[195] 122Maria (2. Febr.) Am 2. Febr. 1738 starb in Andechs eine achtzigjährige Jungfrau, deren Herkunft Niemand kannte, die während ihres Wandels in diesem Thale der Thränen eine außerordentliche Bußstrenge bethätigte. In Betreff ihrer Herkunft machte sie dem damaligen Pfarrer P. Bernhard der später Abt des Benediktinerklosters Andechs wurde, die Mittheilung: sie sei die uneheliche Tochter eines sächsischen Barons. Das Volk kannte dieselbe nur unter dem Namen Kuttenmiedl, weil sie Maria hieß, und nicht die gewöhnliche Landestracht trug, sondern stets mit einem langen, sackähnlichen rauhen Gewande bekleidet war. Mehr als 40 Jahre führte sie ein Leben strenger Buße in Beziehung auf Nahrung, Kleidung, Wohnung und Lager. Ihr gewöhnlicher Aufenthalt war eine Felsenhöhle im sogenannten Kienthale bei Andechs; hier lebte sie nicht blos im Sommer, sondern brachte auch viele Winter in derselben zu. Sie hatte kein Bett, sondern schlief auf bloßer Erde; das lange sackähnliche Gewand war ihre einzige Kleidung. Nur auf die strenge Aufforderung des Pfarrers ließ sie sich in ihrer letzten Krankheit bewegen, ein Bett zu gebrauchen. Sie wollte durch diese Strenge gegen sich selbst dem gerechten Gott Genugthuung leisten für ihre eigenen Sünden und für die Sünden ihrer Eltern. Als sie hochbetagt ihrer Auflösung sich nahe fühlte, empfing sie mit aller Andacht die hl. Sacramente, und ging voll Zuversicht und heiliger Freude aus diesem Thal der Thränen – vulgo Kienthal, wie P. Bernhard im Todtenbuche bemerkt – ein zu den ewigen Hügeln himmlischer Wonne. Ihr Leib ruht auf dem Kirchhofe zu Erling. (Ephemer. Erling.89)