Vanille

[291] Vanille (sprich Wanillje). Dieß bekannte und so beliebte Gewurz ist die Frucht einer Pflanze, welche zu den Schmarotzerpflanzen gehört, indem sie ihre Nahrung ganz oder zum Theil aus dem Bäumen zieht, an welchen sie sich hinanschlingt. Im Wuchse dem Weinstocke sehr ähnlich, klammern sich ihre Ranken eben so an; und ist kein Baum in der Nähe, so kriechen sie auf der Erde hin. Nach der Blüthe, welche meistens grünlichgelb, mit Weiß gemischt ist, bildet sich eine 6 bis 7 Zoll lange Samenkapsel, in Form einer Schote, welche, außer einer öhlichten gewürzhaften Substanz, eine Menge schwarzer Samenkörner enthält. Mit Ende des Septembers fängt man an, die Kapseln abzunehmen, trocknet sie vierzehn Tage lang im Schatten, und überzieht sie dann mit Cacao- oder Ricinusohl, worauf sie zu 50 und mehreren Stücken, in Rohrblätter gepackt und mit dünnen Zinn- oder Bleiplatten umgeben, in den Handel gebracht werden. Dieß Gewürz, das bekannter Maßen hauptsächlich zur Chocolade und andern Delicatessen, z. B. dem Gefrornen, genommen wird, und dessen flüchtige aromatische Bestandtheile, den menschlichen Körper durchdringend, einen starken Reitz hervorbringen, der bald nützlich, bald schädlich sein kann, hat seine Heimath in den wärmern Gegenden von Amerika, besonders in Neu-Spanien, auf St. Domingo, Jamaika etc. Die Europäer erhalten diese Waare über Cadir, sonst auch aus Amsterdam und Genua.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 291.
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