeichnete seine Werke bloß mit einem aus L und C zusammengesetzten Monogramm oder mit seinem Wappen, einer mit Drachenflügeln versehenen Schlange, die einen Ring im Maul hat. Die Berliner Gemäldegalerie besitzt eine Anzahl bedeutender Werke Cranachs: eine Folge aus dem Leiden Christi, Apollo und Diana, der Brunnen der Jugend, Venus und Amor, das Porträt Albrechts, Kurfürsten von Mainz etc. In der Galerie zu Dresden befinden sich: Adam und Eva, Judith und Lucretia, Delila und Simson, David und Bathseba, Christus an der Säule von 1515, der bethlehemitische Kindermord, Christus und die Kinder, eine ruhende Quellnymphe von 1518, verschiedene Porträte. Zu Innsbruck befinden sich mehrere seiner besten Bilder: in der Kirche zu St. Jakob das berühmte Wallfahrtsbild Maria Hilf, in der Kapuzinerkirche ein schönes kleines Madonnenbild mit dem Christuskind. Die Paulinerkirche in Leipzig besitzt einen Christus, der die Kindlein zu sich kommen läßt, das Museum daselbst das Bildnis eines Sterbenden. In der Schloßkirche zu Mansfeld ist das Altarbild mit der Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung von C. Im Dom zu Meißen sieht man den Heiland mit den Wundmalen, im gotischen Hause zu Wörlitz eine Vermählung der heil. Katharina, in der Stadtkirche zu Naumburg Christus, die Kinder segnend, in der Marienkirche zu Torgau die 14 Nothelfer. Die Pinakothek zu München besitzt: Moses und Aaron mit den Gesetzestafeln, die Ehebrecherin, Lucretia, Christus am Kreuz, die Porträte von Luther, Melanchthon und Friedrich dem Weisen, Venus und Amor; die königliche Bibliothek daselbst ein auf Pergament gedrucktes Gebetbuch mit Randzeichnungen von C. und Dürer, die lithographiert erschienen sind. In der Eremitage zu Petersburg befindet sich: die Madonna unter dem Apfelbaum, Venus und Cupido und die Heirat eines Jünglings mit einer häßlichen Frau; in der königlichen Galerie zu Schleißheim: Maria mit zwei Engeln, die heil. Katharina und ihre Enthauptung, ein alter Mann ein junges Mädchen liebkosend, der Mund der Wahrheit u. a.; in der Marktkirche zu Halle und in der Stadtkirche zu Schneeberg zwei große Altarwerke, die aber unter starker Beihilfe von Schülern ausgeführt sind. Im Hofmuseum zu Wien zeichnen sich aus: die Anbetung der Weisen, Christus den heiligen Frauen erscheinend, die heil. Katharina und Rosalia, der heil. Hieronymus mit dem Löwen und der heil. Leopold. C. hat auch acht Blätter in Kupfer gestochen, aber bedeutender war seine Tätigkeit für den Holzschnitt, für den er eine große Menge z. T. recht wirkungsvoller Zeichnungen geliefert hat. Vgl. Heller, L. Cranachs Leben und Werke (Bamb. 1821); Schuchardt, L. Cranachs des ältern Leben und Werke (Leipz. 185171, 3 Bde.; Kupferhest dazu, Weim. 1851); Warnecke, Lukas C. der ältere (Görl. 1879); M. B. Lindau, Lukas C. (Leipz. 1883); Lippmann, Lukas C., Sammlung von Nachbildungen seiner vorzüglichsten Holzschnitte und seiner Stiche (Berl. 1895); Woermann, Verzeichnis der Dresdener Cranach-Ausstellung von 1899 (Dresd. 1899); Flechsig, Tafelbilder Cranachs des ältern und seiner Werkstatt (Leipz. 1900); Derselbe, Cranachstudien (Bd. 1, das. 1900); Muther, Lukas C. (Berl. 1902); Michaelson, L. C. der ältere. Untersuchungen über die stilistische Entwickelung seiner Kunst (Leipz. 1902).
Cranachs zweiter Sohn, Lukas, genannt der jüngere, geb. 4. Okt. 1515 in Wittenberg, gest. 25. Jan. 1586 in Weimar, war ebenfalls Maler und als solcher Schüler seines Vaters, an dessen Bildern er großen Anteil gehabt hat. In Weimar, Dresden, Leipzig u. a. O. sieht man Werke von ihm, die im Stil seines Vaters gehalten sind, aber an größerer[332] Mangelhaftigkeit der Zeichnung und schwererer Farbe leiden. C. wurde 1549 Ratsherr, 1555 Kämmerer und 1565 Bürgermeister von Wittenberg und ließ sich später in Weimar nieder.
Buchempfehlung
Bereits 1792 beginnt Jean Paul die Arbeit an dem von ihm selbst als seinen »Kardinalroman« gesehenen »Titan« bis dieser schließlich 1800-1803 in vier Bänden erscheint und in strenger Anordnung den Werdegang des jungen Helden Albano de Cesara erzählt. Dabei prangert Jean Paul die Zuchtlosigkeit seiner Zeit an, wendet sich gegen Idealismus, Ästhetizismus und Pietismus gleichermaßen und fordert mit seinen Helden die Ausbildung »vielkräftiger«, statt »einkräftiger« Individuen.
546 Seiten, 18.80 Euro