Schmelz

[1035] Schmelz. (Mahlerey)

Die Schmelzmahlerey, die man auch insgemein Emailmahlerey nennt, hat ihre eigenen beträchtlichen Vorzüge, derenthalber sie verdienet, als eine besondere Gattung beschrieben zu werden, ob sie gleich eigentlich in die Classe des Encaustischen gehöret. Sie hat dieses eigene, daß sie mit glasartigen Farben, die im Feuer schmelzen, mahlt, die hernach auf den Grund eingebrannt werden, dadurch auf demselben sehr sanft verfließen und also sehr dauerhafte, weder durch Wärme und Kälte, noch durch Feuchtigkeit, noch durch Staub und andere den gewöhnlichen Gemählden schädliche kleine Zufälle, schadhaft werdende Gemählde geben. Der Grund, auf den gemahlt wird, muß also feuerfest seyn. Er besteht entweder aus gebrannter Erde und Porcellan oder aus Metall, welches mit einem undurchsichtigen meistentheils weissen Glasgrund überzogen ist.

Auf Gefäße von gebrannter Erde haben die Alten schon vielfältig gemahlt, wie die häufigen Campanischen Gefäße, die man unter den Ruinen der alten Gebäude in Italien findet, beweisen. Wir können dieses aber nicht wol zu der Schmelzmahlerey rechnen, weil diese Gefäße matt sind, und den glasartigen glänzenden Ueberzug, den man Glasur nennt, nicht haben, auf den die Schmelzmahlerey gesezt wird.

Die Mahlerey auf Glasurgrund an gebrannten irrdenen Gefäßen mag um den Anfang des XVI Jahrhunderts, aufgekommen seyn. Wenigstens sind mir keine ältern Werke dieser Art bekannt. Aber viel späther ist, wie man durchgehends versichert, [1035] die Erfindung, metallene Platten mit einem Glasurgrund zu überziehen und darauf mit Schmelzfarben zu mahlen. Sie wird einem französischen Goldschmidt, Namens Jean Toutin aus Châteaudun zugeschrieben, und in das Jahr 1632 gesezt.1. Daß aber die Alten schon Schmelzfarben gehabt, beweißt die fürtreffliche Antike, der ich im Art. Mosaisch gedacht habe, und die alten Glaspasten.2 Auch hab' ich unter verschiedenen in meiner Gegenwart aus den Ruinen eines römischen Gebäudes, von den Zeiten der späthern Kayser herausgegrabenen goldenen Juwelen, einen Ring gesehen, dessen Beschaffenheit mich auf die Vermuthung brachte, daß anstatt eines Edelsteins, Email auf das Gold eingeschmelzt gewesen.

Folgendes wird dem über diese Materie noch ununterrichteten Leser einen Begriff von dem Verfahren bey dieser Art Mahlerey geben.

Man nihmt eine sehr dünn geschlagene und von allen kleinen Schieferchen wol gereinigte Platte, insgemein von Gold, oder Kupfer; auf diese streuet man, erst auf der unrechten Seite, die nicht soll bemahlt werden, fein gestoßenen weißen Schmelz, oder eine in nicht gar heftigem Feuer fließende glasartige undurchsichtige Materie, sezt die Platte in ein Kohlfeuer, und läßt den Schmelz auf der Platte anfließen. Eben so wird hernach auch die gute Seite der Platte, aber etwas diker und vorsichtiger überzogen, damit diese Seite überall gleich, mit einem reinen weißen Grund, ohne Gruben, Rizen oder Fleken überzogen sey.

Auf diesen Grund wird nun gemahlt. Die Farben sind ebenfalls von glasartigen, durch metallische Theile gefärbten Materien, die aber leichter im Feuer fließen, als der Schmelz, den man zum Grund der Platte genommen hat. Diese Farben werden sehr fein gerieben, und mit Wasser, oder mit Lavendelöl angemacht, damit sie, wie Wasserfarben in den Pensel fließen, und zum Mahlen tüchtig werden.

Die Umrisse zeichnet man mit einer rothen Eisenfarbe, die denen darüber kommenden Farben keinen Schaden thut, und denn sezt man die Platte ins Feuer, damit diese Umrisse sich auf dem Grund einbrennen. Erst hierauf werden die Farben aufgetragen. Die nun am sorgfältigsten verfahren, legen zuerst das Gemählde nur mit leichten Tinten an, die sie wieder besonders einbrennen. Hierauf mahlen sie die Platte etwas mehr aus, und brennen die neuen Farben wieder ein. Und so wird die Bearbeitung vier bis fünfmal wiederholt, bis der Künstler mit seiner Arbeit zufrieden ist. Geringe Sachen werden auf einmal ganz ausgemahlt, und eingebrannt.

Man mischt unter alle Farben mehr oder weniger Flus, das ist, in Staub zerriebenes, sehr durchsichtiges Glas, ohne alle Farbe, das nicht nur für sich sehr leicht fließt, sondern auch die Schmelzfarben leichter fließend macht. Wenn man also ein schon ziemlich fertiges Gemählde noch einmal bearbeiten will, so därf man nur etwas mehr Flus, als vorher unter die Farben mischen, damit die neuen Farben sich einbrennen, ohne daß die schon vorhandenen wieder ins Fließen kommen.

Dieses ist überhaupt das Verfahren bey dieser Art. Es ist aber mit mancherley Schwierigkeiten verbunden, und erfodert viel Kunstgriffe, die hier nicht können beschrieben werden. Man hat nicht alle mögliche Haupt- und Mittelfarben, wie bey der Oehlmahlerey, und weil viel Arten der Emailfarben sich im Feuer ändern, so gehört hier eine große Erfahrung zu guter Behandlung des Colorits. Mehrere Nachrichten hievon findet man in dem vorher angezogenen Werk, und in dem Traité pratique, den der Abt Pernety seinem Dictionnaire portatif de peinture etc. vorgesezt hat.

Außer dem schon erwähnten Toutin, haben sich vornehmlich Jean Petitot aus Gensf, und dessen Schwager Jaques Bordier großen Ruhm und beträchtliches Vermögen durch diese Mahlerey erworben.3 Nach diesen haben sich Zink ein Schwede, der lang in England gearbeitet hat, Maytens ebenfalls ein Schwede, und in Frankreich Rouquet, Liotord und Durand besonders darin hervorgethan.

1S. Traité des couleurs pour la peinture en émail et sur la porcellaine, précedé de l'Art de peindre sur l'émail etc. par Mr. d'Ardais de Montami. à Paris 1765.
2S. Pasten.
3S. Füßlins Leben der Schweizerischen Mahler.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 1035-1036.
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