[75] Lokomotīve (lat., »vom Orte bewegend«), auch Dampfwagen, eine Maschine, die sich selbst fortzubewegen und dabei ihr angehängte Lasten zu ziehen imstande ist [hierzu Tafeln: Lokomotiven I u. II]; sie besteht aus einem Dampfkessel und einer Dampfmaschine, die beide mit einem auf Rädern gelagerten Gestell (Rahmen) fest verbunden sind. Die Kolbenstangen der an beiden Seiten des Rahmens liegenden Dampfzylinder sind durch Kreuzkopf, Pleuelstange und Kurbel mit der Achse der beiden Treibräder verbunden, wodurch diese bei jedem Kolbenspiele in Umdrehung versetzt und die L. vorwärts bewegt wird. Den L., die auf gewöhnlichen Straßen fahren sollen (Straßen-L.), gibt man sehr breite Räder und geringe Fahrgeschwindigkeit; die Eisenbahn-L., im allgemeinen kurzweg L. genannt, müssen zur Beförderung größerer Lasten mit großer Geschwindigkeit für die Räder eine sichere Führung durch eiserne oder stählerne Schienen (Gleise) erhalten. Die erste brauchbare L. wurde 1829 von George Stephenson bei Gelegenheit eines Konkurrenzfahrens in England vorgeführt; er hatte, um die zur schnellen Fahrt nötige Dampfmenge zu erzeugen, seine L. mit einem Heizröhrenkessel ausgerüstet und die Feuerung mit künstlichem Zug versehen, indem er durch das Blasrohr in den Schornstein einen Dampfstrahl treten ließ, der die Luft durch den Rost ansaugte (vgl. Strahlapparate); außerdem war die Maschine mit Umsteuerung zum Vorwärts- und Rückwärtsfahren versehen. Dieselben Einrichtungen zeigen auch noch die modernen L. Durch die in neuerer Zeit immer höhern Anforderungen an Zugkraft und Geschwindigkeit der L. sind diese immer größer und schwerer geworden; um gleichzeitig den Dampf möglichst auszunutzen, hat man sie mit Verbundmaschinen versehen, sog. Verbund- oder Compound-L., bei denen der Dampf in beiden Zylindern nacheinander expandiert und die in neuester Zeit sogar mit vier Zylindern ausgerüstet sind. Zur erhöhten Kraftleistung wendet man neuerdings Heißdampf (überhitzten Dampf) an. L. für Schnellzüge erhalten sehr große Treibräder; bei solchen für schwere Güterzüge werden mehrere Achsen der L. von der Treibachse aus durch Kuppelstangen angetrieben. Die für eine bestimmte Fahrzeit nötige Wasser- und Brennstoffmenge führt die L. in einem angehängten Tender mit sich. Bei der sog. feuerlosen L. ist die Feuerung dadurch entbehrlich, daß dem Kessel hochüberhitztes Wasser aus einem stationären Kessel eingefüllt wird. Bei den elektr. und Petroleum-L. tritt an Stelle der Dampfmaschine ein Elektromotor und Petroleummotor. [Elektr. L. zeigen Tafel: Eisenbahnwesen I, 3 und Tafel: Bergbau I, 7.] Auch Druckluft dient in einzelnen Fällen statt des Dampfes zum Antrieb.