Lietbertus,, B.

[831] B. Lietbertus, (23. Juni), auch Liebertus, frz. St-Liébert und Libert, Bischof von Cambray und Arras (Camerac. et Atrebat.), stammte aus der vornehmen Familie von Brankel in Brabant und ward dem Bischofe Gerhard von Cambray, seinem mütterlichen Oheime, zur Erziehung übergeben. Er widmete und studirte die philosophischen und theologischen Disciplinen, namentlich diehl. Schrift mit dem glorreichsten Erfolge, indem [831] er zum Vorstande über sämmtliche Schulen gesetzt wurde. Dann wurde er zum Procurator des bischöflichen Hauses und zum Archidiakon befördert, in welcher Eigenschaft er seinen Onkel in der Leitung der Diöcese Cambray, mit welcher damals auch die von Arras vereinigt war, kräftig unterstützte. Nach dem am 14. März 1051 erfolgten Tode des greisen Bischofs Gerard wurde unser sel. Lietbertus158 von Klerus und Volk einstimmig zum Bischof verlangt und in das bischöfliche Palais geführt, welche Wahl Kaiser Heinrich III. am Osterfeste, den 31. März 1051, zu Köln, wo er damals sich aufhielt, bestätigte. Hierauf reiste er zu dem Erzbischofe Guido von Reims, der seine Erhebung auf den bischöflichen Stuhl ebenfalls approbirte. Der Bischof Rogerus von Chalons-sur-Marne ordinirte ihn zum Priester und bald darauf zu Reims der Erzbischof sammt den Bischöfen der Provinz zum Bischof. Nach vollbrachter Consecration begab er sich nach Cambray, wo er mit der höchsten Freude empfangen wurde. Als Bischof war er ein Vorbild aller Tugenden und wirkte in seinen Diöcesen mit apostolischem Eifer. Er vollendete das Kloster von St. Andreas, welches sein Onkel zu bauen angefangen hatte, und sorgte auch väterlich für andere Klöster. Aus Liebe zu seinem gekreuzigten Heiland wünschte er sehnlichst, das heil. Land und besonders die Stätte zu besuchen, wo der Herr für uns gelitten hat. Im J. 1054 unternahm er nun wirklich in zahlreicher Begleitung die Reise nach Jerusalem, die ihn durch Ungarn führte, wo er vom Könige Andreas I. gastfreundlich aufgenommen wurde. In der Bulgarei mmdeer von Straßmräubern umzingelt, durch die er aber, ohne die geringste Beleidigung zu erfahren, hindurchging. In Korinth besuchte er die Reliquien des hl. Demetrius159 Zu Laodicäa in Syrien hielt er sich 3 Monate auf, weil damals die Christen aus Jerusalem vertrieben waren. Kurz bevor er sich einschiffen wollte, wurde Fulcherus, einer seiner liebsten Begleiter, so krank, daß er dem Tode nahe war, was den heil. Bischof sehr ängstigte, da die Abreise drängte und er seinen Freund doch nicht verlassen wollte. Er empfahl ihn nun der seligsten Jungfrau und dem hl. Andreas, und auf deren Fürbitte wurde der Todtkranke im letzten Augenblicke so gesund, daß er sich mit ihm einschiffen konnte. Auf dem Schiffe aber wurden sie 3 Tage lang von einem heftigen Sturmwinde hin und hergeworfen und kamen nach Cypern, von wo aus sie, von den Schiffern hintergangen, statt nach Jerusalem, nach Laodicea eingeschifft wurden, weil die Schiffer vor den heidnischen Seeräubern sich fürchteten. In Laodicea verweilte der heil. Bischof wieder einige Zeit; da er aber sah, daß er seinen Plan doch nicht ausführen könne, kehrte er nach vielen Mühen und Gefahren wieder in sein Vaterland zurück, wo er dann, weil er das Grab des Herrn nicht selbst besuchen konnte, im J. 1064 zu Cambray ein Kloster sammt Kirche des heil. Grabes (Saint-Sépulcre) baute und einweihte, wo er oft seine Andacht verrichtete, und wo später der Mönch Radulphus lebte, der sein Leben beschrieb, das die Bollandisten pag. 586–605 geben. Nun widmete er sich wieder mit Leib und Seele seinem Hirtenamte, und sorgte auf alle Weise für seine Diöcese. Oft besuchte er zur Nachtszeit mit bloßen Füßen die Kirche und betete daselbst für die ihm anvertraute Heerde, so wie für die Verstorbenen, welche ihm einmal die Segnung, die er über sie aussprach, mit »Amen«respondirten. Zu Reims wohnte er im J. 1059 der Krönung des Frankenkönigs Philipp I. bei, und celebrirte dort am Gründonnerstag das feierliche Hochamt. Als er einst durch einen gewissen Hugo gefangen nach Oizy abgeführt wurde, befreiten ihn Herzog Arnulf von Flandern und dessen Mutter Richeldis, und führten ihn unter militärischem Schutze nach Cambray zurück. Er war ein großer Wohlthäter der Kathedralkirche und setzte in der Kirche deshl. Autbertus regulirte Kanoniker ein. Nach einem heil. Leben voll Abtödtung und Selbstverläugnung gab er unter Vorlesung der Passion Christi und gestärkt [832] durch die heil. Sacramente am 23. Juni, 1076 seinen Geist auf. Sein Leichnam wurde im Kloster des hl. Grabes beerdiget. Seine Gebeine wurden zweimal übertragen. Bei Zedler (V. 358) ist er als der 35. Bischof von Cambray angegeben. (IV. 582).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 831-833.
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