Einfalt, die

[1696] Die Einfalt, plur. car. 1. * Die einfache Beschaffenheit eines Körpers, im Gegensatze des Doppelten, Dreyfachen u.s.f. in welcher eigentlichen Bedeutung aber dieses Wort völlig veraltet ist. S. Falte und Einfältig. 2. Figürlich. 1) In den Werken der Kunst und des Witzes ist die Einfalt dem Gekünstelten entgegen gesetzet, und bestehet in der Eigenschaft einer Vorstellung, da sie gerade eben dieselben und nicht mehr Empfindungen erreget, als der Urheber hat erregen wollen. In den Gemählden des Raphael herrscht Würde und edle Einfalt. Die edle Einfalt der Schreibart, wenn die Sache mit wenig Worten und in gewöhnlichen, aber doch edlen Ausdrücken vorgetragen wird, im Gegensatze des Gekünstelten, Schwulstes, u.s.f. 2) In der Sittenlehre,[1696] da die Einfalt ein Prädicat der menschlichen Seele ist, und ihren Sitz in dem Verstande, bald aber im Willen, oft auch, obgleich nicht alle Mahl, in beyden zugleich hat. (a) In Ansehung des Verstandes, bezeichnet sie einen Mangel desselben, es mag nun derselbe aus einem natürlichen Unvermögen, oder aus Unwissenheit und Ungeschicklichkeit herrühren. In beyden Fällen bringt dieses Prädicat demjenigen, von welchem es gesagt wird, wenig Ehre. Er hat es aus Einfalt gethan. Der Mensch besitzt eine unglaubliche Einfalt. Er ist die Einfalt selbst. Zuweilen bezeichnet es auch ein bloßes Nichtwillen in einzelnen Fällen. Sie gingen in ihrer Einfalt und wußten nichts um die Sache, 1 Sam. 15, 11. (b) In Ansehung des Willens ist die Einfalt so viel als Gleichförmigkeit des Verhaltens, d.i. die Fertigkeit, in allen Fällen nach einerley einfachen Grundsätzen zu handeln. Ehedem wurde die Einfalt auch der Arglist entgegen gesetzet, und war alsdann mit Redlichkeit einerley. Sie bestehet alsdann in der Abneigung, seine Einsichten zum Schaden anderer anzuwenden; es mag nun diese Abneigung auf einen natürlichen Mangel an Einsichten oder auf Entschließung gegründet seyn. In diesem Verstande ist es im Hochdeutschen veraltet, obgleich Einfältigkeit in diesem Sinne in der Deutschen Bibel noch sehr oft vorkommt. In Einfältigkeit wandeln, 2 Cor. 1, 12. Reichlich in aller Einfältigkeit geben, Kap. 7, 12. Reich seyn mit aller Einfältigkeit, Kap, 9, 11. Die Einfältigkeit des Herzens, Ephes. 6, 5. S. Einfältig.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1696-1697.
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