Die Raitzen

[37] Die Raitzen, Rätzen, oder wie man sie sonst richtiger nannte, Rascier (vom Flusse Rasca in Servien) sind ein Volk Slavischen Ursprungs. Sie heißen auch Servier, weil sie in Servien sehr zahlreich sind, auch Illyrier, weil das alte Illyrien einige ihrer jetzigen Wohnplätze in sich faßte. Unter dem Namen Rascier kamen sie nach dem 9. Jahrhundert als ein kleines Volk vor, das zwischen der Morava, Donau, Sau und Drin in Servien wohnte, und unter eignen Banns oder Oberhäuptern stand, welche sich im 13. Jahrhundert zu Königen machten, aber zu Ende des 14. unter Türkische Herrschaft geriethen. In der Folge haben sich die Raitzen, welche Griechischer Religion sind, immer[37] weiter ausgebreitet; und gegenwärtig findet man sie nicht bloß in Servien, sondern auch in Sclavonien, in Niederungarn, Siebenbürgen, in der Moldau und Wallachei. Die in Ungarn wohnenden Raitzen wurden von dem Kaiser Leopold dem ersten, der ihnen freie Ausübung ihrer Religion zusicherte, unter der Bedingung aufgenommen, daß sie wüste Plätze anbauen sollten. Einige dieser Raitzen verließen die Griechische Kirche und gingen zu der Römisch-katholischen über; diese werden Unirte genannt, zum Unterschied von den übrigen, welche den Namen Altgläubige führen, und in Glaubenssachen unter einem besondern Metropoliten zu Carlowitz stehen. Die Hauptbeschäftigung der Ungarischen Raitzen ist der Handel; sie treiben jedoch auch Künste und Handwerke, und dienen auch häufig als Soldaten unter Festungsgarnisonen und Freicorps. Oft nennt man diese Raitzen auch Griechen; ein Name, der ihnen nur in Ausehung ihrer Religion, nicht aber in Bezug auf ihren Ursprung zukommt.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 37-38.
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