[376] 647Johannes Charlierus, (12. Juli), eigentlich Jean Charlier de Gerson, wurde im J. 1363 geboren zu Gerson bei Rheims, woher er seinen Beinamen hat. Er war nach W.W. (IV. 470 ff.) mit Nikolaus von Clemange ein Schüler des berühmten Peter d'Ailly und später dessen Nachfolger als Lehrer und Kanzler der Universität Paris, ein Mann von ungewöhnlicher Gelehrsamkeit und Frömmigkeit, weßhalb er auch den Titel »Doctor christianissimus« erhielt. Er zählt zu den ersten Persönlichkeiten des Constanzer Concils, auf welchem er mit der ganzen Entschiedenheit seines energischen Charakters die Beseitigung des päpstlichen Schisma's durch Absetzung der Gegenpäpste und Wahl eines neuen Papstes, sowie die Nothwendigkeit eines allgemeinen Concils verfocht etc. Bei aller Wärme, mit welcher er für die Verbesserung der damaligen kirchlichen Verhältnisse in Wort und That wirkte, bewährte sich jedoch Gerson immer, und namentlich in allen seinen mystischen Schriften, als einen glaubenstreuen Katholiken, so daß er bis auf die neueste Zeit vielfach als Verfasser des weltbekannten, gewöhnlich von Thomas a Kempis sich benennenden Büchleins »von der Nachfolge Christi« galt, was übrigens Andere als Verwechslung mit Johannes Gersen [376] von Rohrbach (Canabacum), einem angeblichen Benedictiner-Abte von Vercelli, bezeichnen. Nach dem Concil von Constanz nahmen jedoch seine persönlichen Verhältnisse eine traurige Wendung. Der Herzog von Burgund verhängte über ihn eine lebenslängliche Landesverweisung, weil er den am Herzog von Orleans verübten Mord öffentlich gerügt hatte. Gerson zog sich daher von Constanz aus in Pilgerkleidung ins südbayerische Gebirge zurück, verweilte einige Zeit zu Rattenberg in Tyrol und dann 10 Jahre im Cölestinerkloster zu Lyon, wo sein Bruder Prior war, und wo er am 12. Juli 1429 im 66. Lebensjahre in größter Abgeschiedenheit und Armuth starb. Seine gesammelten Schriften wurden im J. 1706 von Dupin in 5 Folianten herausgegeben. Saussayus nennt ihn »ehrwürdig.« Die Bollandisten haben ihn am 12. Juli unter den »Uebergangenen.« (III. 246.)