[1060] Zimmer, J. G. Johann Georg Zimmer, der Verleger der Romantiker wurde am 11. Januar 1777 auf der Untermühle bei Homburg v. d. H. geboren. Seine große Neigung zum Lesen war mitbestimmend für die Wahl des buchhändlerischen Berufes, den er am 16. Oktober 1791 bei E. L. Zeßler in Frankfurt a. M. als Lehrling antrat.
Eine im Frühling 1797 bei Dieterich in Göttingen angetretene Stelle gab ihm neben weiterer Ausbildung im Buchhandel auch bereits Gelegenheit, bei berühmten Professoren, wie Blumenbach, Heyne, Pütter, Planck zu hospitieren. Zur Ostermesse 1799 besorgte er die Abwicklung der buchhändlerischen Geschäfte in Leipzig. Auch 1800 war er dort wieder tätig, diesmal jedoch als Gehilfe von Friedrich Perthes in Hamburg, dessen Associé H. Besser er bereits in Göttingen[1060] kennen gelernt hatte. Letzteren begleitete er dann nach Hamburg, wo er in die freundschaftlichsten Beziehungen zu Perthes und dessen Familie trat.
Wiederholt erneuerte Bekanntschaft mit dem Buchhändler J. C. B. Mohr, welcher 1804 die Buchhandlung von Aug. Hermann in Frankfurt übernommen hatte, führte im Juni 1805 zur Errichtung der zunächst unter Zimmers Leitung stehenden »Akademischen Buchhandlung von ⇒ Mohr & Zimmer« in Heidelberg. Von den Professoren der 1803 erneuerten Universität trat Zimmer u.a. mit Creuzer, Daub, Heise, Martin, Schwarz und Kästner nicht nur in geschäftliche, sondern auch freundschaftliche Beziehungen. Schon im ersten Geschäftsjahr wurde die später durch so manche hervorragende Erscheinung ausgezeichnete Verlagstätigkeit aufgenommen, und bedeutungsvoll erscheint es, daß dieselbe eröffnet wurde mit einer der charakteristischen Erscheinungen der Romantik; »Des Knaben Wunderhorn«, herausgegeben von den Hauptführern der Romantik Clemens Brentano und Ludwig Achim von Arnim, mit denen Zimmer sich bald nach seiner Ankunft in Heidelberg befreundet hatte. »In diesem Geiste«, heißt es in einem Briefe Zimmers, »fuhren wir nachher fort, Werke von August Wilhelm Schlegel, Friedrich Schlegel, Jean Paul Friedrich Richter, Görres, Ludwig Tieck u.a. zu verlegen. In alle diese Unternehmungen wurde ich zwar zunächst durch meine persönliche Bekanntschaft geführt; aber mein lieber Kollege Mohr in Frankfurt gab gern seine Zustimmung dazu, wie er denn an den Lasten und Sorgen, in die sie uns brachten, seinen Anteil reichlich mit zu tragen hatte.
Durch die bei Mohr & Zimmer erscheinenden »Heidelberger Jahrbücher« wurde Zimmers Bekannten- und Freundeskreis wesentlich erweitert. An den Sitzungen der Redaktion nahm er regelmäßig teil.
Brentanos Vorschlag zur Gründung einer Buchhandlung in Landshut und München brachte Zimmer 1808 in nähere Verbindung mit Friedrich Karl von Savigny. So geneigt auch Savigny und eine andere maßgebende Persönlichkeit, Friedrich Heinrich Jacobi, der Ausführung des Projekts sich zeigten, so kam dasselbe schließlich doch nicht zu stande.
Den bisher im Mohr & Zimmerschen Verlage vertretenen Romantikern, die unter andern in der »Zeitung für Einsiedler« einen Sammelplatz fanden, gesellte sich 1808 Jean Paul, namentlich mit Katzenbergers Badereise (1809) hinzu.
Die Bekanntschaft mit den Brüdern Boisserée, die 1810 mit ihren Kunstschätzen nach Heidelberg übersiedelt waren, gab Veranlassung,[1061] auf der Reise zur Leipziger Messe Goethe in Weimar zu besuchen.
