[463] Auch, eine Conjunction, welche alle Mahl eine Vermehrung des vorher gehenden, oder einen Zusatz zu demselben andeutet, und so wohl einzelnen Wörtern, als auch ganzen Sätzen zugesellet wird.
I. In Ansehung einzelner Wörter vertritt es die Stelle des und, nur daß es nicht so scharf verbindet, als dieses, sondern mehr einen Zusatz bezeichnet. Reichthum und Ehre, auch Vergnügen, alles ist eitel. Ein redlicher, wie auch ein gelehrter Mann. Es sind nunmehr alle Anstalten zu Aufzeichnung der jungen Leute, auch Aushebung der Mannschaft gemacht worden. Ingleichen, in Gesellschaft der sich auf einander beziehenden Partikeln, nicht allein sondern auch; so wohl als auch. Er hat nicht allein sein Vermögen, sondern auch seinen guten Nahmen verloren. So wohl dieses, als auch jenes ist mir verächtlich. Er hat so wohl dich, als auch mich eingeladen. Der Reichthum theilet so wohl den Adel, als auch die Schönheit mit. S. Als, wo bereits bemerket worden, daß das auch in diesem Falle auch weggelassen werden kann. Oft dienet es auch dem und zur Begleitung. Im Walde, und auch auf dem Felde. Zuweilen bezeichnet dieses auch, eine Steigerung oder Gradation der Begriffe, und kann alsdann mit sogar verwechselt werden. Und wenn ich noch zehn, auch zwanzig Jahr warten sollte. Einen noch häufigern Gebrauch aber macht man von dieser Partikel,
II. In Verbindung ganzer Sätze, indem es so wohl einstimmige, als auch entgegen stehende Sätze an einander knüpfet.
1. Bey einstimmigen Sätzen ist die Verbindung oft ganz einfach, und dienet bloß einen Zusatz zu dem vorigen anzudeuten. Graben mag ich nicht, so schäme ich mich auch zu betteln. Weil dadurch alle Hoffnung zur Einigkeit benommen, auch vieles Ärgerniß angerichtet wird. Selbst zu Anfange eines Satzes oder einer Periode. Auch ist noch dieses zu bemerken, daß u.s.f. Besonders wenn eine Sache, welche bereits von einem Subjecte behauptet worden, oder als bekannt voraus gesetzet wird, noch von einem andern Subjecte behauptet wird. Bejahen sie etwas, so sagt er auch ja. Ich werde mich nicht auch verführen lassen. Seitdem ich sie traurig gesehen habe, habe ich große Lust es auch zu seyn, Gell. Um des Nachdruckes willen wird dieses auch dem zweyten Subjecte auch wohl vorgesetzet. Auch er scheinet zu glauben, daß u.s.f. Sie haben mir ja gemeldet, daß auch sie eine erfreuliche Nachricht erhalten[463] hätten, Gell. In einigen Fällen kann es in dieser Bedeutung seine Stelle auf mancherley Art verändern, nachdem es der Ton oder der Nachdruck der Rede erfordert; z.B. er ist auch ein solcher, oder auch er ist ein solcher, oder ein solcher ist er auch.
Auch begleitet in dieser Bedeutung gern die verbindenden Partikeln nicht nur, oder nicht allein sondern auch, und so wohl als auch, und zu der erstern ist es sogar unentbehrlich. Die Räuber haben ihn nicht allein geplündert, sondern auch verwundet. Ich habe ihn nicht allein gesehen, sondern auch gesprochen. Er wurde so wohl geehret, als auch zu den vornehmsten Bedienungen befördert.
Zuweilen bezeichnet es eine Gradation, und da wird es dem Nennworte, welches diese Steigerung enthält, alle Mahl vorgesetzet. Auch dieses will ich noch entschuldigen. Es ist auch nicht Einer davon gekommen. Die Tugend macht auch die Armen reich. Auch die vergangene Zeit hat keine Freude mehr für mich. Wollen sie mir auch dieses Vergnügen nicht gönnen? Auch sein Vergehen ist noch ein Verdienst, Gell. Ja, wie sie sehen, auch an meinem Geburtstage kann ich nicht ohne Arbeit seyn, ebend.
2. In entgegen stehenden Sätzen hat diese Partikel am häufigsten eine einräumende oder zulassende Kraft, und gehöret alsdann zu den concessiven Conjunctionen. Es geschehe auch, wenn es wolle. Wie oft es auch wolle. Wer er auch ist. Ich wollte ihm diese Beleidigung, so groß sie auch ist, gerne vergeben, Gell. Sie kommen nicht zu einander, so sehr er es auch wünscht.
Verlier ich doch, so mächtig ich auch bin,
An dir den Ruhm der größten Zauberinn,
Gell.
3. In andern Fällen begleitet es zuweilen die Ursache eines vorher gehenden Ausspruches, besonders in Gesellschaft mit dem aber. Er ist gelehrter als du, er ist aber auch älter. Besonders wenn in dieser Ursache zugleich ein Verweis verborgen lieget. In welcher Angst bin ich! aber warum habe ich ihn auch hergeführet? Warum läßt er mich auch nicht zufrieden? Ja wohl, wer heißts ihm auch? Rost. Er ist ja auch nicht dumm.
