Archilochus

[76] Archilochus.

Ein griechischer Dichter, der um die 29 Olympias gelebt hat. Er hat bey den Alten das Lob eines der ersten Dichter. Er soll der Erfinder der jambischen Satyre seyn.


Archilochum proprio rabies armavit Iambo.1


Seine Satyren müssen außerordentlich beißend und boshaft gewesen seyn. Sie sind deshalb zum Sprüchwort geworden. Horaz findet keine ärgere Drohung, als diese:


Cave, cave; namque in malos asperrimus

Parata tollo cornua;

Qualis Lycambae spretus infido gener.2


Ovidius führt eine ähnliche Sprache:3


–– In te mihi liber Iambus

Tincta Lycambeo sanguine tela dabit.


Beyde Stellen zielen auf die Geschichte eines Lycambes, der dem Dichter seine Tochter Neobule zur Ehe verweigert, und dafür von ihm so übel mitgenommen worden, daß er sich aus Verdruß erhenkt hat. Nach einigen Sinngedichten in der griechischen Anthologie sind die drey Töchter dieses so sehr beleidigten Mannes dem Beyspiel ihres Vaters [76] gefolget. Dieses Beyspiel kann den Dichtern zu einer großen Lehre dienen. Wenn sie so viel Macht haben, Menschen in Verzweiflung zu setzen, warum sollten sie dieselbe nicht auch zu ihrer Besserung anwenden können. Die Lacedämonier haben die Bücher dieses Dichters verboten.4 Aus einer Stelle des Valerius Maximus erhellet zugleich, daß diese Satyren sehr unflätig müssen gewesen seyn.

Das Buch der Epoden des Horaz ist nach dem Muster der archilochischen Jamben geschrieben. Der Dichter sagt:


Parios ego primus Iambos,

Ostendi Latio, numeros animosque secutus

Archilochi.5


Man findet bey Bayle (Archil. Anm. k) daß Lorenzo Fabri angemerkt, Archilochus habe zuerst an statt des Hexameters, der bis dahin der einzige übliche Vers gewesen, andre Versarten versucht, und dadurch den Griechen Gelegenheit gegeben, so viel verschiedene lyrische Versarten zu erfinden. Wie wol andere dem Alcmann diese Erfindung zuschreiben. S. Versart.

1Hor. de Art. 79.
2Hor. Epod. VI.
3Ib. 51.
4Lacedaemonii Libros Archilochi civitate sua exportare jusserunt. Valer. Max.
5Epist. I. 19, 23.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 76-77.
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