[1750] Krank, kränker, kränkeste, adj. et adv. 1. Eigentlich, oder doch mehr eigentlich. 1) * Dünn, schwächtig, schlang.
Rose wengel muindel rot si hat
Val har lang
Kele blank
Siten krank,
Graf Kraft von Toggenburg,
d.i. schlanke Seiten. Wird der rach (Rauch) dann gejagt von der Luft, so entzündt er sich vn wa er krencker ist do beugt er sich als ein Schlang, Buch der Natur 1483, für dünner. 2) * Schwach. Dietreich der ist zu chlaine und zu chranc, Stryker. Menschlich lob ist dir ze krank, Bruder Eberhart von Sar. Eine cranke Vestin, Jeroschin bey dem Frisch. Ein kranker Schein, Buch der Natur 1483. Stark sy gy, un ik byn kranck, Reinecke de Voß. Bey den Jägern ist ein Thier krank, wenn es so sehr verwundet ist, daß es sich zu verstecken sucht, sich nicht mehr zu entfliehen getrauet. 3) * Geringe, dem Gehalte nach. In der Brem. Goldschmieds-Rolle von 1392, in dem Brem. Nieders. Wörterb. heißt es von gutem seinen Silber, behalven dat de lödige Mark ein lodt kranker sy. In allen drey Bedeutungen ist es im Hochdeutschen längst veraltet.
2. Figürlich, wo es 1) von thierischen Körpern und deren Theilen gebraucht wird, denjenigen Zustand derselben zu bezeichnen, da sie zu ihren gewöhnlichen Verrichtungen ungeschickt sind, im Gegensatze des gesund. Einen kranken Fuß, eine kranke Hand, einen kranken Kopf, einen kranken Magen haben. Von dem ganzen Körper gebraucht man es nur, wenn sich die innern Theile des Leibes in diesem Zustande befinden, weil nur alsdann eine eigentliche Schwäche damit verbunden ist. Von einem Menschen, der z.B. eine Wunde am Füße hat, sagt man wohl, er habe einen kranken Fuß, aber nicht, daß er selbst krank sey, es müßten sich denn die Folgen der Verwundung über den ganzen Körper verbreiten, und denselben in denjenigen Zustand der Schwäche versetzen, welchen dieses Wort eigentlich ausdruckt. Krank seyn. Krank danieder liegen. Todtlich krank seyn; im gemeinen Leben, todtkrank, sterbenskrank. Ich liege auf den Tod krank, Gell. Am Fieber, an der Schwindtsucht, an den Blattern u.s.f. krank liegen. Krank[1750] von etwas werden. Jemanden krank machen. Sich krank machen, d.i. stellen. Vor Liebe krank seyn. Man möchte sich krank lachen, im gemeinen Leben von einem hohen Grade des Lachens. Ingleichen als ein Hauptwort. Ein Kranker, eine kranke Person, oft auch ohne Unterschied des Geschlechtes oder Alters. Einen Kranken pflegen, warten. Kranke gesund machen. 2) Nach einer noch weitern Figur, auch von demjenigen Zustande der Kräfte der Seele, da sie zu ihren gewöhnlichen Veränderungen untüchtig sind. Schonen sie meines kranken Kopfes, er kann heute nicht vernünfteln. Wirkungen einer kranken Einbildungskraft. Am Gemüthe, am Verstande krank seyn. Im Scherze auch von der Unvermögenheit in Ansehung des zeitlichen Vermögens. Einen kranken Beutel haben, Mangel an barem Gelde haben.
Anm. In der zweyten Bedeutung im Nieders. und Schwed. krank, im Isländ. krankur. Da der Begriff der Schwachheit in dieser ganzen Bedeutung der herrschende ist, so ist es in derselben eine Figur von der mehr eigentlichen Bedeutung des dünne und schlank, in welcher es allem Ansehen nach zu geringe, dem Oberd. rahn und rahnig, und dem Nieders. rank, geschlank, gehöret; ohne doch das Angels. crangan, seufzen, stöhnen, Schwed. klanka, und Engl. Grank, die Klage, von der Verwandtschaft auszuschließen. Da es in allen Sprachen nichts seltenes ist, daß ein Wort zwey verschiedene Begriffe ausdruckt, wenn sie in einem dritten sehr sinnlichen Umstande mit einander überein kommen, so bedeutet cranc im Engl. auch stark, gesund, munter. In einem 1477 in Oberdeutschland gedruckten Vocabulario wird valere durch dogen (taugen) oder krangken übersetzt; wohin auch das Griech.ακραγγƞς, krank, schwach, bey dem Hesychius, gehöret, wo wenn man das α privat wegnimmt, κραγγƞς stark, gesund, bedeutet. S. Ringen. Bey dem Ottfried ist krankolen stolpern.