Gebrochen

[430] Gebrochen. (Schöne Künste)

Dieses Wort wird in der Sprache der Künstler in verschiedenen Bedeutungen gebraucht. Ueberhaupt bedeutet es etwas, das man nicht ganz oder nicht völlig gelassen hat. Nicht voll ist die gebrochene Stimme, in der größten Rührung, so wol bey vergnügten, als bey traurigen Empfindungen. Da thut sie große Würkung auf die Zuhörer, weil sie die höchste Rührung des Redners weit besser anzeiget, als seine Worte thun können. Aber eben deßwegen muß diese gebrochene Stimme nur da, wo die Rührung am höchsten ist, gehört werden.

Gebrochene Farben sind die hellen Hauptfarben, die einen Zusatz von andern dunkeln Farben bekommen und also ihr volles Licht nicht mehr haben. Die Italiäner nennen sie Mezzetinten; im Deutschen werden sie auch Mittelfarben genennt, weil sie insgemein zwischen dem hellesten und dem dunkelsten in der Mitte stehen, und die genaue Verbindung des Hellen und Dunkeln bewürken.

Ein gebrochener Accord heißt in der Musik derjenige, dessen Töne nicht, wie gewöhnlich auf einmal, sondern hinter einander angeschlagen werden. Auch nennt man einen gebrochenen Baß den, der anstatt auf einem Ton, so lang es der Gesang erfodert, anzuhalten, den Grundton wiederholt anschlägt, oder andre dazu gehörige oder schikliche Töne durchläuft.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 430.
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