Bacchus

Fig. 45: Bacchus
Fig. 45: Bacchus
Fig. 46: Bacchus
Fig. 46: Bacchus
Fig. 47: Bacchus
Fig. 47: Bacchus
Fig. 48: Bacchus
Fig. 48: Bacchus
Fig. 49: Bacchus
Fig. 49: Bacchus
Fig. 50: Bacchus
Fig. 50: Bacchus
Fig. 51: Bacchus
Fig. 51: Bacchus
Fig. 52: Bacchus
Fig. 52: Bacchus
Fig. 53: Bacchus
Fig. 53: Bacchus

[89] Bacchus, (Gr. u. röm. M.), Sohn des Jupiter und der Semele, einer Tochter des aus Phönicien eingewanderten Königs Cadmus von Theben. Semele ward von Juno in Gestalt einer alten Amme beredet, der Fremdling, dem sie ihre Liebe geschenkt und welcher sich für Jupiter ausgebe, sei nicht dieser, sondern ein Betrüger; um sich davon zu überzeugen, möge sie von ihm verlangen, dass er ihr in seinem Götterglanz erscheine, so, wie er Juno umarme. Jupiter hatte der Unglücklichen, welche ahnungslos in die Schlinge ging, beim Styx geschworen, ihr Begehren zu erfüllen. Semele ward durch den Feuerglanz seiner göttlichen Erscheinung vernichtet; das Knäblein jedoch, welches sie in ihrem Schoosse trug, rettete Jupiter und barg es in seiner Hüfte, aus welcher es nach drei Monaten zum zweiten Mal geboren ward. (S. die Fig. 45) Nachdem dieses geschehen, empfing ihn die Schwester der Semele, Ino, die Gattin des Athamas, zur Erziehung; diese beiden Gatten wurden jedoch durch die eifersüchtige Juno rasend gemacht, und Mercur musste nun den jungen Gott nach dem Berge Nysa in Thracien bringen, aus dessen Namen man den ältern griechischen Namen des B., Dionysus, ableiten will. Hier erzogen ihn Nymphen in einer Höhle, die später von Jupiter zum Danke als Hyaden unter die Gestirne versetzt wurden. Indessen nennt man als seine Erzieher und Erzieherinnen die verschiedensten göttlichen Wesen, die Musen, auch Cybele und die Satyrn, vornehmlich den ältesten derselben, Silenus, und die Panen oder Panisken welche letzteren die Römer Faunen nannten. In Beziehung auf diese Idee sind die mannigfaltigsten Werke der bildenden Kunst entstanden, von denen wir hier ein Nachbild geben. - Noch ein Kind, verrichtete B. schon grosse Wunder; so sollte er als Sklave verkauft werden, und tyrrhenische Schiffer führten den schlafenden Knaben davon; als er [90] erwachte, forderte er, dass man ihn nach Naxos bringe. Nur Acoëtes, der Steuermann, wollte seinem Willen nachkommen und ermahnte die Schiffsleute, das Kind, welches er wegen seiner ausserordentlichen Schönheit als ein Götterkind erkannte, nicht weiter hinwegzuführen; doch achteten diese auf des Steuermannes Warnung nicht; da stand das Schiff plötzlich festgewurzelt im Meere, aus dem Kiel wuchsen Wein- und Epheuranken, welche Ruder und Masten umgaben, das Kind verwandelte sich in einen Löwen, welcher die Schiffer m das Meer scheuchte, woselbst sie zu Delphinen wurden; der Steuermann führte nun allein das Schiff gen Naxos und ward der erste Priester des jungen Gottes. - Dieser führte nun überall den Weinbau ein, zog, das Menschengeschlecht beglückend, umher, durch die verschiedensten Länder der Welt, beschenkte überall die Bewohner mit dem Sorgen verscheuchenden Weine, bestrafte diejenigen, welche sich seinen Absichten widersezten, zog durch Thracien, Phrygien, Syrien, Aegypten nach Indien, bald auf einem Tiger, bald auf einem Löwen oder Elephanten reitend, bald in einem Wagen, der mit Panthern, Luchsen oder Tigern bespannt war, daher ziehend, und ward immer von einem Schwarm lärmender Mänaden, von Thyrsus schwingenden Satyrn, betrunkenen Silenen, begleitet, und erlebte selbst dabei manches Abenteuer. So beschenkte er den Midas, König in Phrygien, der ihn freundlich aufgenommen, auf seine Bitte mit der Gabe, Alles, was er berührte, in Gold zu verwandeln, welcher Wunsch dem König beinahe das Leben kostete, indem auch seine Speisen zu Gold wurden; so bestrafte er Lycurgus und Pentheus, welche sich gegen ihn erklärt, dadurch, dass er sie zerreissen liess, jenen durch Pferde, diesen durch seine eigene, in Raserei versetzte Mutter Agave und die mit ihr schwärmenden Bacchantinnen; so machte er die Weiber von Argos rasend, weil sie sich ihm und seinen Mänaden widersetzt hatten; so verband er sich mit Althäa, Gemahlin des Oeneus, welche die Deïanira; mit der Nymphe Chthonophyle, die den Phlias; mit Physcoa, die den Narcäus; mit Nicäa, die die Telete von ihm gebar. Auch Venus gebar ihm mehrere Kinder, den Hymenäus, die Charitinnen und den Priapus. Vermählt war er mit Ariadne, welche, von Theseus auf Naxos treulos verlassen, von dem Gotte