Druker

[282] Druker. (Mahlerey)

So nennen die Mahler gewisse Pinselstriche von starken und ganzen Farben, auf den nächsten oder vordersten Gegenständen des Gemähldes, wodurch die Haltung dieser Gegenstände bisweilen ihre Vollkommenheit erreicht. Sie werden so genennt, weil sie die andern Gegenstände gleichsam zurük druken, indem sie den, worauf sie angebracht sind, dem Auge näher zu bringen scheinen.

Es geschieht ofte, daß ein einziger Pinselstrich einem Gegenstand auf dem ersten oder zweyten Grund des Gemähldes seine wahre Haltung giebt, die mit allem möglichen Fleiß des Colorits nicht ist erhalten worden, so lange dieser glükliche Druker gefehlt hat. Seine Kraft scheinet etwas zauberisches zu haben. Allein um zu begreifen, wie in Gemählden, die von einem einzigen bestimmt einfallenden Licht erleuchtet worden, die Haupthaltung von solchen einzeln Pinselstrichen abhangen kann, darf man nur verschiedene auf einem Tische liegende Gruppen von allerhand Gegenständen, die nur von einem angestekten Licht erleuchtet werden, genau betrachten. Man wird allemal finden, daß die nächsten durch kleine vorzüglich helle Stellen dem Aug ihre Nähe empfinden lassen. Je weiter ein Gegenstand entfernt ist, je weniger hat er solche Lichter oder Schatten. An einem weit entfernten Baum ist die ganze Krone nur eine einzige an Farbe gleichförmige und also auch flache Masse; ganz nahe zeiget er hier und da vorzüglich helle und auch vorzüglich dunkele Stellen, und so ist es mit allen Gegenständen. Die Druker sind also diese einzeln vorzüglich lebhaften Stellen, da die eigenthümliche Farbe des Körpers merklich höher, als an andern Stellen ist, oder wo ein Theil des auffallenden Lichts, wie in einem Brennpunkt gesammelt, die eigenthümliche Farbe ganz verdrengt und die Stellen ganz weiß macht.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 282.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: