[446] S. Goar, Presb. Conf. (6. Juli, al. 25. Mai). Vom Altd. anstatt Godard = sehr gut (von god = gut, und art = stark etc.) – Der hl. Goar, frz. St-Goard, dieser berühmte Bekenner Jesu Christi, stammte nach den beglaubigtesten Quellen von einer vornehmen Familie in Aquitanien und wurde um das J. 495 zur Zeit des Frankenkönigs Chlodwig, dem im J. 511 sein Sohn Childebert I. folgte, geboren. Goar's Vater hieß Georg, seine Mutter Valeria. Nach erhaltener Priester. weihe arbeitete derselbe rastlos am Heile der Seelen; doch blieb er nicht in der Heimat, sondern wanderte, um ungekannt dem Herrn zu dienen und seinem Reiche Anhänger zu gewinnen, um das J. 519 nach Deutschland an den Rhein. Hier erbaute sich der 24jährige Jüngling in der reizenden Gegend zwischen Oberwesel und Boppard eine Zelle, aus welcher später die gleichnamige Stadt St. Goar, ein bleibendes Denkmal seiner segensvollen und tief eingreifenden Wirksamkeit, entstanden ist. Bischof Fibicius (Andere nennen ihn Felixius oder Felix) von Trier, in dessen Sprengel der Ort lag, ertheilte hiezu die Bewilligung. Täglich feierte der fromme Priester in der gleichfalls von ihm erbauten Kapelle das unblutige Opfer mit jener Andacht, welche die furchtbare Würde desselben erfordert; dabei lehrte und predigte er, wurde aber auch viel geprüft. »Weil dann,« heißt es von ihm in der alten Lebensbeschreibung, »die Liebe und Begierde des himmlischen Vaterlandes in ihm gewachsen und die Früchte guter Werke überflüssig (überfließend) gewest, so ist sein Leben auch andern Leuten ein Exempel zur Seligkeit worden, so daß viele nicht allein von seiner Predigt, sondern auch durch sein Exempel bewegt, ihr Thun und Lassen vom bösern zum bessern Leben gerichtet, und die dem Teufel vorher zu Hof geritten, nachher angefangen, dem Herrn Christo zu dienen.« Außerdem betete er alle Tage den Psalter, übte fleißig die Nahrung und Pflege der Armen und die Beherbergung der Fremden, um in denselben Christo zu dienen, während er sein eigen Fleisch durch Fasten und Bußwerke in der Dienstbarkeit des Geistes erhielt. Dabei erfuhr er oft genug den Undank der Menschen. Einst waren Gäste, die er mit dem Besten, was er hatte, bewirthete, frech genug, ihm vorzuhalten, daß sie nicht geglaubt hätten, hier in der Einsamkeit, bei diesem angeblich so strengen Mann, eine so [446] seine Mahlzeit zu treffen. »Ihr würdet nicht so sagen,« sprach darauf der Mann Gottes, wenn ihr mit Liebe verzehrt hättet, was euch die Liebe bot. Beim eigenen Bischof ward er verleumdet und von ihm gefangen genommen; ja Rusticus – des Felicius Nachfolger – würde ihn auf falsche Anklagen verurtheilt haben, wenn nicht Gott durch ein Wunder die Ehre seines Dieners gerettet hätte. Diese Anklagen lauteten unter Anderm: Goar sei ein Schwarzkünstler, pflege seine Kleider an den Sonnenstrahlen aufzuhängen, fange das Wild im Walde auf, um es zu melken, stehe mit dem Teufel im Bunde u. s. w. Die Untersuhung endete mit einer so großen Beschämung für den Bischof Rusticus, daß er zur Abdankung genöthigt war. Nun verlangten Voll und Klerus den hl. Goar als Bischof. Er aber floh die angebotene Würde und kehrte in seine klösterliche Einsamkeit am Rheine zurück, wo er noch 10 Jahre und 3 Monate in Frömmigkeit zubrachte. Die älteste Geschichte nennt ihn »einen ruhmwürdigen Mann von stattlichem Aussehen, gutmüthig, enthaltsam, stark im Glauben, vollkommen im Wandel, ausgezeichnet in aller Tugend, begnadigt mit den Gaben der Wunder und der Weissagung«. Als er um das J. 575 im Beiseyn der Priester Agrippinus und Eusebius starb, war der Zudrang zu seiner Leiche außerordentlich; sie wurde in der von ihm selbst erbauten Kirche bestattet. Von da blieb der hl. Goar, wie bisher Apostel, Schutzheiliger der Gegend und wurde vom gläubigen Volke in allen Nöthen und Gefahren vertrauensvoll angerufen. Im 16. Jahrhundert verlor die Stadt, die um das Grab des treuen Bekenners Christi allmälig entstanden war, den katholischen Glauben, und mit ihm erlosch die dem Gründer schuldige Dankbarkeit und Verehrung. Allein der Name bewahrte das Andenken an den Heiligen sorgfältiger als die undankbaren, angeblich für die Ehre Christi eifernden Bewohner. Die Fürbitte des hl. Goar bewirkte in der That die Rückkehr eines Theils der Einwohner zur alten Kirche. Wenn aber auch die Kirche des hl. Goar nun protestantisch ist, so verkünden doch ihre Glocken den altkatholischen Glauben, indem sie das schöne Gebet: »Heiliger Goar, Bekenner des Herrn, erhabener Priester, stehe als gnädiger Beschützer uns Sündern zur Seite« in die blaue Ferne hinausläuten. Ein Arm von ihm befindet sich zu Coblenz in der St. Castorkirche. Andere Reliquien, wenn nicht alle, sollen in Darmstadt seyn, wohin sie im Jahr 1626 gebracht wurden; einige ruhen noch in St. Goar. Irrig ist, daß die Spanier sie geraubt und in ihre Heimat mit abgeführt hätten. Sein Attribut sind drei Hirschkühe, die er gemolken haben soll; ferner ein Teufel, den er auf den Schultern trägt, und endlich ein Topf, das Symbol seiner Gastfreundschaft; auch ist der Heilige Patron der Töpfer. Manchmal hängt er (Hack, S. 345) seinen Hut an einem Sonnenstrahl auf. Die Erklärung dieser Sinnbilder enthält sein Leben. Seine Translation ist in einigen Martyrologien auf den 25. Mai verzeichnet. Das Mart. Rom. enthält seinen Namen am 6. Juli. (II. 327–346.)