gefunden und zu seiner Gemahlin erhoben ward, und ihm den Oenopius, den Evanthes und den Staphylus gebar. Nachdem er den Kreis seiner Thaten auf Erden vollendet, stieg B. in die Unterwelt hinab, um seine Mutter Semele heraufzuholen, worauf diese unter dem Namen Thyone: mit ihrem Sohne und Ariadne in den Olymp aufgenommen wurde. - Zu diesem Hauptmythus gesellen sich noch mehrere andere, nach denen ein B. in Indien gelebt, den [92] Obst- und Weinbau und die Veredlung der Früchte gelehrt; ein Sohn des Jupiter und der Proserpina (oder ihrer Mutter, der Ceres), dem Menschengeschlecht den nützlichen Stier gebracht und dasselbe zur Vervollkommnung des Ackerbaues geführt haben soll; ferner gab es einen Sohn des Ammon und der Amalthea, welcher in einem Kriege gegen die Giganten diese besiegte, und späterhin das so hochberühmte Ammonorakel stiftete. Diese Mehrheit der Personen rührt vornehmlich davon her, dass verschiedene Völker ihre Landesgottheiten mit B. identificirten; wie zu Dusare, einer Bergfeste im glücklichen Arabien, sich ein Tempel des Dusares befand, den man für den Dionysus der Griechen hielt; wie in Phrygien Sabazius einen dem Dienst des Bacchus ähnlichen Cultus hatte, der lange genug sich erhalten hat, um noch den ältesten Kirchenvätern bekannt zu sein; wie Osiris in Aegypten, der zerstückelte und wieder lebendig gemachte; in Phönicien der getödtete und in den Himmel erhobene Adonis, mit B. in nächster Berührung stehen. - Dem B. war ein üppiger Naturdienst gewidmet: denn er ist nichts anderes als die zeugende, in üppiger Fülle überströmende, den Menschen aus dem nüchternen Gange der Bildung und des geistigen Strebens herausreissende, berauschende Kraft der Natur. Somit ist der reinigende, zur Besonnenheit in der Begeisterung führende Dienst des Apollo ein natürlicher Gegensatz gegen den B.-dienst, und darauf deuten ohne Zweifel die erwähnten Sagen von den Gewaltthaten, unter welchen der letztere in Griechenland eingeführt wurde. In den neuesten Zeiten glaubt man den ganzen Bacchusdienst bis nach Indien, als seiner eigentlichen Wiege, verfolgen zu können, und sieht in Dionysus den Diwanischi (Schiwa) der Indier, welcher einen ausschweifenden Lingam- (Phallus-) Cultus hat. - B. ist der ewig junge und heitere Gott, daher seine Darstellung zu den schönsten Aufgaben der plastischen Kunst gehört; die Gesichtszüge. Geberden Bewegungen, die ganze Gestalt drücken mehr Weiches, Rundes, Anmuthiges, als Kraftvolles aus. Man betrachte unsere Abbildung des B. in ganzer Figur 47; unverkennbar spricht sich hier weibliche Fülle und Rundung der Glieder aus, welche sichtbar mit den Formen anderer jugendlich gedachten Götter, wie Apollo und Mercur, contrastirt. Auf einigen Reliefs und besonders auf Münzen, auch Büsten, findet man Bacchus mit kurzen Hörneransätzen gebildet. Wir geben, ausser den schon erwähnten, noch folgende Darstellungen: B. ruhend, wahrscheinlich auf dem Gipfel des Parnass hingestreckt, wo man ihm Opfer brachte. (Statue.) B. mit einer Strahlenkrone, auf einem Panther sitzend. B. als Symbol der Sonne und Gott der Jahreszeiten, von den geflügelten Genien der letzteren umgeben. (Basrelief.) Hochzeitlicher Festzug des Bacchus und der Ariadne, nach einem Sarcophag-Relief. B. mit Ceres, von Centauren gezogen. - Des Gottes Attribute sind: die Stirnbinde, die Bekränzung des Hauptes mit Epheu und Weinranken, in denen gewöhnlich noch Trauben sind; der Thyrsus, ein gerader Stab mit Weinranken und einem Fichtenzapfen an der Spitze; Trinkgefässe, vom rohesten, ältesten, dem Horne, bis zum vollendetsten Kunstwerk, dem geschnitzten Elfenbein- oder dem getriebenen Goldbecher; ein Korb und eine Wanne, in den Mysterien von tiefer Bedeutung; ferner Fackeln, tragische und comische Masken. Unter den Thieren sind Panther, Tiger, Löwe, Bock und Esel; unter den Halbgöttern die Satyrn, Panen und Panisken; unter den Menschen die Mänaden, Bacchanten und Bacchantinnen seine Begleiter. Immer ist der Zug derselben wild und lärmend; Cymbeln, Handtrommeln, Pauken, Klapperbleche, Schellen, Castagnetten, Tambourins, Panflöten, Tibien werden gespielt, geschwungen, geschlagen, und scheinen das Accompagnement zu den dithyrambischen Gesängen zu machen, welche stets bei seinen Zügen angestimmt wurden. Ueber die Feste, die ihm gefeiert wurden, Bacchanalien und Dionysien.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 89-93.
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