Muthen

[337] Muthen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. 1) * Als ein Neutrum, von welchem aber nur das Mittelwort gemuthet mit dem Zeitworte seyn, und auch hier nur im Oberdeutschen üblich ist. Gemuthet seyn, gesinnet seyn. Ich weiß nicht, wie er gemuthet ist. Wohl gemuthet seyn, gut gesinnet, ingleichen gutes Muthes, aufgeräumt seyn. Ich bin gemuthet, eine Reise vorzunehmen, gesonnen, Willens. In einigen Gegenden lautet es auch gemüthet. Im Hochdeutschen ist es unbekannt. 2) Als ein Activum, verlangen, begehren, besonders förmlich um etwas Ansuchung thun, in welchem Verstande es noch zuweilen üblich ist. Bey den Handwerkern muthet ein Gesell das Meisterrecht, wenn er um die Aufnahme in die Innung förmlich ansuchet. So auch im Lehenswesen. Ein Lehn muthen, den Lehensherren um die Ertheilung des Lehens, um die Investitur, förmlich bitten. Wer im Bergbaue eine Fundgrube u.s.f. bauen will, muß selbige muthen, d.i. um die Erlaubniß und Belehnung anhalten. Mütet er Gelaitz, verlanget er ein Geleit, im Schwabensp.


Ich wil an die reinen guoten

Lones noch genaden muoten

Als von recht en eigen man,

Kristan von Hamle;


d.i. verlangen, begehren.


Des wil ich ze Gotte muoten,

Heinr. von Frauenberg.


[337] Es gehöret zu dem Hauptworte Muth, so fern es ehedem auch das Verlangen, den Willen bedeutete, in welchem Verstande es noch bey dem Ottfried vorkommt. S. auch Anmuthen und Zumuthen. In Vermuthen hat es noch eine andere Bedeutung, welche aber gleichfalls in dem Hauptworte Muth gegründet ist.

Daher die Muthung in allen den Fällen, wo das Activum gebraucht wird, die feyerliche Ansuchung um eine Sache. Im Bergbaue nimmt der Bergmeister die Muthung an; er bestätiget die Muthung, wenn er dem Muther wirklich die Lehen ertheilet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 337-338.
Lizenz:
Faksimiles:
337 | 338
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika