[65] 27Isabella von der Heimsuchung, (16. Okt.), Ursulinerin zu Avignon, wo sie auch geboren war, und wo eine Schwester von ihr Namens Maria »von der Barmherzigkeit« ebenfalls als Nonne sich befand, aber im 9. Monate nach ihrer Profeß eines frommen Todes starb. Unsere Isabella hatte in diesem Orden von früher Jugend an ihren Unterricht erhalten, trat auch selbst im Alter von 15 Jahren in denselben. Da die Eltern, welche adeligen Geschlechtes waren, nicht wollten, daß die Tochter in einen andern als wirklichen Orden eintrete, so verzog sich nach ihrem Noviziate die Gelübdeablegung noch ein Jahr, weil dann die Bestätigung des Ordens als solchen unter der Regel des hl. Augustinus von Rom angelangt war. Ihr schienen die Gaben einer künftigen Oberin von der Vorsehung eingegeben. Sie war tiefen Gemüthes, liebevollen und eindringlichen Geistes, freundlichen Benehmens, verständig im Erklären des Schweren und Zweifelhaften und begriff leicht die verwirrtesten Geschäfte. Sie war 12 Jahre Oberin, 14 Jahre Präfectin, 6 Jahre Novizenmeisterin. Stets suchte sie alle Uneinigkeit aus dem Kloster zu verbannen. Als Oberin wußte sie Strenge mit Nachsicht nach Bedarf zu verschwistern. Nachdem sie ihr Amt als Oberin niedergelegt, war sie so gehorsam, wie die letzte Novizin. In Haltung der Ordenssatzungen war sie genau und pünktlich. Das Beten des Magnificats war ihr eine stete Aufforderung zur Demuth nach dem Vorbilde Derjenigen, welche es einst zum ersten Mal gesprochen. Unnützes Geschwätz war ihr zuwider, Schweigen ihr eine immer angenehme Tugend. Ihre Tugenden krönte die Geduld, mit der sie ihre letzte Krankheit [65] ertrug. Am Tage der hl. Theresia empfing sie die letzte Oelung, die ganze Nacht vor ihrem Tode war sie stets mit Gedanken, welche auf Vereinigung mit Gott zielten, beschäftigt, blieb bis zum letzten Augenblicke klaren Verstandes und gab ihre Seele in die Hände ihres Schöpfers unter den Worten zurück: »In deine Hände, o Herr, empfehle ich meinen Geist.« Sie war 67 Jahre alt. (Tagb. S. 563.)