Gern

[593] Gêrn, adv. mit überwiegender oder herrschender Lust, mit Vergnügen. 1. Eigentlich. Jemanden gern sehen. Ein Gericht gern essen. Sich gern loben hören. Etwas gern haben, es mit Lust empfinden. Nicht gern arbeiten. Den Armen gern geben. Das wird er gern geschehen lassen. Herzlich gern, von Herzen gern. Er schiebt für sein Leben gern Kegel. Er wäre gar zu gern hier. Ich bleibe gar zu gern in meiner Gelassenheit, Orgon beym Gellert. Ich will gern sehen, wie es ablaufen wird, ich bin begierig, es zu sehen, Gell. Ich möchte gern, daß sie ein Paar würden, ebend. Nicht gar gern. 2. Figürlich. 1) Von leblosen Dingen. Es wollte gern regnen, aber es kann nicht. Das Holz wird gern wurmig. Dieses Gewächs hat gern trockne Erde, wächst gern im feuchten Boden. 2) Für willig, ohne eben den Begriff der herrschenden Lust auszudrucken. Ich glaube gern, daß es nur 50 Thaler kostet. Wenn ich wüßte, daß sie schlummerte, wollte ich sie gern nicht stören. Das Pferd läßt nicht gern aufsitzen.


Ja Phillis, daß du schöner bist,

Gesteh ich dir gar gerne zu,

Weiße.


Nach einer noch weitern Figur zuweilen auch von leblosen Dingen, für leicht, im Gegensatze des gedrange. Joab hatte ein Schwert, das ging gern aus und ein, 2 Sam. 20, 8. 3) Für gewöhnlich, gemeiniglich. Junge Leute werden gern betrogen. Er pflegt alles gern zu tadeln. Stille Wasser sind gern tief. Ich pflege gern um acht Uhr zu Bette zu gehen. Die besten Schwimmer ertrinken gern. 4) Mit Fleiß, mit Vorsatz. Ich habe es nicht gern gethan. Bey dem Kero und in der Monseeischen Glosse kommt auch das Hauptwort Kerni für Fleiß vor.

[593] Anm. Dieses Wort lautet bey dem Kero cernlihho, im 9ten Jahrhund. gerno, bey dem Ottfried und Willeram gerno, im Theuerdanke geren, im Dän. glären, im Angels. corn, im Schwed. gerna, im Isländ. girnt. Im Tatian bedeutet gerniliho, und im Schwabensp. gern auch sorgfältig. Es stammet von gehren, begehren, ab, welches im Ulphilas gairnan und im Angels. geornan lautet; S. Begehren. Ehedem hatte man im Oberdeutschen auch den Comparat. gerner, und Superlat. am gernsten. Ich sehe si iemer gerner an, Herman von der Vogelweide. Gernoste, Notk. Im gemeinen Leben sind sie noch nicht ganz veraltet, ob man gleich im Hochdeutschen lieber und am liebsten dafür angenommen hat. Für sehr gern sagt man im Nieders. auch blootgeern, blootsken geern. Das e am Ende, gerne, hat keinen Grund für sich.

Im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart macht man mit diesem Worte allerley Zusammensetzungen, eine überwiegende Neigung zu etwas anzudeuten, da es denn bald hinten, bald aber auch vorn gesetzet wird. Ein Tadelgern, Trinkgern, Habegern, Zankgern, Spielgern u.s.f. der gern tadelt, trinkt u.s.f. Ingleichen ein Gerngroß, Gernwitz, Gernklug, Gerngelehrt u.s.f. der gern für groß, witzig, klug, gelehrt gehalten werden möchte; welche Wörter aber insgesammt keine Declination leiden. Christen, welche ihren Zweifeln in der Religion nach Herzenlust nachhängen, nennt Klopstock Gerntäuscher. Diese Zusammensetzungen sind schon alt. Lobogerni ist im Notker und Lofgern im Angels. einer, der sich gerne loben höret; Maingiarn, in der Herwarar Saga, der gern betrügt; Hohgerner, bey dem Petz, der nach hohen Dingen trachtet u.s.f.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 593-594.
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