Strauß, Emil

[938] Strauß, E. Emil Strauß war am 18. August 1845 in Köln geboren, besuchte die Gymnasien in Oehringen und Darmstadt. Er begann dann in Bonn in der Buchhandlung von Adolf Marcus den Buchhandel zu lernen, war später in Frankfurt am Main und in Berlin tätig, kehrte aber am 1. Juli 1870 nach Bonn zurück, um fortan hier ständig zu bleiben. Er übernahm das Sortimentsgeschäft seines früheren Lehrherrn unter der Firma Marcus'sche Sortimentsbuchhandlung (Emil Strauß). Als selbständiger Verleger[938] begann er kurz darauf, am 1. Januar 1873, indem er die Werke seines geistesgewaltigen Vorfahren David Friedrich Strauß übernahm. Ernst Haeckel hat ausdrücklich bestätigt, »ohne Emil Strauß wären die »Welträtsel« nicht geschrieben, er hat sie angebahnt und durchgesetzt.« Auch Carmen Sylva hat ihre Werke bei Strauß verlegt. Dazu kamen im Laufe der Jahre, wie das die Verhältnisse der Universitätsstadt mit sich brachten, hauptsächlich fachwissenschaftliche Werke aus allen Disziplinen, ferner Zeitschriften wie das Archiv für die gesamte Physiologie, das Geheimrat Pflüger, das Zentralblatt für allgemeine Gesundheitspflege, das früher Finkelnburg, Lent und Wolffberg herausgaben und jetzt Lent, Stübben und Dr. Kruse bearbeiten. Daneben bildete Strauß einen landwirtschaftlichen Provinzialverlag aus (Rhein. Jahrbuch für Gartenkunde und Botanik, Karnicke und Werners Handbuch des Getreidebaues, Sammlung landwirtschaftl. Kompendien in 11. Bdn. usw.). Dieser Verlag ging bald darauf – mit Ausnahme des an Paul Parey in Berlin verkauften Handbuches des Getreidebaues – an Gebrüder Haering in Braunschweig über, ihn dann zum Teil an J. Neumann in Neudamm weitergaben. Der Strauß'sche Kunstverlag zeichnete sich insbesondere durch die Pflege der malerischen Originalradierung aus. Unter ihnen sind die Mannfeld'schen Originalradierungen rheinischer Städtebilder zu besonderer Bedeutung gelangt. An Mannfeld schloß sich der schlesische Malerradierer Hugo Ulbrich an. Auch Carmen Sylva hat ihm ihre Werke anvertraut.

Die Sortimentsbuchhandlung ging am 1. Juli 1891 in den Besitz von Röhrscheid und Ebbecke über. Im Jahre 1892 trat Strauß eine Zweigstelle, die er 1889 in Godesberg errichtet hatte, an den Buchhändler Emil Passarge ab. Seitdem erweiterte er seinen Verlag; mit ihm verband er ein wissenschaftliches Antiquariat, 1894 errichtete er eine Zweigniederlassung in Leipzig, in seinen letzten Lebensjahren betrieb er besonders eifrig den Kunstverlag. Prachtvolle Ansichten vom Rhein, darunter wunderbare Ansichten von Bonn, teils von Mannfeld, teils von Ulbrich, erschienen in schneller Reihenfolge. Der Bedeutung seines Verlags entsprechend wurde Strauß vielfach in Ehrenstellungen des Buchhandels berufen: in verschiedene Ausschüsse des Börsenvereins, als Vorsitzender in den Wahlausschluß, zum Schatzmeister des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine im deutschen Buchhandel. Strauß hat in dem kaufmännischen und öffentlichen Leben der Stadt Bonn eine hervorragende Rolle gespielt. Er war einer der eifrigsten und opferwilligsten Vorkämpfer des Liberalismus; für ihn rastlos und selbstlos zu wirken, war ihm Herzensbedürfnis. Die Aufklärung in immer weitere Kreise zu tragen,[939] das war überhaupt das Ziel seines Trachtens und Strebens. Die Bonner Bücher- und Lesehalle in der Quantinsstraße ist vornehmlich sein Werk, für sie überwand er die größten Schwierigkeiten, für sie warb und wirkte er mit nicht erlahmender Ausdauer. Und neben dem Verein und neben der Lesehalle galt sein Eifer vor allem der Bonner Zeitung. Er hat zu ihren Gründern und zu ihren Aufsichtsräten gehört. Wenn heute in Bonn ein ausgebreitetes Fernsprechnetz besteht, wenn in den Alpen eine Hütte den Namen Bonns trägt, so ist auch das zumeist sein Werk; er, der Begründer der Bonner Sektion des deutsch-österreichischen Alpenvereins, betrieb die Einweihung dieser Schutzhütte mit rastlosem Eifer.

Strauß starb am 31. 8. 1903; der Verlag ging an Alfred Kröner in Stuttgart über.

Unter dem Titel »Emil Strauß, ein deutscher Buchhändler am Rhein« hat Dr. O. von Hase ein prächtiges Lebensbild von Strauß erscheinen lassen. Der Verfasser faßt seine Aufgabe zusammen, indem er sagt: »Emil Strauß hat in seinem schonungslos klaren Kopfe diesen Zeitwandel treu widergespiegelt und sich am Ringen um seine Durchführung hervorragend beteiligt. Die aus frischen Quellen fließende Schilderung seiner Jugend und seines Kampfes, seiner Verlagsbetätigung und Lebensführung kann den kurz vor seinem Tode unter seiner Mitwirkung friedlich beendeten Reformkampf innerhalb des Buchhandels wohl auch weiteren Kreisen verständlich machen.«

Quellen: O. v. Hase, Emil Strauß, Leipzig 1907.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 938-940.
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