[463] Macdonald, Flora. Oft gelang es Frauen, da rettend einzuschreiten, wo der männliche Muth Hoffnung und Vertrauen verloren hatte. Eine der entschlossensten ihres Geschlechtes war auch die Schottländerin Flora Macdonald, die Retterin des Prätendenten Karl Stuart, als dieser 1745 auszog, den Thron Großbritanniens wieder zu erobern, aber geschlagen, in die Acht erklärt, von allen Seiten verfolgt, keine schützende Zuflucht mehr fand. Sie sah den[463] Prinzen zuerst, als sie bei ihrem Bruder Angus Macdonald lebte. Auf einem Besuche bei der Familie Clanronald lernte sie den Obersten O' Neale, einen Irländer kennen, der als Offizier in franz. Diensten stand und Karl's steter Begleiter in seinem Unglück war. Gegen diesen sprach Flora den lebhaften Wunsch aus, den Prinzen zu retten. Der Oberst versetzte, dieß stehe schon jetzt in ihrer Gewalt, wenn sie den Prinzen nur als Frauenzimmer verkleidet zu sich nehmen und heimlich nach Skye bringen wolle. Dieß Unternehmen schien ihr jedoch zu gewagt und sie lehnte die Ausführung ab. Bald nachher brachte der Oberst den Prinzen zu ihr auf ein Schloß, das ihrem Bruder gehörte. Karl war damals sehr leidend und krank, aber seine Seele noch ungebeugt, er besaß Muth und Standhaftigkeit. Miß Macdonald fühlte inniges Mitleid, vergaß die Gefahr, und erklärte sich bereit, ihn sogleich nach Skye zu bringen. Von ihrem Verwandten, dem Capitain Macdonald, ließ sie sich einen Paß geben, in welchem der Prinz Betty Burke hieß und seiner Gattin als eine treffliche Flachsspinnerin und treue Dienstmagd empfohlen wurde. Miß Flora verschaffte sich nun ein offenes Bot mit 6 Leuten bemannt und ging eine engl. Meile längs dem Ufer hin, gegen Clanronaldshouse, wo sie laut Verabredung der Prinz in seiner Verkleidung traf. Als der Prinz, Lady Clanronald, Miß Macdonald und der Oberst O' Neale Abends an der Seeseite bei Tische saßen, kam ein Bote und meldete der Lady Clanronald, daß man ihr Haus durchsuche, um den Prinzen zu finden. Sie begab sich sogleich dahin, und da Miß Macdonald und der Prinz nicht unbemerkt fortkommen konnten, so verbargen sie sich zwischen den Felsen, bis die Fahrzeuge vor ihnen vorbeifuhren. Der folgende Tag war ruhig, Flora und der edle Flüchtling brachen nach Skye auf. Das Bot landete zu Mugstole, dem Familiensitze der Macdonald, man speiste zu Mittag bei Lady Margarethe Macdonald und nach Tische reisten Flora und der Prinz, der immer noch als Magd gekleidet ging, nach Kingsbourgh, wo sie des [464] Abends anlangten und die Nacht hindurch verblieben. Am folgenden Morgen legte Karl holländische Tracht an und Miß Flora geleitete ihn noch bis Porter. Hier war er außer Gefahr und gerettet! Die edle Miß kehrte nun nach Armadale in das Haus ihres Verwandten zurück. Capitain Macleod, welchem man das Entweichen des Verfolgten hinterbracht hatte, gab einem Trupp Soldaten den Befehl, die Miß zu verhaften. Man brachte sie an Bord eines Kriegsschiffes unter dem Befehle des Capitain Ferguson, wo sie 22 Tage blieb und kein Wort sprach, um die Richtung, nach welcher der Prinz geflohen war, nicht zu verrathen und ihn so vor Verfolgung zu schützen. Zuletzt wurde sie dem Admiral Smith ausgeliefert, der ihr Anverwandter war und als edler Kriegsmann sowohl ihre hochherzige Handlung, als ihre mitleidige Seele bewunderte. Sie ward nicht lange darnach in Freiheit gesetzt. Das Jahr ihres Todes ist unbekannt.
B.