Maria de Agreda (271)

[213] 271Maria de Agreda (24. Mai). Diese wunderbar begnadigte Jungfrau und große Dienerin Gottes wurde geboren am 2. oder 11. April d.J. 1602 zu Agreda, einer Stadt der Provinz Soria in Altkastilien. Ihre Eltern, Franz v. Caronel und Catharina de Arana, waren von edler Abkunft und außerordentlich fromm und gottesfürchtig. Sie hatte noch zwei ältere Brüder und eine jüngere Schwester. Den Namen Maria erhielt sie bereits in der hl. Taufe; im Ordensstande setzte man noch den weitern Titel: »von Jesus« hinzu. Schon als Kind that sie sich durch besondere Frömmigkeit hervor; mit acht Jahren legte sie aus freiem Antriebe für sich allein das Gelübde der Jungfrauschaft ab. Ihrer Neigung, in ein Kloster zu gehen, kam die Stiftung eines Clarissinnenklosters von Seite ihrer Mutter, die mit ihrer jüngern Tochter selbst eintrat, entgegen. Am 13. Jan. 1619 war die feierliche Einkleidung. Maria von Agreda gerieth bald in wundersame Zustände. Sie wurde von Krankheiten befallen, die kein Arzt verstand, von den bösen Geistern verfolgt; ihre Mitschwestern, sogar ihre eigene Mutter, wurden an ihr irre und hielten sie für eine Närrin, und was noch das ärgste und bitterste für sie war, oft entzog ihr Gott, einzelne Offenbarungen und Erscheinungen ausgenommen, die von einer Zeit zur andern wiederkehrten, auch allen fühlbaren Trost. Man erzählt von ihr, daß sie, obwohl sie nie das Kloster verließ, zugleich den Indianern in Neumexico das Evangelium gepredigt habe. (Vgl. Görres, christl. Mystik, II. 586–589). Im J. 1627, am Feste des hl. Joseph, wurde sie, obwohl erst 25 Jahre alt, zur Abtissin gewählt, welches Amt sie bis zu ihrem Tode (mit Ausnahme der Jahre 1652–1655) mit großer Weisheit[213] verwaltete. Um das J. 1627 oder 1637 fühlte sie sich innerlich gedrängt, obwohl sie keine wissenschaftliche Bildung genossen hatte (illiterata), das Leben der seligsten Jungfrau Maria, nach ihren innern Anschauungen aufzuzeichnen, warf aber bald darauf das Manuscript ins Feuer. Im J. 1658 schrieb sie dieses Buch »Ciudad di Dios« betitelt, aus Gehorsam nochmal, so wie es jetzt noch existirt. Es unterscheidet sich von ähnlichen Büchern vorzüglich durch Häufung von Wunder- und Engelserscheinungen und hat daher wenige Gläubige gefunden. Ihr Kloster nahm unter ihrer Leitung an innerm und äußerm Wohlstande zu. Schon im ersten Jahre ihres Amtes als Oberin begann sie im Vertrauen auf Gott mit ganz geringen Mitteln den Bau eines neuen, größern Klosters sammt Kirche, welchen sie in sieben Jahren glücklich vollendete. Der Ruf der großen Heiligkeit der Dienerin Gottes verbreitete sich schon bei ihren Lebzeiten in alle Länder. Selbst von Fürsten wurde sie um Rath gefragt und um ihre Gebetshilfe angegangen. König Philipp IV. von Spanien (1621–1665) besuchte sie öfter. (Der Briefwechsel mit diesem Fürsten wurde vor einigen Jahren bei Manz in Regensburg durch den Druck veröffentlicht.) Am Vorabend des Himmelfahrtsfestes 1665 erkrankte die Dienerin Gottes bedenklich, und am hl. Pfingsttag, 24. Mai, zur Zeit der Terz, wo einst der hl. Geist sich über die Apostel ergossen, starb sie nach dem Empfange der hl. Communion selig, nachdem sie noch dreimal gerufen: »Komm« (heil. Geist) Papst Alexander VII. hatte ihr für die Stunde ihres Todes seinen Segen mit einem vollkommenen Ablaß gesendet. Bei ihrem Leichnam, der im Chore am Communiongitter ausgesetzt wurde, strömte eine unglaubliche Menge Volkes zusammen, da man sie allgemein als eine große Heilige verehrte. Da an ihrem Grabe viele Wunder geschahen, so wurde der Proceß behufs ihrer Canonisation eingeleitet. Indeß erhoben sich hiegegen, zunächst wegen ihrer Schriften, viele Schwierigkeiten. Ihr Buch Ciudad di Dios kam sogar auf den Index. Ich erinnere mich irgendwo gehört oder gelesen zu haben, daß bei einem Brande, welcher das Kloster verzehrte, wunderbarer Weise das Manuscript dieses von ihr eigenhändig geschriebenen Buches nicht verbrannt, sondern unversehrt mitten im Schutte wieder aufgefunden worden sei. Eine deutsche Uebersetzung desselben ist von Clarus erschienen. (J. M. R.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 213-214.
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