Särge

[894] Särge machten die Deutschen in vorchristlicher Zeit einfach aus einem Baumstamm, indem sie ihn durchsägten, die eine Hälfte aushöhlten und die andere als Deckel benutzten. Das waren die eigentlichen Baumsärge oder Totenbäume, welch letzterer Ausdruck sich bis in unsere Zeit erhalten hat. Die Särge waren zwar noch selten; etwas häufiger wurden sie mit der Einführung des Christentums, und zwar waren es im 9. und 10. Jahrhundert Behälter von Holz oder Stein, im ersteren Falle Kästen oder Tonnen. Die Truhen erhielten auf dem Deckel etwa eine sägeblattartige Stabverzierung, die – wie man vermutet – eine Schlange darstellen soll. Die Einführung des Christentums setzte an deren Stelle das Kreuz.

Die Steinsärge oder Sarkophage waren schon im Altertum bekannt. Der letztere Name bezeichnete anfangs den Sargstein, einen kleinasiatischen Kalkstein, der die Verwesung der Toten befördert haben soll und den die Griechen und Byzantiner darum mit Vorliebe zum Auslegen der Särge benutzten. Später verstand man darunter einfach einen steinernen Prunksarg. Das Material war Sandstein, Marmor, Porphyr, Granit, Basalt und dergleichen. Auch in deutschen[894] Gegenden waren diese Särge bekannt. So berichtet das Nibelungenlied über Siegfrieds Beerdigung:


»Smide hiez man gâhen, bewürken einen sark,

von edelm mermelsteine vil michet unde stark,

man hiez in vaste binden mit gespenge guot.«


Auch diese Siteinsärge waren kistenförmig, und sie zuerst hatten einen giebelförmigen Deckel. Die Seitenflächen wurden bald architektonisch gegliedert und der Deckel mit der in Stein gehauenen Porträtfigur des Verstorbenen geziert. Daneben sind namentlich einige auf uns gekommene altchristliche Särge (Rom, Ravenna, Mailand, Spalato), mit biblischen Darstellungen geschmückt, sehr sehenswert.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 894-895.
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