Oft drucket es auch eine Bedingung aus, und stehet alsdann so wohl mit als ohne wenn. Gewinnen sie auch nichts damit, so sollen sie es doch zeitlebens genießen; oder wenn sie auch nichts damit gewinnen, u.s.f. Wenn sie es nun auch gethan hätte. Wenn sie nun auch diese Stunde ein Mahl verlegten. Endlich,
4. Gehöret hierher noch ein doppelter Gebrauch dieser Partikel, welchen sich besonders die Kanzelleyen eigen gemacht haben. 1) Nachschriften an Briefen und Memorialen damit anzufangen. Auch Gnädigster Fürst und Herr. 2) Wenn mehrere Personen von unterschiedenem Stande zugleich an eine andere schreiben, so wird der in den Titulaturen nöthige Unterschied alsdann durch auch bemerket. Im Jahre 1741 schrieb das Churfürstliche Collegium an das Capitul zu Aachen und titulirte es: Ehrsame, auch Würdige, Liebe Andächtige und Besondere, auch gute Freunde; in welchem Falle die Titel Ehrsame, und Liebe Andächtige und Besondere, von den in Person gegenwärtigen Churfürsten, die übrigen aber von den Gesandten der Abwesenden verstanden werden müssen.
III. Dienet diese Partikel in vielen Fällen bloß die Rede zu ergänzen, und ihr die gehörige Ründe und Vollständigkeit zu geben, ohne daß sie eben eine merkliche eigene Bedeutung hätte. So hilft sie zuweilen eine Bejahung verstärken; z.B. jedermann nennet ihn gelehrt, und er ist es auch. Diese bejahende[464] Kraft hatte schon das Gothische auk und das alte Schwedische ok, aber auf eine weit mehr hervor stechende Art.
Auch in solchen Ausdrücken, welche eine Besorgniß, einen Einwurf u.s.f. enthalten, ist diese Partikel sehr bequem, den Numerum der Rede zu ergänzen. Wenn die Steine nur auch echt sind. Wenn ihn der Bediente nur auch angetroffen hat, Gell. Ach, wenn ich nur auch heute zu einer Sache geschickt wäre, die so viele Überlegung erfordert, ebend.
Am häufigsten wird dieses Wörtchen in Fragen gebraucht, besonders, wenn sie einen versteckten Einwurf enthalten. Ist dirs auch lieb? Ist es ihnen auch zuwider, wenn ich zu ihnen komme? Haben sie mich auch noch lieb? Soll ichs auch glauben? Ist es denn auch gewiß, oder betriegen mich meine Augen? Gell. Geht dirs auch nahe? ebend. Aber wissen sie denn auch, daß sie dazu verbunden sind? ebend.
Zuweilen begleitet es den Ausdruck der Ironie: jetzt ist es auch Zeit zu weinen. Ingleichen des Unwillens: die verdammte Post, ich weiß auch nicht wo sie bleibt! Eines gelinden Verweises: sie bitten sich auch sehr geringe Dinge aus u.s.f.
Wenn diese Partikel bloß zur Ergänzung der Rede dienet, hat sie den Ton niemahls. Überhaupt bekommt sie denselben selten, und fast nur alsdann, wenn sie zur Behauptung eines Prädicates von einem zweyten Subjecte dienet.
Anm. Auch, Goth. auk, bey dem Kero und Isidor auh, bey dem Willeram, Ottfried und Tatian ouh, Angels. eake, eke, Nieders. ook, Holländ. oock, Dänisch og, Schwed. ok und och, Isländ. og, kommen mit dem Latein. ac, quoque, und dem Griech. και genau überein, selbst in der Bedeutung, indem auch bey den ältesten Alemannischen Schriftstellern sehr häufig für und gebraucht wird. Selbst das Hebr. אח und כה, ach und ko, auch, gehören hierher. Im Gothischen kommt auch das Verbum aukan, vermehren, vor, welches bey den Alemannen auhhen und auhhon, bey den Angelsachsen aecan, eacan, alt Engl. eke, lautete. Die Schwed, Holländ., Dänen und Nieders. haben es noch. Das Griech. αυγειν, αυχειν und αυξειν, das alte Latein. aucare bey dem Plautus, und das spätere augere, sind genau damit verwandt, und es ist wahrscheinlicher, daß das Verbum von der Partikel abstammet, als daß diese von jenem entsprungen seyn sollte. Die alten Alemannen und Franken hatten noch eine Partikel joch, bey Kero iohauh, bey dem Notker, Isidor und Ottfried ioh, welche aus ja auch zusammen gesetzet ist, und von ihnen alle Mahl da gebraucht wurde, wo wir unser auch setzen. Das einfache auch hingegen wurde von ihnen größten Theils für und und sondern gebraucht. Dieses joch ist in einigen Oberdeutschen Mundarten noch vorhanden.
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