-Igen

[1356] -Igen, eine Endung verschiedener Zeiwörter, so wohl thätiger als mittler Gattung, welche aber nicht in allen einerley Ursprungs ist. In predigen ist sie nach dem Lat. predicare gebildet. In andern stammet sie von Bey- und Nebenwörtern auf ig her, wie in bändigen, bändig machen, belästigen, beseligen, behelligen, beruhigen, beunruhigen, demüthigen, einigen, bewerkstelligen, entledigen, erledigen, entübrigen, erniedrigen, fertigen, ausfertigen, verfertigen, gewärtigen, heiligen, huldigen, rechtfertigen, mäßigen, verewigen, zeitigen u.s.f. wo die angehängte Endung en bald ein Machen, bald aber auch ein Seyn bedeutet.

In andern bildet sie Iterativa oder vielmehr Intensiva von andern Zeitwörtern. Ängstigen von ängsten, befleißigen von befleißen, bekräftigen von bekräften, besichtigen von besehen, beherzigen von beherzen, bezichtigen von bezeihen, belustigen, erlustigen von belusten, erlusten, peinigen, bey dem Ottfried pinen, nöthigen, im Theuerd. nöthen, reinigen, bey dem Kero und Ottfried reinon, züchtigen, von dem veralteten züchten u.s.f.

Nach dem Muster dieser scheinet man in den folgenden Zeiten mehrere ähnliche Zeitwörter gebildet zu haben, obgleich keine eigentliche Intension vorhanden ist; welches der mittlern Oberdeustchen Mundart sehr gemäß ist, die durch Verlängerung der Wörter und durch Häufung der Ableitungssylben immer Pomp und Nachdruck einzuflößen sucht. Dergleichen sind abmüßigen, ankündigen, verkündigen, beeidigen, beerdigen, beeinträchtigen, befriedigen, begnadigen, behändigen, einhändigen, aushändigen, beleidigen, beköstigen, bestätigen, bewilligen, endigen, erkundigen, kreuzigen, sättigen, sündigen, bey dem Kero noch sunton, theidigen u.s.f. Die einfachern abmüßen, ankünden, verkünden, beeiden, beerden, befrieden, begnaden u.s.f. kommen insgesammt noch hin und wieder vor, ungeachtet sie im Hochdeutschen größten Theils veraltet sind.

Anm. Ganz neu ist diese Form nicht. Heiligen lautet schon in dem Isidor heilegan, bey dem Notker geheiligeien, im Angels. halgian. Indessen kommt sie doch in den ältern Zeiten nur sehr sparsam vor, besonders in der Form eines Intensivi, welche erst in den spätern Zeiten gangbar geworden zu seyn scheinet, daher sie auch im Oberdeutschen die alte einfachere Form nicht ganz verdrängen können.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1356.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika