Bild, das

[1014] Das Bild, des -es, plur. die -er, Diminutivum Bildchen, plur. Bildchen und Bilderchen, die Gestalt eines Körpers und deren Vorstellung oder Nachahmung.

1. So fern dieses Wort die Gestalt einer Sache bedeutet, ist dasselbe größten Theils veraltet. Ehedem aber war es in dieser Bedeutung sehr häufig. S. die Anm. Doch sagt man auch noch: im Winter fällt die Natur unter einem drohenden, schrecklichen Bilde in die Augen.

2. Die klare Vorstellung eines sichtbaren oder als sichtbar gedachten Gegenstandes. 1) In der weitesten Bedeutung, eine jede klare oder sinnliche Vorstellung. Der Traurige liebt alle die Bilder, die seine Leidenschaft nähren. Die fürchterlichsten Bilder schreckten seine Einbildungskraft. Homers Werke sind die Quelle geworden, woraus so viel nachfolgende Dichter Bilder und Ideen geschöpft haben. Sich ein dunkles Bild von etwas machen. 2) In engerer Bedeutung, die sichtbare Vorstellung eines Gegenstandes, und zwar so wohl die Vorstellung desselben durch Linien und Züge, als auf einer erhabenen Fläche. Ein gemahltes, ein geschnitztes Bild. Ein wohlgetroffenes Bild. Bilder anbethen. Im gemeinen Leben gebraucht man dieses Wort sehr häufig von einer jeden gezeichneten, gemahlten und in Kupfer gestochenen Vorstellung einer Sache. In der edlern Schreibart sind dafür Zeichnung, Gemählde u.s.f. üblich. Doch sagt man auch in dem höhern Style. Das Bild der Freyheit. Die Ehrfurcht drückt sein Bild mit Thränen an die Brust. S. auch Bildniß. In der Wapenkunst werden die gemeinen Figuren eines Wapens, welche entweder aus der Natur oder aus der Kunst hergenommen sind, Bilder genannt, im Gegensatze der Heroldsfiguren. Bey den Webern heißt ein jedes Gewebe, das eine Figur hat, und nicht gerade durch in Kette und Einschlag wie[1014] Tuch geht, ein Bild. Daher, in das Bild wirken, solche Figuren in ein Gewebe wirken. Von der Vorstellung einer Sache auf einer erhabenen Fläche, d.i. von gegossenen, geschnitzten, gebauenen Bildern u.s.f. wird Bild heut zu Tage wenig mehr gebraucht; obgleich diese Bedeutung noch in Bildhauer, Bildgießer, Bildner, Bildstuhl u.s.f. geblieben ist. 3) Die Ähnlichkeit, und diejenige Sache, welche der andern ähnlich ist, nicht nur an der äußern Gestalt, sondern auch an innern Eigenschaften; das Ebenbild. Lasset uns Menschen machen, ein Bild das uns gleich sey, 1 Mos. 1, 26. Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn, V. 27. Adam zeugete einen Sohn, der seinem Bilde ähnlich war, 1 Mos. 5, 3. Sie ist das leibhafte Bild ihrer Mutter. Du blaue Viole, du Bild des Weisen, du stehest bescheiden im niedrigen Grase, Geßn. S. Ebenbild.

3. Eine Person oder Sache selbst, besonders in Rücksicht auf ihre Gestalt. So sagt man zuweilen im gemeinen Leben, ein schönes, ein häßliches Bild, für eine schöne, eine häßliche Gestalt oder Person. Noch mehr in den Zusammensetzungen. Hierher gehören auch die, ein Mannsbild, Frauenbild, Weibsbild, für Mannsperson, Frauensperson, Weibsperson. S. diese Wörter. Einige Neuere haben auch Urbild für Original einführen wollen; allein das scheinet der eigentlichen Bedeutung des Wortes Bild völlig zuwider zu seyn. S. Urbild.

Anm. Bild, Nieders. Beld, bey dem Isidor Bilidu, bey dem Ottfried Bilid, bey dem Kero Pilid, Piladi, bey dem Willeram Bilide, bey dem Notker Pild, im Angels. Bilith, im Holländischen Beeld, im Dänischen Billede, und im Schwedischen Belaette, bedeutete ehedem, 1) eine jede Gestalt. Sin bilide ist alse des berges Libani, Willer. 2) Ein Beyspiel, Exempel, S. Beyspiel. 3) Ein Muster, Vorbild, oder Fürbild. 4) Ein Gleichniß. 5) Eine Nachahmung. 6) Den Schatten. Von welchen Bedeutungen bey dem Schilter Beyspiele vorkommen. Die ältesten Schreibarten dieses Wortes, so wohl in der Deutschen, als den verwandten Sprachen zeigen, daß dieses Wort ein zusammen gesetztes ist; vermuthlich von bey und dem alten Lete, das Gesicht, die Gestalt, so daß Bilete, oder Bild, eigentlich faciem adscitiam, wie es Ihre erkläret, bedeuten würde. S. Antlitz und Blitz. Wachter leitet die letzte Hälfte dieses Wortes von lassen, gleich machen, gleich sehen, andere von dem alten Lid, ein Glied, her. Im Oberdeutschen lautete der Plural ehedem auch Bilde, und an einigen Orten ist er noch üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1014-1015.
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