[152] Seekrankheit wird eine durch das Fahren auf der See bedingte Krankheit genannt, die mit wenigen Ausnahmen fast Alle, welche zum ersten Male oder selten zu Schiffe sind, Kinder so gut als Erwachsene, ja selbst, obschon in weit geringerm Grade, eingeschiffte Hausthiere befällt, bei hochgehender See, also vorzüglich bei stürmischem Wetter in allen ihren Erscheinungen heftiger ist, dann auch wol Solche, die schon oft zur See gewesen sind, heimsucht und hauptsächlich durch die fortwährende schaukelnde Bewegung des Schiffes und den eigenthümlichen üblen Geruch im Schiffsraume hervorgebracht wird. Sie beginnt zuerst mit Schwindel, worauf sich bald allgemeines Übelbefinden, Übelkeiten, Würgen und mit furchtbaren Anstrengungen verbundenes Erbrechen, zuweilen auch unwillkürlicher Abgang des Kothes und Urins und ein Zustand von völliger Unempfindlichkeit und Gleichgültigkeit gegen Alles, was vorgeht, einstellen. Dieses höchst peinliche, fast immer jedoch gefahrlose Leiden dauert bei langen Seereisen gewöhnlich nur 8–10 Tage, nach deren Verfluß es sich von selbst wieder verliert, und hört bei kürzern sofort mit dem Betreten des Landes auf. Vielfacher Erfahrung zufolge ist es trotz des fortwährenden Brechens immer besser, sich zum Essen und Trinken zu zwingen, als Nichts zu genießen; denn wenn auch das Genossene sogleich wie der ausgebrochen wird, mindern sich dadurch doch die mit dem Erbrechen verbundenen Anstrengungen. Ferner ist es rathsam, sich mit dem Eintritte der Krankheit niederzulegen und, so lange sie anhält, liegen zu bleiben, da schon das Aufrichten des Körpers aus der horizontalen Lage sogleich das Brechen hervorruft. So viele Mühe man sich auch gegeben hat, ein Schutz- oder Heilmittel gegen die Seekrankheit aufzufinden, so sind doch alle derartige Versuche bis jetzt an der Unmöglichkeit gescheitert, die Ursachen zu beseitigen, welche sie erzeugen und unterhalten. Zuweilen verschont sie Diejenigen, welche es über sich gewinnen können, fortwährend auf dem Verdecke zu bleiben. Das einzige und sicherste Heilmittel gewährt die Angewöhnung an das Seefahren, die je nach der Persönlichkeit eines Jeden früher oder später eintritt.