[809] S. Dositheus, (23. Febr.), ein Mönch in Palästina, verlebte die ersten Jahre seines Lebens im Genusse der sinnlichen Freuden und in gänzlicher Unwissenheit der Wahrheit des Christenthums. Da er viel von Jerusalem reden hörte, faßte er aus Neugierde den Entschluß, dahin zu reisen, wurde aber daselbst durch ein Gemälde, welches die Strafen der Hölle vorstellte, zur Aenderung seines Lebens gebracht. Da er über die Bedeutung des Bildes fragte, gab ihm eine unbekannte Person Aufschluß darüber, und er wurde von den unerhörten und grauenvollen Dingen, welche man ihm sagte, derart erschüttert, daß er sogleich voll des Schreckens die Welt verließ, um in der Einsamkeit zu leben. Der hl. Abt Seridus oder Seridon, an den er sich gewendet hatte, legte ihm das Ordenskleid an und vertraute ihn dem hl. Dorotheus an, der in den Wegen des Heils wohl erfahren war (s. S. Dorotheus8). Wohl wissend, wie schwer es sei, auf einmal von einem Gränzpuncte auf den andern überzugehen, erlaubte der hl. Dorotheus seinem Zöglinge anfangs Alles zu essen, was er wollte; allein allmählig schränkte er seine Freiheitein und brachte ihn nach und nach dahin, daß er des Tages nur mehr acht Unzen Brod aß. Ebenso gewöhnte er ihn nach und nach an die andern Pflichten des klösterlichen Gehorsams, und besonders lehrte er ihn, sich selbst absterben. Nachdem der hl. Dositheus fünf Jahre in dem Kloster zugebracht hatte, wurde ihm die Krankenpflege übertragen, die er mit solcher Liebe, Sanftmuth, Treue und Sorgfalt versah, daß er sich dadurch die allgemeine Achtung und Liebe erwarb. Schon durch seine Gegenwart glaubten sich die Kranken in ihren Schmerzen erleichtert. Bald aber ward seine Gesundheit geschwächt und allmählig minderten sich seine Kräfte; allein dadurch litt seine erste Herzensstimmung nicht im mindesten, und konnte er auch keinem Geschäfte mehr obliegen, so ließ er doch nicht vom Gebet, so lange er lebte. Dositheus beschwur einst einen ehrwürdigen Greis, Gott zu bitten, daß er ihn aus dieser Welt nehmen möchte; worauf ihm dieser antwortete: »Gedulde dich ein wenig; die Barmherzigkeit Gottes ist nahe.« Und einen Augenblick darauf sprach er zu ihm: »Gehe hin im Frieden, und wenn du der Anschauung Gottes genießest, dann bete für uns.« Derselbe erklärte auch nach dem Tode des Dositheus, daß er an Tugenden alle Brüder übertroffen habe, obwohl er nicht so außerordentliche Bußwerke ausgeübt hatte. Er lebte im 6. Jahrhundert. Man legt ihm den Titel »heilig« bei; allein sein Name findet sich weder in den griechischen noch lateinischen Kalendern.