Schatz, der

[1373] Der Schatz, des -es, plur. die Schätze, ein Wort, welches das Intensivum eines veralteten Schad oder Schat ist, und so wie dieses sehr vieler Bedeutungen fähig ist, (S. Schatt,) von welchen noch folgende vorkommen.

1) * Mit dem Begriffe des hohlen oder tiefen Raumes, ist Schatz in einigen Oberdeutschen Gegenden ein Maß trockner Dinge, welches vielleicht mit dem Fränkischen Gescheid, der achte Theil einer Metze, überein kommt. Im Angels. ist Scath ein Behältniß, im Nieders. Schatt gleichfalls ein gewisses Maß, S. dasselbe. Unser Scheide, und ohne Zischlaut 3 Katze, (S. dasselbe,) Kasten, und andere mehr gehören gleichfalls dahin.

2) * Mit dem Begriffe des Habens, Besitzens, Haltens, war Schatz ehedem so viel wie Habe, sie mochte nun beweglich oder unbeweglich seyn. Varanter Scaz bedeutet in der Monseeischen Glosse fahrende Habe, bewegliches Gut und Scaza, Substantia, Vermögen. Das Schwed. Skatt bedeutet noch jetzt Habe. Im Hochdeutschen ist es in dieser Bedeutung veraltet.[1373]

3) Eine Menge mehrerer Dinge Einer Art, ein Vorrath; eine jetzt veraltete Bedeutung, welche nur noch zuweilen im gemeinen Leben üblich ist. Aus seinem Schatze neues und altes hervor langen, aus seinem Vorrathe, Matth. 13, 52. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist es in dieser Bedeutung gangbarer, denn da ist ein Kunstschatz eine Sammlung von Kunstsachen, ein Gemähldeschatz eine Bilder-Gallerie, ein Kornschatz ein Vorrath von Getreide, ein Weinschatz ein Vorrath von Wein. Der herrschende Begriff ist hier der Begriff der Verbindung, der Versammlung, daher ohne Zischlaut auch gatten und 2 Katze damit verwandt sind. Daß Magazin seiner letzten Hälfte nach hiervon abstammet, ist schon bey diesem Worte bemerket worden.

4) Mit dem Begriffe des Behüthens, Bewahrens, der sorgfältigen Aufsicht, ist Schatz ein jedes Ding, welches man mit vorzüglicher Sorgfalt bewahret. Dein Geboth ist ewiglich mein Schatz, Ps. 119, 98. Schaffet, daß euer Schatz nicht verlästert werde, Röm. 14, 16. In engerer Bedeutung ist Schatz ein schmeichelhaftes Anredewort geliebter Personen, wo auch das Diminutivum Schätzchen üblich ist, da es denn auch wohl als ein allgemeines Nennwort einer geliebten Person gebraucht wird. Einen Schatz haben, eine Liebste oder einen Liebsten. Indessen ist es wegen des häufigen Gebrauches in der anständigen Sprechart in dieser Bedeutung veraltet, und dem großen Haufen überlassen geblieben. Es lautet in dieser Bedeutung schon bey den alten Alemannischen Schriftstellern Scaz, im Nieders. Schatt, und ohne Zischlaut im Hebr. חצך, im Pers. גן, im Griech. γαζα, wovon im Hebr. גזבר, ein Schatzmeister, ist. Das Stammwort ist ein veraltetes schaten, bewahren, wovon noch unser Schutz abstammet, so wie das schon gedachte Morgenländische Gaza, ein Schatz, zu dem Schwed. gata, bewahren, gehöret. Bey dem Ulphilas heißt der Schatz gleichfalls ohne Zischlaut Huzd, welches augenscheinlich von unserm hüthen abstammet. Im Nieders. ist verhutzen noch als einen Schatz beylegen.

5) In engerer Bedeutung und in Verbindung mit der vorigen dritten Bedeutung der Menge, des Vorrathes, ist der Schatz ein Vorrathe kostbarer, oder für kostbar gehaltener Dinge, ein Vorrath von Dingen, welche man mit besonderer Sorgfalt zu erhalten und zu bewahren bemühet ist. Etwas in den Schatz legen, zu dem Vorrath kostbarer Dinge. Schätze sammeln. Ein vergrabener Schatz. Einen Schatz heben, einen vergrabenen Schatz in seinen Besitz bekommen. Einen Schatz finden. Besonders ein Vorrath von Geld, welches nicht zum täglichen Gebrauche, sondern zum Aufheben bestimmt ist. Etwas in den Schatz legen. Schätze sammeln, vieles Geld. Seinen Schatz angreifen. Der richtigste und beste Verstand ohne Anwendung auf das Herz, ist ein Schatz, der seinen Besitzer darben läßt, Gell. Figürlich bedeutet es collective einen Vorrath, einen Reichthum kostbarer, achtungswerther Dinge und Eigenschaften. Die Blume, die ihre Schätze der kommenden Sonne entfaltet.

6) * Geld, als ein Collectivum, ohne daß eben der Nebenbegriff der Menge und der Kostbarkeit dabey Statt fände; in welcher Bedeutung es doch veraltet ist. Bey dem Ottfried ist Scazz Geld, und das Schwed. Skatt hat diese Bedeutung noch. So war ehedem der Klagschatz die Gerichtssporkeln, der Miethschatz das Miethgeld, der Kaufschatz, das Kaufgeld, der Schlageschatz der Münz- oder Prägelohn u.s.f. Wir haben es nur noch in den Zusammensetzungen Brautschatz, Mitgabe, und Mahlschatz, in welchem letztern doch auch der Begriff einer Kostbarkeit mit eintritt. In beyden findet auch die Bedeutung einer Gabe Statt. Auch war es ehedem individualiter von einzelnen Münzsorten sehr üblich. Im Tatian sind dreyßig Scazze dreyßig Silberlinge. Eben daselbst wird aber auch ein Häller Scazz genannt. Bey dem[1374] Ulphilas ist Skatt nicht nur ein Groschen, Denarius, sondern auch ein Gewicht, Mina, und das Pers. Gaza bedeutet gleichfalls Denarium. Welches hier der eigentliche und herrschende Begriff ist, ist nicht so leicht zu bestimmen. Vielleicht ist es der Begriff des Werthes, indem das Schwed. Skatt noch den Werth, den Preis, bedeutet, S. Schätzen. Vielleicht ist es der vorige zweyte Begriff der Habe, vielleicht aber auch der Begriff eines Stückes, eines Theiles, weil die älteste Art des Geldes in einzelnen Stücken Metall bestand.

7) Eine öffentliche Abgabe, sie sey nun von welcher Art sie wolle, Steuer, Zoll u.s.f. Nieders. Schatt, Schott, Angels. Skeat, Skeot. In dieser Bedeutung ist es zwar im Hochdeutschen ungangbar, aber in den Provinzen, besonders Oberdeutschlandes, kommt es so wohl allein, als in vielen Zusammensetzungen, von einer jeden Abgabe an die Obrigkeit häufig vor. Es ist in dieser Bedeutung mit Schoß und schießen, so fern dasselbe geben, zusammen schießen, zusammen legen, bedeutet, Eines Geschlechtes, so daß es hier so viel als eine Gabe zu bedeuten scheinet. S. auch Schatzung.

Anm. Man wird leicht einräumen, daß diese verschiedenen Bedeutungen von verschiedenen Stämmen abgeleitet werden müssen, und nicht allemahl als Figuren von einander angesehen werden können; obgleich alle diese verschiedenen Stämme wieder von der ersten Bedeutung des Lautes und der damit verbundenen Handlung oder Bewegung abgeleitet werden müssen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1373-1375.
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