Amphitheater

[47] [47] Amphitheater.

Ein Gebäude, welches zu den Kampfschauspielen der Römer aufgeführt worden. Das ganze Gebäude war nach einem runden oder ovalen Grundriß angelegt, und ohne Dach. Um den Mittelpunkt des Grundes herum war ein großer runder oder ovaler Platz, mit Sand belegt, und daher Arena genennt. Dieser war die eigentliche Bühne der Kämpfer. Rund um diesen Platz herum waren Gewölber, die unter anderm auch dazu dieneten, die wilden Thiere, die in den Spielen sollten gebraucht werden, darin zu verwahren.

Zunächst über diesen Gewölbern gieng eine Gallerie rings um die Arena herum, auf welche die vornehmsten Zuschauer traten. Von dieser Gallerie an erhoben sich die Sitze oder steinerne Bänke rings herum stufenweise über einander; jede höhere in einem vom Mittelpunkte etwas entfernten Umfange bis an die oberste Gallerie des Gebäudes. Auf diese Weise hatte das ganze Gebäude die Figur eines Bechers, dessen Höhlung sich gegen den Grund zu immer geschmälert, und die Bühne war von allen Plätzen ganz zu übersehen.

Die untersten Reihen der Sitze waren für die reichen und angesehenen Bürger; die obersten für den Pöbel. Vermuthlich war das Gesetz, Lex Roscia genennt, so wol für das Amphitheater, als für das Theater, daß die 14 untersten Reihen der Sitze nur den Vornehmern vorbehalten seyn sollten.1 Wer weniger als vierhundert tausend Sesterzien im Vermögen hatte, gehörte zu keiner der 14 Ordnungen der Bürger, sondern zum Pöbel. Daher sagt Horaz:2


Si quadringentis, sex septem millia desunt

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Plebs eris.


Diese Gebäude waren so groß, daß vor 30 bis 80tausend Zuschauer Platz war.

Lange Zeit waren es nur hölzerne Gebäude, und es läßt sich vermuthen, daß das Amphitheatrum Flavianum, davon noch itzt ein großer Theil steht, und unter dem Namen Colisaeum bekannt ist, das erste ganz maßive Gebäude von dieser Art gewesen sey. Es macht ein Oval aus von 700 Rheinländischen Fußen in die Länge, 500 in die Breite, ist 160 Fuß hoch, und wird in vier Geschosse abgetheilt, deren jedes Arcaden von besonderer Säulenordnung hat. Durch die untersten Arcaden waren die Eingänge, und in dem Raume zwischen der äußersten Mauer und den Gewölben um die Arena waren die Treppen und verschiedene Gänge, welche von außen durch das zwischen den Pfeilern einfallende Licht erleuchtet wurden.

Weil dergleichen Gebäude in unsern Tagen nicht mehr gebräuchlich sind, so enthalten wir uns einer nähern Beschreibung derselben. Wer hierüber nähere Nachricht verlangt, kann sie in dem Traktat, den Lipsius über die Amphitheatra geschrieben hat, ausführlich bekommen.

Man nennt gegenwärtig in unsern Schauspiel-Häusern den Platz, der der Bühne gegen über mit allmählig in die Höhe steigenden Bänken angefüllt ist, das Amphitheater, weil dieser Platz in der französischen Sprache diesen Namen führt.

1Lex Roscia est, qua cavetur, ut proximis ab Orchestra quatuordecim gradibus spectent, quibus est quadringentorum sestertiorum, sagt ein alter Scholiast des Horaz Ep. I. 57.
2Epist. L. I ep. I. vs. 57.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 47-48.
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