Im Jahre 1812 übernahm Zimmer Savignys »Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter«. Nach dem Weggange der Romantiker von Heidelberg war Zimmer hauptsächlich mit Theologen in freundschaftlichen Verkehr getreten, und es ist wohl begreiflich, wie in seinem von Haus aus frommen Gemüte der wohl schon durch die verherrlichenden Darstellungen der romantischen Poesie, vor allem auch durch die Verbindung mit einer Pfarrerstochter, genährte Wunsch, sich selbst noch dem geistlichen Berufe zu widmen mehr und mehr zur Reife gedieh. Aeußerlich bestimmend mochten schließlich die durch die Zeitverhältnisse herbeigeführten ungünstigeren Geschäftsverhältnisse mitwirken, während zugleich die Uebersiedelung Mohrs nach Heidelberg, nachdem er sein Frankfurter Geschäft aufgegeben, die Ergreifung eines andern Berufs nach fünfjähriger alleiniger Leitung des Geschäfts wesentlich erleichterte. Nachdem er noch 1811 die Leipziger Ostermesse besucht, gab er sich eifriger als schon vorher dem Studium des Lateinischen und Griechischen, dann aber dem der Theologie hin. Er hörte namentlich bei Creuzer, Daub, Schwarz, Wilken, Lewald u.a.
Ohne seine durch das Verhältnis mit Mohr fortbestehenden buchhändlerischen Verpflichtungen zu vernachlässigen, hatte er dank seiner zwiefältigen Energie seinen akademischen Kursus 1814 soweit vollendet, daß er sich zum Examen in Karlsruhe melden konnte, welches er dann vor Kirchenrat Wolf in Heidelberg glücklich bestand. Besondere Ehre legte er ein mit der anonym erschienenen Schrift: »Die Bestimmung des evangelischen Geistlichen«.
Selbst neben der ihm als nunmehrigem Kandidaten der Theologie anvertrauten Verwaltung des lutherischen Pfarramts in Schriesheim an der Bergstraße versah er noch monatelang seinen Dienst in der Heidelberger Buchhandlung, indem er hier in der Woche arbeitete, in Schriesheim Sonntags predigte. Diese Zeit rechnete er zur glücklichsten seines Lebens.
Auch nachdem er im April 1815 mit seiner Frau und seinen drei Kindern ganz nach Schriesheim übergesiedelt war, gestaltete sich sein Leben, ungeachtet pekuniär beschränkter Verhältnisse, durch das Entgegenkommen der Gemeinde und ein freundschaftlich-geselliges Verhältnis zu einem reformierten und einem katholischen Kollegen zu einem äußerst angenehmen, in welchem sich »noch ein Stück Romantik« auftat. Seine nach der Siegesnachricht der Schlacht bei Waterloo zum Besten des Schulbaues gedruckte Festpredigt erschien noch mit der Firma Mohr & Zimmer.[1062]
Auf Veranlassung eines Freundes übernahm er im Mai 1816 die zweite lutherische Pfarrstelle in Worms.
Im November 1823 übernahm er das Amt eines Dechanten am Marienstift zu Lich. Durch Vermittelung des Konsistorialrats Spieß wurde Zimmer Ende 1827 nach Abhaltung einer Probepredigt zum Pfarrer der deutsch-reformierten Gemeinde in Frankfurt a. M. ernannt, wo er nach langer, in mancher Hinsicht segensreicher Tätigkeit, auswärtigen Freunden häufig sein gastliches Haus öffnend, am 10. Februar 1853 sein vielfach bewegtes und doch ruhiges und vielfach beglücktes Leben beschloß.
Quellen: H. W. B. Zimmer, J. G. Z. und die Romantiker, Frankfurt am Main 1888.
Buchempfehlung
Als »Komischer Anhang« 1801 seinem Roman »Titan« beigegeben, beschreibt Jean Paul die vierzehn Fahrten seines Luftschiffers Giannozzos, die er mit folgenden Worten einleitet: »Trefft ihr einen Schwarzkopf in grünem Mantel einmal auf der Erde, und zwar so, daß er den Hals gebrochen: so tragt ihn in eure Kirchenbücher unter dem Namen Giannozzo ein; und gebt dieses Luft-Schiffs-Journal von ihm unter dem Titel ›Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten‹ heraus.«
72 Seiten, 4.80 Euro