Mandragora

Mandragora
Mandragora

[42] Mandrāgora oder Alraun wird eine in den südl. Ländern von Europa einheimische, stengellose Pflanze mit großen Blättern und weißröthlichen oder bläulichen Blüten genannt welche gelbliche Beeren tragen.

Die ganze Pflanze ist betäubend giftig, mit der Belladonna (s.d.) verwandt und die lange, unterwärts oft ziemlich gleichmäßig gespaltene Wurzel ward vordem auch als Heilmittel gebraucht; namentlich lieferte sie aber die sogenannten Erdmännchen oder Alräunchen, mit denen lange Zeit der abgeschmackteste Aberglaube und die gröbste Betrügerei getrieben wurden. Die Ausgrabung des Alraun, welcher blos bei dem Zusammentreffen seltener Umstände unter dem Galgen wachsen sollte, [42] ward als lebensgefährlich geschildert, indem das Ächzen und Stöhnen der unvorsichtig ausgerissenen Wurzel tödte. Es sollte daher mit verstopften Ohren unter Beobachtung abergläubiger Förmlichkeiten die Wurzel blos locker gemacht und dann einem schwarzen Hunde an den Schwanz gebunden werden, den man hinter sich herlockte und so die Wurzel vollends aus dem Boden reißen lassen müsse, wobei er aber stets durch das Geschrei derselben umkomme. Ferner müsse die Wurzel mit rothem Wein abgewaschen, alle Freitage gebadet, in weiß und rothes Zeuch gehüllt, in einem Kästchen verwahrt und alle Neumonde mit einem weißen Hemdchen versehen werden, wenn sie ihre Dienste (s. Alrunen) thun sollte. Indessen wurden auch aus andern Wurzeln, namentlich aus denen der Zaunrübe, grobe menschenähnliche Figuren geschnitten, voll Hafer und Hirsekörner gesteckt und in warmen Sand gelegt. Die Körner trieben hier bald Keime, und waren diese lang genug, so holte man die Wurzeln wieder hervor, stutzte die Keime gleich Haaren zu und das Galgenmännlein, welches sich wie vorstehende Abbildung ausnahm, war nun fertig.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 42-43.
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