Paul Rembrand van Ryn

[175] Paul Rembrand van Ryn, einer der größten Mahler der Niederländischen Schule, wurde 1606 in einem unweit Leyden gelegenen Dorfe geboren. Sein Vater, ein Müller, bestimmte ihn, wenn wir den Behauptungen einiger Schriftsteller folgen, für die Wissenschaften, und schickte ihn auch des Unterrichts wegen nach Leyden. Allein der junge Rembrand machte hier sehr unbedeutende Fortschritte; und wahrscheinlich wurde zuletzt der Vater durch diese bewogen, der Neigung des Sohnes zu entsprechen, und ihn ganz mit der Kunst, für welche er ein höheres Interesse zeigte, sich beschäftigen zu lassen. Levesque behauptet, daß man die Artisten, von welchen Rembrand unterrichtet wurde, nicht zu nennen wisse; Andere hingegen geben uns den Jacob van Zwaanenburg, den Peter Lastmann, auch den Johann Pinas und Georg Shooten als die Lehrer dieses Meisters an, der übrigens wohl den größten Theil seines Ruhms nur den glücklichen Anlagen seines Geistes verdankte. Anfänglich hielt sich Rembrand bei seinem Vater auf, wo er die plumpe Menschheit, von der er sich da [175] umgeben sahe, und die ihm sein feuriges, aber alles Großen und Edlen ermangelndes Genie zum Ideale der Kunst machte, mit Genauigkeit darzustellen suchte. In der Folge lebte er in Amsterdam, wo er sich übrigens als Mensch und als Künstler eben so wie in der Mühle seines Vaters benahm; denn auch hier ergötzte er sich durch den Trunk und den Umgang mit rohen, ungesitteten Menschen, auch hier wählte er nur die gemeine und niedrige Natur zum Gegenstand seiner Nachahmungen.

Will man diesen Artisten bewundern, so muß man ihn als Mahler, nicht aber als Zeichner betrachten. Seine Sontours sind höchst fehlerhaft, und können, um mit Descamps zu reden, nicht einmahl erträglich genannt werden. Die Köpfe machte er gut: aber die Hände, bei welchen es freilich am schwersten fällt, correct zu sein, wußte er gar nicht darzustellen; und darum suchte er auch immer diese Theile zu verbergen. Seine nackten Figuren, in welchen man alle Proportion vermißt, können wirklich als Beispiele des Schülerhaftesten, was sich in Hinsicht der Zeichnung nur denken läßt, angeführt werden. Aber alle diese Incorrectheiten vergißt der Betrachtende bei dem Anblick der Farbe und des Helldunkels dieses Künstlers, der als Mahler einen Platz unter den größten Meistern verdient. Er befolgte in der Mischung der Farben, die er so schön zu verschmelzen wußte, und in welchen er immer wahr und kühn erscheint, seine eigenen Regeln, setzte ferner den Schatten die kräftigsten Lichter engegen, und zeigte in Hinsicht dieses Gegensatzes, durch den er stets die glänzendsten Wirkungen hervorbrachte, die größten Einsichten. In seinen Gemählden, sagt der genannte Kunstrichter, glüht gleichsam alles; seine Pinselführung ist eine Art von Zauberei, von Magie. Dieser große Mahler, von dem man auch eine Menge radirter Blätter hat, die sich bald durch eine rauhere, bald durch eine feinere Manier auszeichnen, starb 1674 zu Amsterdam. Er hinterließ einen Sohn, der auch die Kunst betrieb, aber weiter nicht bekannt geworden ist.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 175-177.
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