Johannes de Ulma (898)

[407] 898Johannes de Ulma, (21. Nov.), ein frommer Capuciner zu Luzern, welchem nach Hub. Men. die heilige Jungfrau Maria den Todeskampf durch ihre Erscheinung erleichterte. Er starb im J. 1605. Burgener (II. 472) erzählt Einiges von den nicht gewöhnlichen Schicksalen dieses Johannes, der gewöhnlich »der Deutsche« genannt werde. Als einst einige muntere Knaben in der Stadt Ulm ihr Spiel trieben, kamen vornehme Herren aus Neapel vorbei, die darunter einen Knaben von außerordentlicher Schönheit bemerkten, der ungefähr 7 Jahre zählte. Diesen hoben sie auf das Pferd, ritten mit ihm eiligst davon und führten den Geraubten bis nach Neapel mit sich, wo er eine Erziehung im Style der Großen bekam. Nach zehn Jahren brachten ihn seine Räuber an den Hof zur Königin als Edelknaben. Die Königin wurde beim ersten Anblicke so von ihm bezaubert, daß sie sich entschloß, ihn an Kindes Statt anzunehmen und ihm einige Güter zu vermachen. Das Hofleben aber sagte dem neuen Höfling nicht zu; sein Herz, rein und unverdorben, fühlte sich leer. Auch die Neider, die es gab, konnten ihn nicht zufrieden machen. So kam es, daß er im demüthigen Mönchsgewande sich vor der Welt verbarg. Die Königin, welche seine Festigkeit sah, hatte ihm, als er die Einwilligung des Herrscherpaares nachsuchte, keine Schwierigkeiten mehr gemacht, sondern ihn zum Eintritte in das Kloster mit allem Bedarfe ausgestattet. Nachdem er am 15. Mai 1547 als Frater Johannes das Ordenskleid angelegt, sich in evangelischer Vollkommenheit geübt und mehrere Jahre die neapolitanische Provinz mit dem Glanze seiner Tugenden geschmückt hatte, wurde er im Jahre 1583 in die Schweizerprovinz versetzt. Er erlangte hohe Ordenswürden und ging als Custos Romanus einmal nach Rom zum Generalkapitel. Als er in vorgerücktem Alter im Kloster Stanz sich aufhielt, kam sein Vater, ein silberhaariger Greis, der ihn vor seinem Tode noch einmal sehen wollte, wo denn das freudigste Wiedersehen erfolgte. Bald wurde Johannes nach Luzern versetzt, wo am 26. Aug. 1605 seine Beerdigung stattfand. Im Todtenverzeichnisse steht er bemerkt als gestorben im Rute der Heiligkeit, als Jubilar und Aeltester (Senior) der Schweizerprovinz und daß er vor dem Eintritte in den Orden Lutheraner war. Er hatte 74 Lebensjahre erreicht, der Ordensjahre 59. †


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 407.
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